Syrien: Guterres „zutiefst besorgt“ zusätzlich israelische Angriffe aufwärts Syrien



Mathias Peer
Mathias Peer

US-Justiz klagt früheren Leiter von syrischem Gefängnis wegen Foltervorwürfen an

In den USA ist der frühere Leiter eines berüchtigten syrischen Gefängnisses nach Angaben des US-Justizministeriums wegen Foltervorwürfen angeklagt worden. Der bereits wegen anderer Vorwürfe inhaftierte 72-Jährige werde beschuldigt, persönlich Gegner der gerade gestürzten Regierung des Machthabers Baschar al-Assad gefoltert zu haben, teilte das Justizministerium mit. Der 72-Jährige soll das umgangssprachlich als Adra-Gefängnis bekannte Zentralgefängnis von Damaskus von etwa 2005 bis 2008 geleitet haben.

Seit 2020 lebt er in den USA und war im Juli 2024 in Los Angeles wegen weiterer Vorwürfen gegen ihn festgenommen worden. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte sind mehr als 100.000 Menschen in syrischen Gefängnissen gestorben, häufig unter Einwirkung von Folter. 

Simon Sales Prado
Simon Sales Prado

Blinken beharrt gegenüber Erdoğan auf Schutz syrischer Zivilisten

Nach dem Sturz der Regierung in Syrien hat US-Außenminister Antony Blinken gegenüber dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan auf die Notwendigkeit des Schutzes von Zivilisten hingewiesen. Blinken habe bei einem Treffen mit Erdoğan in Ankara bekräftigt, „wie wichtig es ist, dass alle Akteure in Syrien die Menschenrechte respektieren, das humanitäre Völkerrecht achten und alle möglichen Schritte unternehmen, um die Zivilbevölkerung, einschließlich der Angehörigen von Minderheiten, zu schützen“, sagte US-Außenministeriumssprecher Matthew Miller.
Antony Blinken und Recep Tayyip Erdoğan
Antony Blinken und Recep Tayyip Erdoğan. Andrew Caballero Reynolds/dpa/AP
Die Türkei kämpft in Syrien gegen kurdisch angeführte Kräfte, die wiederum von den USA als wichtige Akteure im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) unterstützt werden. Die US-Unterstützung der kurdischen Kräfte hat zu diplomatischen Verstimmungen mit Erdoğan geführt, da die türkische Regierung diese als verlängerten Arm der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ansieht, die in der Türkei als Terrororganisation eingestuft und verboten ist.
Blinken sprach laut Miller von der „Notwendigkeit, sicherzustellen, dass die Koalition zur Bekämpfung des IS weiterhin ihre wichtige Aufgabe erfüllen kann„. Zuvor hatte Blinken betont, er wolle „es vermeiden, zusätzliche Konflikte in Syrien auszulösen“. „Dazu gehört auch, sicherzustellen, dass der IS nicht wieder auftaucht. Und entscheidend dafür, dass das nicht passiert, sind die sogenannten SDF, die Demokratischen Kräfte Syriens, die wir unterstützen“, sagte Blinken weiter in Bezug auf die kurdisch angeführten Kräfte.

Mathias Peer
Mathias Peer

Verbände fürchten Verschärfung des Fachkräftemangels durch Rückkehr syrischer Ärzte

Ärzte und Pflegeverbände warnen angesichts der Debatte über die Rückkehr von Syrern in ihre Heimat vor Versorgungslücken. „In ländlichen Regionen halten syrische Ärztinnen und Ärzte die Versorgung in Krankenhäusern aufrecht, ohne sie wird es eng“, sagte Michael Weber, Präsident des Verbandes leitender Krankenärztinnen und -ärzte, der Zeitung Bild. Es sei damit zu rechnen, „dass ein substanzieller Anteil der rund 5.000 syrischen Ärztinnen und Ärzte in Krankenhäusern in ihr Heimatland zurückkehrt“.
Mehr dazu lesen Sie hier:

Simon Sales Prado
Simon Sales Prado

Guterres „zutiefst besorgt“ angesichts israelischer Angriffe auf Syrien

Nach dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad hat sich UN-Generalsekretär António Guterres in Sorge angesichts der israelischen Angriffe auf Syrien gezeigt. Guterres sei „zutiefst besorgt angesichts der jüngsten und umfassenden Verletzungen der Souveränität und territorialen Integrität Syriens„, sagte Guterres‘ Sprecher Stéphane Dujarric.

