Top-Personalie: Gvasalia übernimmt im Kontext Gucci

Der Nachfoger für Sabato De Sarno ist gefunden. Jetzt soll Demna Gvasalia das Kering-Flaggschiff Gucci zu neuem Wachstum führen. Der Vetements-Gründer war zuletzt Kreativchef bei Balenciaga.

Er ist der Mann, der den Turnaround schaffen soll und einen der wohl anspruchsvollsten Kreativposten der Branche übernimmt: Demna Gvasalia ist der neue Kreativchef von Gucci. Gvasalia kommt von Balenciaga, einer weiteren Kering-Brand, wo er seit 2015 als Designchef verantwortlich zeichnet. Er hat das traditionelle Couture-Haus extrem modernisiert, für eine junge Zielgruppe geöffnet und begehrlich gemacht. Er sagt: „Ich freue mich sehr, zur Gucci-Familie zu gehören. Es ist eine Ehre, einen Beitrag zu einem Haus zu leisten, das ich zutiefst respektiere und schon lange bewundere. Ich freue mich darauf, gemeinsam mit Stefano und dem gesamten Team ein neues Kapitel der erstaunlichen Geschichte von Gucci zu schreiben.“
Schon mit der Gründung seines eigenen Labels Vetements gemeinsam mit seinem Bruder Guram im Jahr 2014 hat er einen Hype ausgelöst. Alltagtsteilen wie DHL-Shirts verlieh er Highfashion-Status und hat damit das Modebusiness gekonnt ironisiert. Er überrascht immer wieder mit revolutionären, überraschenden Ideen, die vor allem die Gen Z begeistern. Nicht zuletzt wurde er erst im Januar in Paris mit einer hohen Auszeichnung bedacht: dem Chevalier de l’ordre des Arts et des Lettres. Die Auszeichung „Ritter des Ordens der Künste und der Literatur“ würdigt Persönlichkeiten, die durch künstlerische oder literarische Arbeit den Einfluss der Künste und Literatur in Frankreich und dem Rest der Welt prägten. François-Henri Pinault, Chairman und CEO von Kering, kommentiert die Entscheidung für Gvasalia so: „Demnas Beitrag zur Branche, zu Balenciaga und zum Erfolg der Gruppe war enorm. Seine kreative Kraft ist genau das, was Gucci braucht. Ich danke ihm für alles, was er in den letzten 10 Jahren erreicht hat, und freue mich darauf, zu sehen, wie er die neue künstlerische Richtung von Gucci gestaltet.“

Die Erwartungen, Hoffnungen und der Druck, der auf ihm lastet, sind groß. So sagt Francesca Bellettini, stellvertretende CEO von Kering und verantwortlich für die Markenentwicklung: „Demnas tiefes Verständnis der zeitgenössischen Kultur, gepaart mit seiner umfassenden Erfahrung in der Konzeption visionärer Projekte, hat ihn als einen der einflussreichsten und versiertesten Kreativen seiner Generation etabliert. Seine Ernennung zum Artistic Director ist der perfekte Katalysator, um die kreative Energie von Gucci neu zu beleben. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit von Demna und Stefano, die Gucci in eine neue Ära des Erfolgs führen werden.“ Und Gucci-CEO Stefano Cantino ergänzt: „Ich habe Demnas kreativen Ansatz schon immer bewundert, der sowohl einzigartig als auch kraftvoll ist. Seine Fähigkeit, das ikonische Erbe einer Marke zu ehren und gleichzeitig eine moderne Sensibilität einzubringen, ist außergewöhnlich. Mit Guccis gestärktem Fundament als Sprungbrett wird Demna das Haus zu neuer modischer Autorität und dauerhafter kultureller Relevanz führen.“

So richtig auf dem Zettel hatte man ihn bei den ganzen Spekulationen um die De Sarno-Nachfolge nicht. Schließlich waren die Zahlen bei Balenciaga wie bei Gucci zuletzt zweistellig rückläufig. Und die Herausforderung bei Gucci ist allein schon aufgrund der Größe des Hauses ungleich größer ist als bei der kleinen Schwester.
Denn nach dem durch Alessandro Michele ausgelösten Buzz und Höhenflügen über die 10 Milliarden Euro-Hürde schwächelt die Luxusmarke seit Saisons. 2024 musste Gucci ein Minus von 23% hinnehmen – und das nach mehreren Saisons mit zweistelligen Rückgängen. Gvasalias Vorgänger Sabato de Sarno, von dem sich der Konzern schon vor den Schauen Anfang Februar getrennt hatte, war es in den knapp zwei Jahren seiner Amtszeit nicht gelungen, einen neuerlichen Hype zu entfachen und die Brand wieder auf Wachstumskurs zu steuern. Der ist allerdings dringend erforderlich. Denn Gucci ist mit weitem Abstand die Flaggschiffmarke und dringend benötigte Cashcow für den französischen Kering-Konzern.
Das ist bereits die zweite Top-Kreativ-Personalie in wenigen Stunden. Gerade erst hat Versace Dario Vitale, der zuletzt ebenfalls als heißer Kandidat auf den Gucci-Posten gehandelt wurde, zum neuen Kreativchef ernannt.