UN-Kunststoffkonferenz: Gelingt welcher Welt ein Abkommen gegen Plastikverschmutzung?

Der internationale Verhandlungsmarathon zur Bewältigung der globalen Krisen Klimawandel, Vernichtung biologischer Vielfalt und Umweltverschmutzung wird diese Woche im südkoreanischen Busan fortgesetzt. Auf der UN-Konferenz wird um ein gemeinsames Vorgehen gegen die weltweite Plastikverschmutzung gerungen. Doch die Vorzeichen stehen nicht gut, nachdem die Staatengemeinschaft auf der gerade zu Ende gegangenen Klimakonferenz in Baku und zuvor schon auf der Weltnaturkonferenz in Cali in zentralen Fragen keine Fortschritte erzielen konnte.

Zum Schutz gegen die weitere Erderwärmung und den Verlust der natür­lichen Lebensgrundlagen gibt es immerhin internationale Vereinbarungen, auch wenn sich jüngst wieder bestätigte, dass deswegen noch nicht die notwendigen Taten folgen. Für den Kampf gegen die globale Plastikverschmutzung indes fehlt bisher ein Abkommen mit ehrgeizigen Zielen, vergleichbar mit dem Pariser Klima­schutz­abkommen oder dem Montrealer Naturschutzabkommen.

Genau darum geht es nun in Busan. Dort findet – so der Plan – die finale Verhandlungsrunde für ein UN-Plastikabkommen statt. Läuft es so wie im Jahr 2022 auf der UN-Umweltversammlung in Nairobi vereinbart, präsentieren die Vertreter von rund 170 Staaten am 1. Dezember in Südkorea einen Text für ein verbindliches Abkommen, welches den gesamten Zyklus von Plastik erfasst – von der Erdölförderung für die Produktion von Kunststoffen, über die Nutzung von Plastikprodukten bis zu Recycling und Entsorgung. Auf welches Vorgehen sich die Staaten in den nächsten Tagen tatsächlich einigen können, ist allerdings unklar.

Jährlich landen acht Millionen Tonnen Plastikmüll im Meer

Große Meinungsunterschiede gibt es etwa dazu, die Neuproduktion von Plastik zu verringern und gefährliche Plastikchemikalien zu regulieren. Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Leipzig verweisen darauf, dass rund 16.000 Chemikalien in Plastik vorkommen. Von mehr als 4200 sei bekannt, dass von ihnen „ein Gefährdungspotenzial ausgeht“. Nach UN-Angaben werden in diesem Jahr fast 400 Millionen Tonnen Plastikmüll produziert. Jährlich landeten acht Millionen Tonnen Plastikmüll im Meer, beklagen Umweltschützer. Das entspreche einer Lkw-Ladung in der Minute.

Ein heikles Thema bei den Plastikverhandlungen sind – wieder einmal – Finanzierungsprobleme. Denn ähnlich wie beim Klimaschutz und beim Schutz der Biodiversität benötigen die Länder des globalen Südens im Kampf gegen Plastikverschmutzung ebenfalls Unterstützung. „Auch die Hersteller von Plastik tragen hier Verantwortung“, mahnte Bundes­umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) zu Konferenzbeginn.

„Oberstes Ziel“ der Bundesregierung für die Verhandlungen in Busan sei, „dass wir weltweit weniger Plastik produzieren, nutzen und wegwerfen“, teilte Lemkes Haus mit. Dafür brauche es konkrete Ziele und Zeitpläne, ebenso wie einen wirksamen Überprüfungs- und Revisionsmechanismus. Doch viele Länder, etwa der Erdölproduzent Saudi Arabien, sind ge­gen ein Bekenntnis, die Plastikproduktion weltweit zu senken, und erst recht gegen konkrete Zielvorgaben. Umweltschützer und Wissenschaftler kritisieren außerdem, Wirtschaftsverbände versuchten, das Plastikabkommen zu schwächen.

Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe entscheidend

Die Internationale Handelskammer (ICC), die mehr als 45 Millionen Unternehmen in mehr als 170 Ländern vertritt, versicherte hingegen, man stehe „weiterhin entschlossen und uneingeschränkt hinter den weltweiten Bemühungen, bis Ende 2024 ein ehrgeiziges, praktikables, wirksames und umfassendes Abkommen zu erzielen“. Der Fokus solle auf einer verbesserten Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe liegen.

„Aus europäischer Sicht ist es wichtig, dass das Abkommen den Übergang der europäischen Kunststoffindustrie zu Kreislaufwirtschaft und Wettbewerbs­fähigkeit unterstützt und nicht untergräbt“, mahnte Virginia Janssens, Geschäftsführerin des Verbandes der europäischen Kunststofferzeuger, Plastics Europe. Ein universeller Ansatz, der für alle Länder gleichermaßen angewendet werden solle, werde nicht funktionieren. „Zudem sollten die Verhandlungsführer Entscheidungen vermeiden, die zwar auf den ersten Blick gut klingen, aber letztlich unerwünschte sozioökonomische Fol­gen haben“, sagte Janssens.

Wissenschaftler geben jedoch zu bedenken, man könne sich nicht aus der Plastikkrise „herausrecyceln“. Dazu seien die Probleme der Plastikproduktion zu groß – auch mit Blick auf die Belastung des Klimas. Plastik verursacht nach Angaben des Umweltministeriums etwa vier Prozent der globalen Emissionen, fast so viel wie der Luft- und Seeverkehr. Bis zur Mitte des Jahrhunderts könne sich die Plastikproduktion nach Schätzungen verdoppeln oder sogar verdreifachen.

Trotz wachsender internationaler Nach­frage ging die Kunststoffproduktion in Deutschland jedoch 2023 im Vergleich zu 2021 um 17,6 Prozent zurück, teilte Plastics Europe vor Kurzem mit. Steigende Kosten für Energie und Produktion, häu­fige Änderungen der politischen Zielvor­gaben und steigende Bürokratielasten verhinderten häufig die für eine Kreislaufwirtschaft dringend erforderlichen Inves­titionen in die Modernisierung und den Ausbau von Anlagen in Deutschland.