Unentschieden: Ein Ergebnis, mit dem man Donald Trump sticheln kann
In der Reihe „Die Pflichtverteidigung“ ergreifen wir das Wort für Personen, Tiere, Dinge oder Gewohnheiten, die von vielen kritisiert und abgelehnt werden. Dieser Artikel ist Teil von ZEIT am Wochenende, Ausgabe 01/2025.
Gelingt dieser Text, dann wissen Sie am Ende nicht so genau, was Sie von ihm halten sollen – und wollen es auch gar nicht wissen. Denn er spricht sich für das Unentschieden aus, nur zögerlich natürlich, nicht zu selbstsicher, möchte er sich doch nicht in Widersprüche verstricken.
Anlass für dieses hin- und hergerissene Nichtplädoyer ist ein Unentschieden, das derzeit die Schachwelt beschäftigt – ein Satz, der für gewöhnliche Menschen ungefähr so spannend klingen muss wie der Hinweis, dass eine neue Wandfarbe (wahrscheinlich Elbsandbeige oder Parkhausanthrazit) die Welt der Baumärkte beschäftigt. Doch Geduld! Erstens ist die Schachwelt bedeutend turbulenter, als man meinen könnte. Zweitens ist das Finale der Blitzschach-Weltmeisterschaft in New York zwischen Magnus Carlsen und Jan Nepomnjaschtschi unlängst mit einem aufsehenerregenden Unentschieden zu Ende gegangen. Nach sieben Partien und bei einem Punktestand von 3,5:3,5 einigten sich beide auf dieses noch nie da gewesene Ergebnis. Der Frust schwappte unmittelbar durch die sozialen Netzwerke: Schach-Fans wollten kein Unentschieden, sie wollten Blut sehen. Oder, na ja, zumindest einen Gewinner.