BIlder von der »DART“-Mission: »Innerhalb einer Stunde war die Wolke so groß wie die Erde«
In der Nacht zu Dienstag ist die Raumsonde »Dart« gezielt mit einem Asteroiden kollidiert. »Nach dem Einschlag wird die Übertragung aufgrund eines Signalverlustes schwarz«, schrieb die Nasa als Hinweis zu der Liveübertragung des Ereignisses. Teleskope auf der Erde können diesen Bilder-Blackout füllen: Ihre Aufnahmen zeigen einen spektakulären Trümmerregen, der sich nach der Kollision aus dem Asteroiden löst. Das berichtet die »New York Times«.
Der getroffene Asteroid Dimorphos, eine Art Mond des Asteroiden Didymos mit einem Durchmesser von rund 160 Metern, stellt Berechnungen der Nasa zufolge derzeit keine Gefahr für die Erde dar. Die Mission ist so angelegt , dass der Asteroid auch nach dem Aufprall der Sonde nicht auf eine potenziell gefährliche Bahn gerät. Von der rund 330 Millionen Dollar teuren Mission erhofft sich die Nasa Erkenntnisse darüber, wie die Erde vor herannahenden Asteroiden geschützt werden könnte.
Es war das erste Manöver im All überhaupt, mit dem die Abwehr eines die Erde bedrohenden Asteroiden getestet werden sollte. Ziel war es, die Umlaufbahn von Dimorphos um den Asteroiden Didymos leicht zu verändern und seine Umlaufzeit von bisher knapp zwölf Stunden um bis zu zehn Minuten zu verkürzen.
Dem ersten Video zufolge hat das Manöver eine große Wirkung entfaltet. Auf den grobkörnigen Schwarz-Weiß-Bildern ist zunächst der Asteroidenmond Dimorphos zu sehen und dann eine riesige Wolke aus Trümmerteilen und Staub vor Dimorphos. Dies deutet darauf hin, dass die Nasa-Sonde Dart den Himmelskörper wie gewünscht stark in Mitleidenschaft zog.
»Wir haben bei Dimorphos einen Schaden angerichtet«, sagte Patrick Michel von der Europäischen Weltraumagentur (Esa), die an der Auswertung des Experiments beteiligt ist. Das Volumen des »hinausgeschleuderten Materials« sei »ziemlich unglaublich«. Anhand der Staubwolke können nun Schätzungen zur Dichte der Oberfläche von Dimorphos angestellt werden.
Das Asteroiden-Warnsystem Atlas veröffentlichte ein Video des Manövers, das aus Bildern seines Teleskops in Südafrika zusammengesetzt wurde. Nach Angaben von Atlas-Wissenschaftler Larry Denneau nahm das Teleskop dafür alle 40 Sekunden ein Bild auf.
Denneau hob hervor, dass die »Dart«-Sonde bei ihrem Aufprall eine »sehr, sehr große« Staubwolke erzeugt habe. Sie habe einen Durchmesser von mehreren tausend Kilometern gehabt.
Auf der Videosequenz ist ein heller Punkt zu sehen, der sich bewegt – und plötzlich noch heller wird und sich ausbreitet. Diese Helligkeit komme daher, dass die Trümmer nach dem Aufprall das Sonnenlicht reflektierten, heißt es bei der »New York Times«. Seit der Kollision sei die Helligkeit zwar gesunken, doch sei der Punkt immer noch deutlich heller als zuvor. Eine Wolke aus sich langsamer bewegenden Trümmern, die in der Nähe von Didymos und Dimorphos verbleibt, werde wahrscheinlich in den kommenden Wochen auf die Oberflächen der beiden Asteroiden zurückfallen.
»Unser Teleskop in Südafrika haben wir einfach in die Richtung des Asteroiden gerichtet«, sagt John Tonry, Professor für Astronomie an der Universität von Hawaii. »Und wir begannen, alle 40 Sekunden Bilder aufzunehmen.« Dass so eine große Staubwolke entstehen würde – damit hätten sie nicht gerechnet, sagte Tonry der »New York Times«. Er ist einer der Hauptverantwortlichen für das Atlas-Teleskop. Die Trümmer überraschten Tonry dem Bericht zufolge: »Innerhalb einer Stunde war die Wolke so groß wie die Erde.«
Der größte Teil der Trümmer wurde von der Einschlagstelle weggeschleudert und bewegte sich von der Seite weg, auf der »Dart« aufschlug, heißt es weiter. »Das ist genau das, was man bei einer von der Oberfläche abprallenden Wolke erwarten würde«, sagte Tonry der »New York Times«.
Die italienische Weltraumbehörde veröffentlichte Bilder, die Liciacube aufgenommen hat – eine Raumsonde, die »Dart« folgte, um Vorher-Nachher-Bilder von Dimorphos aufzunehmen. »Hier sind die ersten Bilder von #LICIACube vom Einschlag der #DARTmission auf #Dimorphos«, twitterte die italienische Weltraumbehörde. »Nun beginnen Wochen und Monate harter Arbeit für die Wissenschaftler und Techniker, die an dieser ersten Mission zur Planetenverteidigung beteiligt sind«.
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Für Planetenforscherin Angela Stickle am Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory ist der Einschlag der Sonde auch lang erwartete Bestätigung einer Theorie. Lange hatten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gerätselt, wie der Asteroid beschaffen ist. »Dimorphos kann alles sein, von einem monolithischen Objekt bis hin zu einem fliegenden Geröllhaufen«, sagte der Planetenforscher Martin Jutzi von der Universität Bern dem SPIEGEL. Die große Staubwolke und die mit Geröll übersäte Oberfläche, die die Bilder von »Dart« zeigten, deuten Stickle zufolge auf einen Trümmerhaufen hin, der nur locker zusammengehalten wurde.
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Die Analyse des Experiments wird in den kommenden Wochen fortgesetzt. Für eine noch genauere Untersuchung will die Esa 2024 ihre Sonde Hera losschicken, die den Asteroiden zwei Jahre später erreichen soll. An der Mission ist das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) maßgeblich beteiligt.