Der UN-Generalsekretär denke insbesondere an die „Hunderten israelischen Luftangriffe auf verschiedene Orte in Syrien“, sagte Dujarric. Er betonte die dringende Notwendigkeit, die Gewalt an allen Fronten in ganz Syrien zu deeskalieren.

Anja Keinath
Anja Keinath

Türkei plant Wiedereröffnung ihrer Botschaft in Syrien

Die türkische Regierung will ihre seit mehr als zehn Jahren geschlossene Botschaft in Damaskus wiedereröffnen. Zum vorläufigen Geschäftsträger der türkischen Botschaft wurde Burhan Köroğlu ernannt, wie die Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf Quellen im Außenministerium berichtete. Köroğlu war zuletzt türkischer Botschafter in Mauretanien. Wann er seinen Posten in Syrien antreten soll, wurde nicht genannt.

Zuvor hatte der türkische Außenminister Hakan Fidan mitgeteilt, dass die Türkei ihre Botschaft in Damaskus wiedereröffnen werde, sobald die Bedingungen dafür gegeben seien. Im März 2012, ein Jahr nach Beginn des syrischen Bürgerkriegs, war die türkische Botschaft aufgrund der Sicherheitslage geschlossen worden.

Simon Sales Prado
Simon Sales Prado

Lage beruhigt sich laut UN in weiten Teilen von Syrien

Nach dem Sturz von Baschar al-Assad hat sich die Lage nach UN-Angaben in weiten Teilen Syriens stabilisiert. Während etwa in der Hauptstadt Damaskus bereits Aufräumarbeiten im Gang seien, viele Geschäfte und öffentliche Dienstleister wieder ihren Betrieb aufnähmen, sei die Lage im Nordosten allerdings noch unübersichtlich.
Verkaufsstände vor der Umayyaden-Moschee in Damaskus
Verkaufsstände vor der Umayyaden-Moschee in Damaskus. picture alliance/dpa/AP | Omar Sanadiki
In Gebieten im Norden bei Manbidsch und im Osten des Landes käme es zum Beispiel weiterhin zu Feindseligkeiten, berichtet das Nothilfebüro der Vereinten Nationen Ocha. Es gebe weiterhin Berichte von Opfern durch explosive Kriegsrückstände. In den vergangenen Tagen seien mehrere Menschen durch Landminen getötet worden. Darunter seien auch Kinder gewesen. 

Jona Spreter
Jona Spreter

Jordanien richtet Außenministertreffen aus

In Jordanien soll am Wochenende ein internationales Gipfeltreffen zur Lage in Syrien stattfinden. Zu dem Treffen würden die Außenminister zahlreicher westlicher und arabischer Staaten erwartet, teilte das Außenministerium in Amman mit.

Zu den Teilnehmern zählen demnach US-Außenminister Antony Blinken, die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas, der UN-Sondergesandte für Syrien, Geir Pedersen, der türkische Außenminister Hakan Fidan sowie die Chefdiplomaten aus Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, dem Irak, dem Libanon, Ägypten, Bahrain und Katar.

Anja Keinath
Anja Keinath

Experten kritisieren Angriffe auf Chemiewaffenlager in Syrien

Angesichts der israelischen Luftangriffe auf Syrien hat die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) vor Angriffen auf Chemiewaffenlager in Syrien gewarnt. Derartige Angriffe könnten „die Gefahr einer Kontamination bergen“, sagte OPCW-Generaldirektor Fernando Arias. Ein weiteres Risiko sei, dass „wertvolle Beweise für Untersuchungen verschiedener unabhängiger internationaler Gremien im Zusammenhang mit dem früheren Einsatz chemischer Waffen“ zerstört werden könnten.
Israelischer Luftangriff auf ein Gebiet in den Außenbezirken von Damaskus
Israelischer Luftangriff auf ein Gebiet in den Außenbezirken von Damaskus. picture alliance/dpa/AP | Leo Correa
Arias sagte, die OPCW verfolge die Berichte über Israels Angriffe auf militärische Einrichtungen „genau“. Derzeit sei nicht bekannt, ob die Angriffe tatsächlich Chemiewaffenlager getroffen haben. Es müsse auch bedacht werden, dass durch die Luftangriffe „gefährliche Chemikalien oder Ausrüstung ohne jegliche Kontrolle verloren gehen“ könnten.

