Volker Wissing in China: „Zölle sind ein destruktiver Ansatz“

Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat zu Beginn seiner Chinareise die EU-Kommission kritisiert und zu einer Beilegung des Handelsstreit aufgefordert. „Zölle sind ein destruktiver Ansatz“, sagte der FDP-Politiker am Montag in Schanghai. „Ich appelliere an die EU-Kommission, nicht Zölle anzustreben, sondern gute und faire Wettbewerbsregeln.“ Er begrüßte, dass Peking Verhandlungsbereitschaft signalisiert habe. Man solle im Dialog nach Lösungen suchen und den Wettbewerb stärken, statt neue Hürden aufzubauen. Wettbewerb sei im Sinne der Verbraucher.

Bundeskanzler Olaf Scholz stieß am Montag ins gleiche Horn. Der SPD-Politiker sagte auf dem Tag der Industrie in Berlin, dass er „sehr darauf gedrungen“ habe, dass die Kommission Peking Zollgespräche anbiete. Er habe darüber „sehr sorgfältig“ mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) gesprochen. Von Peking benötige man nun „ernsthafte Bewegungen und Fortschritte“.

Wissing reist unmittelbar nach Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nach China. Anders als der grüne Vizekanzler ist der FDP-Politiker nur mit einem Dutzend Personen unterwegs, hauptsächlich Mitarbeitern aus dem Ministerium. Wissing schlug einen dezenteren Ton an als Habeck, der sich in Peking einen offenen Schlagabtausch geliefert hatte und anders als erhofft nicht auf Ministerpräsident Li Qiang traf.

China als entscheidender Markt

Auf die Frage, ob die Bundesregierung mit den Besuchen Schadensbegrenzung im Handelsstreit betreibe, sagte er, die Reise sei seit Langem geplant. „Die Reihenfolge unserer Reisen ist Zufall.“ Die Präsenz der Bundesregierung habe mit der Größe des chinesischen Marktes zu tun.

Die EU hatte Mitte Juni Ausgleichszölle auf Elektroautos aus China angekündigt. Je nach Hersteller betragen diese zwischen 17,4 und 38,1 Prozent und werden zusätzlich zu den bestehenden Zöllen von 10 Prozent erhoben. Schon bei der Ankündigung der von Anfang Juli an geltenden vorläufigen Strafzölle hatte die Kommission ihre Bereitschaft zu Verhandlungen signalisiert.

Am Wochenende vereinbarte EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis per Videogespräch mit dem chinesischen Handelsminister Wang Wentao konkrete Gespräche. Zeit für eine gütliche Einigung ist bis November. Erst dann würde die EU die vorläufigen in dauerhafte Zölle umwandeln, in der Regel für fünf Jahre. Erst damit würden auch die Zahlung der vorläufigen Zölle fällig.

Kontert China?

Zuvor müssen die Importeure nur Garantien für diese Zölle hinterlegen. Verzichtet die EU auf die Verhängung dauerhafter Zölle, bekommen die Importeure diese zurück. Was die EU konkret von China erwartet, hat sie bisher offengelassen. Als eine Option für eine Einigung gelten chinesische Ausfuhrbeschränkungen für Elektroautos.

Peking hat mit Anti-Dumping-Untersuchungen gegen europäisches Schweinefleisch und zuvor schon gegen EU-Branntwein geantwortet und mit weiteren Maßnahmen gedroht. Als Wissing am Montag gerade in Schanghai eintraf, gab es Signale des Entgegenkommens. China könne seine bestehenden Zölle von 15 Prozent auf Autos mit großen Verbrennungsmotoren senken, wenn die EU auf die Zölle verzichte, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf nicht genannte Quellen.

Handelsminister Wang Wentao habe Habeck am Samstag ein entsprechendes Angebot in Peking gemacht. Davon würden deutsche Premiumhersteller wie Mercedes-Benz, BMW und Porsche profitieren. Pekinger Parteimedien hatten zuvor eine Erhöhung dieser Zölle ins Gespräch gebracht.

Wissing gilt innerhalb seiner Partei als sehr viel chinafreundlicher als etwa Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger und Finanzminister Christian Lindner, den Peking im Vorjahr ausgeladen hatte. Wissing bedauerte die rückläufige Zahl deutscher Studierender in China. Seine Reise begründete er auch mit der Schnelligkeit des chinesischen Marktes im Vergleich zu Europa.

Er besucht am Dienstag eine Messe in Schanghai, bevor er für politische Gespräche nach Peking reist. Dort strebt der Minister, der auch für Digitales zuständig ist, eine Vereinbarung an, in der es um den Transfer von Daten geht, die etwa beim autonomen Fahren gesammelt werden. „Bleiben die Daten in China?“, fragte Wissing rhetorisch. Ziel ist zunächst ein vertiefter Austausch mit der Volksrepublik. Zum Abschluss geht es in die Technologiehochburg Shenzhen.