Russland: Gericht verurteilt Journalisten wegen Nawalny-Arbeit zu Haftstrafe

Ein russisches Gericht hat vier Journalistinnen und Journalisten wegen Zusammenarbeit mit dem Oppositionellen Alexej Nawalny zu jeweils fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. In einem Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit sprach ein Gericht in Moskau Antonina Faworskaja, Konstantin Gabow, Sergej Karelin und Artjom Kriger des Vorwurfs des Extremismus schuldig.

Die Anklage warf ihnen vor, Material für Nawalnys Antikorruptionsstiftung (FBK) recherchiert zu haben. Die Beschuldigten wiesen den Vorwurf zurück. FBK ist in Russland als extremistische Organisation eingestuft, was es den Strafverfolgern erlaubt, gegen jeden vorzugehen, der mit der Stiftung in Verbindung steht.

Verurteilte berichteten über Prozesse gegen Regimekritiker

Die vier Beschuldigten wurden 2024 verhaftet. Sie werfen der Justiz vor, sie wegen ihrer journalistischen Tätigkeit zu verfolgen. So hatte Kriger laut einem Bericht des exilrussischen Portals Meduza unter anderem über Gerichtsprozesse und Demonstrationen in Moskau berichtet, Karelin machte Straßenumfragen für einen Youtube-Kanal, der mit Nawalnys Organisation assoziiert wird. Gabow, der demnach unter anderem für die Nachrichtenagentur Reuters und die Deutsche Welle arbeitete, berichtete unter anderem über die Verfolgung der Menschenrechtsorganisation Memorial. Faworskaja berichtete über Prozesse gegen prominente Oppositionelle wie Ilja Jaschin und Wladimir Kara-Mursa. Anfang 2024 arbeitete sie an einer Videoreportage über die Stadt Charp, in der sich Nawalnys Gefängnis befunden hatte. Das letzte Video, das den Oppositionellen lebend zeigt, hatte dem Meduza-Bericht zufolge sie aufgenommen.  

Nawalny ist im Februar 2024 unter bis heute ungeklärten Umständen in einer russischen Strafkolonie im äußersten Norden des Landes gestorben. Seine Angehörigen und Mitarbeiter werfen dem russischen Regime und Präsident Wladimir Putin vor, seine Ermordung befohlen zu haben. Im Gefängnis war Nawalny immer wieder unter vorgeschobenen Gründen in eine Einzelzelle verlegt worden. Gesundheitliche Beschwerden des Politikers wurden nach Anschuldigungen seiner Vertrauten ignoriert und durch die Haftbedingungen verstärkt.

Der langjährige Regimekritiker, der als mit Abstand wichtigster russischer Oppositioneller galt, sollte nach Plänen seiner Mitstreiter sechs Monate später im Rahmen eines großen Gefangenenaustausches zwischen Russland und den USA sowie weiteren westlichen Ländern freikommen. Nawalnys Vertraute werfen Putin vor, dem mit einer Ermordung des Oppositionellen zuvorgekommen zu sein.

Auch Nawalnys Anwälte sind in Haft

Bereits mehrere Jahre zuvor war Nawalny vom russischen Inlandsgeheimdienst FSB mit dem international verbotenen Chemiekampfstoff Nowitschok vergiftet worden und dabei beinahe gestorben. Unmittelbar bei seiner Rückkehr nach Russland im Anschluss an eine Behandlung in Deutschland wurde Nawalny festgenommen und in mehreren Prozessen zu hohen Haftstrafen verurteilt.

Auch gegen Mitstreiter Nawalnys, von denen die meisten im Exil leben, geht das Regime vor. Anfang Januar wurden drei ehemalige Anwälte des Oppositionellen unter dem Vorwurf der Mitarbeit an einer extremistischen Organisation zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Kritiker werfen dem Regime vor, mit dem selbst nach russischen Maßstäben harten Vorgehen Anwälte davon abhalten zu wollen, Menschen zu vertreten, denen politische Delikte vorgeworfen werden. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation OWD Info gibt es in Russland derzeit fast 1.600 politische Gefangene, mehr als 3.000 Menschen würden zudem wegen politischer Delikte verfolgt.