Die islamistische Rebellenmiliz Hajat Tahrir al-Scham (HTS), die in Syrien die Kontrolle übernommen hatte, ist nach eigenen Angaben bereit, „mit der internationalen Gemeinschaft in allen Fragen der Überwachung von Waffen zusammenzuarbeiten“. Die verbleibenden Chemiewaffenbestände des Landes sollen demnach gesichert werden, sodass sie nicht gegen dessen Bürger eingesetzt werden. Arias gab an, dass er „positive Signale“ aus Syrien vernommen habe, die OPCW jedoch noch keinen offiziellen Kontakt mit den neuen Behörden habe.

David Rech
David Rech

Übergangsregierung kündigt Hilfe bei Suche nach Austin Tice an

Die syrische Übergangsregierung will die Suche nach dem vor zwölf Jahren entführten US-Journalisten Austin Tice unterstützen. Das teilte die Regierung in Damaskus mit. Sie werde „direkt mit der US-Regierung zusammenzuarbeiten“, um nach Tice und anderen US-Bürgern zu suchen, die während der Herrschaft von Machthaber Baschar al-Assad verschleppt wurden, hieß es vonseiten der Übergangsregierung weiter.
Die Mutter des entführten US-Journalisten Austin Tice mit einem Bild ihres Sohnes auf dem T-Shirt
Die Mutter des entführten US-Journalisten Austin Tice mit einem Bild ihres Sohnes auf dem T-Shirt. Andrew Harnik/Getty Images
Tice wurde 2012 bei Damaskus entführt. US-Präsident Joe Biden hatte 2022 mitgeteilt, die USA hätten „Gewissheit“, dass der Journalist „vom syrischen Regime festgehalten“ werde.

Die syrische Übergangsregierung verkündete außerdem, dass ein weiterer US-Bürger, Travis Timmerman, „freigelassen und in Sicherheit gebracht“ worden sei. „Wir arbeiten daran, ihn nach Hause zu bringen“, sagte US-Außenminister Antony Blinken bei einem Besuch in Jordanien. Einzelheiten zu dem Fall könne er nicht nennen. 

David Rech
David Rech

WFP fordert 250 Millionen Dollar für Syrien

Das Welternährungsprogramm (WFP) der Vereinten Nationen hat finanzielle Unterstützung in Höhe von 250 Millionen Dollar für Syrien gefordert. Damit will das WFP in den kommenden sechs Monate Ernährungshilfe in dem Land leisten können. Es gebe einen rasant ansteigenden Bedarf an Hilfe. Die geforderten Mittel seien nötig, um bis zu 2,8 Millionen vertriebene und gefährdete Menschen mit Nahrung zu versorgen, teilte das WFP mit.

Für Millionen Menschen in Syrien ist die Lage dem WFP zufolge nach mehr als 13 Jahren Bürgerkrieg prekär – die humanitäre Hilfe in dem Land sei wegen mangelnder Finanzmittel jedoch gleichzeitig deutlich zurückgegangen

Anja Keinath
Anja Keinath

Wie das Leben in Damaskus nach dem Sturz von Assad weitergeht

Nachdem die islamistischen Rebellen in Syrien die Kontrolle über das Land übernommen haben, versuchen die Menschen in Damaskus, in das Alltagsleben zurückzukehren. Meine Kollegin Lea Frehse sprach mit Menschen vor Ort, die von ihrer Freude über das Ende des Regimes von Machthaber Baschar al-Assad und ihren Sorgen vor der Zukunft des Landes berichten.

Den ganzen Text lesen Sie hier:

Anja Keinath
Anja Keinath

UN zählen 4.000 Verantwortliche für schwere Verbrechen unter Assad

Eine Ermittlungskommission der Vereinten Nationen hat Tausende Namen mutmaßlicher Verantwortlicher für schwere Verbrechen in Syrien identifiziert. Es sei „sehr wichtig“, dass die Haupttäter vor Gericht gestellt werden“, sagte Linnea Arvidsson, die die UN-Untersuchungskommission zu Syrien (COI) koordiniert, der Nachrichtenagentur AFP. Seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs im Jahr 2011 sammelte die Kommission demnach Beweise für begangene Verbrechen und erstellte Listen mutmaßlicher Täter. „Bisher haben wir etwa 4.000 Namen auf dieser Liste“, sagte Arvidsson.
Mitglieder der syrischen Zivilschutzgruppe und Angehörige suchen nach Gefangenen im Sednaya-Gefängnis.
Mitglieder der syrischen Zivilschutzgruppe und Angehörige suchen nach Gefangenen im Sednaya-Gefängnis. Ammar Awad/Reuters
Die Regierung in Damaskus habe den UN-Ermittlern nie erlaubt, nach Syrien einzureisen. Nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad hofft Arvidsson nun, dass die Kommission Zugang erhält. Bislang seien die Ermittlungen aus der Ferne anhand Tausender Interviews, Dokumente und Beweismittel vorgenommen worden. Mehr als 11.000 Aussagen von Opfern von Menschenrechtsverletzungen, Überlebenden von Inhaftierungen und von Zeugen haben die UN demnach gesammelt.

David Rech
David Rech

Israel will syrische Luftabwehrsysteme größtenteils zerstört haben

Israel hat bei Angriffen in den vergangenen Tagen nach eigenen Angaben 90 Prozent der Boden-Luft-Raketen in Syrien, von denen das Land Kenntnis hat, vernichtet. Syriens Luftabwehr habe zu den stärksten im Nahen Osten gehört, teilte die Armee mit und sprach von einem „bedeutenden Erfolg für die Überlegenheit der israelischen Luftwaffe in der Region“. 
Drohnenbild von Schäden am Hafen von Latakia nach einem offenbar israelischen Angriff
Drohnenbild von Schäden am Hafen von Latakia nach einem offenbar israelischen Angriff. Salaah Jeaar/Reuters
Boden-Luft-Raketen werden dazu genutzt, feindliche Raketen abzufangen. Israel habe zudem weitere strategische Waffen in Syrien, darunter Boden-Boden-Raketen, Drohnen und Kampfjets, schwer beschädigt, gab die Armee weiter an.

Ulrike Tschirner
Ulrike Tschirner

EU-Kommission warnt vor überstürzter Abschiebedebatte

Nach dem Umsturz in Syrien hat sich die EU-Kommission gegen eine vorschnelle Debatte über Abschiebungen von Geflüchteten ausgesprochen. EU-Innenkommissar Magnus Brunner plädierte wegen der unsicheren Lage in dem Land dafür, zunächst freiwillige Rückkehrer zu unterstützen. Österreichs Innenminister Gerhard Karner verteidigte bei dem Innenministertreffen zugleich die Vorbereitung einer eigenen Abschiebe-Liste. In Deutschland und Österreich wird seit dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad intensiv über den Umgang mit Geflüchteten aus dem Land diskutiert.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser sprach sich in Brüssel für ein abgestimmtes Vorgehen auf europäischer Ebene bei Rückführungsprogrammen und Abschiebeanfragen an Syrien aus. „Es wäre sehr zielführend, das gemeinsam zu organisieren“, sagte sie. Die SPD-Politikerin bekräftigte zugleich ihr Angebot an dringend benötigte Pflegekräfte oder Ärzte aus Syrien, in Deutschland zu bleiben. Diese Menschen seien „willkommen, solange sie die Gesetze achten und bei uns arbeiten“.

Jonas Koch
Jonas Koch

Neue Machthaber setzen Verfassung und Parlament vorerst außer Kraft

Für drei Monate haben die neuen syrischen Machthaber die Verfassung und das Parlament ausgesetzt. Es werde ein „Rechts- und Menschenrechtsausschuss“ gebildet, „um die Verfassung zu prüfen und dann Änderungen vorzunehmen“, sagte ein Sprecher der Nachrichtenagentur AFP. Er kündigte ein Treffen zwischen den neuen und den ehemaligen Ministern für die Machtübergabe an.

Es habe Priorität, „die Institutionen zu erhalten und sie zu schützen“, sagte der Sprecher. Die neuen Machthaber wollten nach mehr als einem halben Jahrhundert Herrschaft der Assad-Familie „einen Rechtsstaat“ errichten. Dazu gehöre auch „die religiöse und kulturelle Vielfalt in Syrien, die unverändert bleiben wird“. Auch die Verfolgung von allen, die „Verbrechen gegen das syrische Volk begangen haben“, haben die neuen Machthaber angekündigt.

Umit Bektas/Reuters