Qualitätsmängel: Der neue ICE kommt mit Verspätung

Als ob die Deutsche Bahn nicht genügend Schwierigkeiten hätte, kommt jetzt wieder Ärger mit Zuglieferanten hinzu. Der ICE-Produzent Siemens bestätigte am Donnerstag auf Anfrage Produktionsschwierigkeiten mit dem Modell, das die Bahn als ICE 3 Neo fahren lässt. Demnach sind während einer Qualitätsprüfung von noch nicht ausgelieferten Zügen Abweichungen an Schweißnähten von Bauteilen eines Unterlieferanten aufgefallen. Die fehlerhaften Schweißnähte an Bodenplatten und Seitenteilen hätten zu einem Sicherheitsrisiko im Verkehr der Hochgeschwindigkeitszüge führen können, die teilweise mit 300 Kilometern in der Stunde durch Deutschland unterwegs sind.

Nun müssen diese Mängel behoben werden. Wie lange das dauert und wann die Bahn die bestellten ICE-Züge erhält, ist unklar. Spekulationen zufolge könnte das Malheur zu monatelangen Verzögerungen führen, weil fertige Züge möglicherweise in den Rohbau zurückversetzt werden müssen. Vorerst hat Siemens die Auslieferung neuer Züge gestoppt. „Siemens Mobility macht keine Kompromisse bei Qualität und Sicherheit seiner Züge“, sagte ein Konzernsprecher in München und fügte hinzu: „Alle bereits ausgelieferten Züge sind nicht betroffen und können sicher eingesetzt werden.“

Von einer insgesamt 90 ICE 3 Neo umfassenden Auftragsbestellung sind bis dato 21 Züge ausgeliefert worden, wie beide Unternehmen bestätigten. „Wir nehmen nur einwandfreie Züge ab“, betonte ein Bahnsprecher. Die Bahn verwies wie auch Siemens darauf, dass es mit den schon eingesetzten ICE-Zügen keinen Ärger gebe: „Sie sind im Betrieb problemlos unterwegs.“

Verkehr nicht beeinflusst

Bahnkunden können der DB zufolge darauf setzen, dass die Maßnahmen von Siemens Mobility und die damit verbundene verzögerte Zugauslieferung den Verkehr nicht beeinflussen. „(Sie) haben aktuell keinerlei Auswirkungen auf unseren Fahrplan“, hieß es. Vor wenigen Tagen hatte die Bahn anlässlich des Starts der Fußballeuropameisterschaft darauf hingewiesen, dass man jetzt mit 410 Zügen die größte und modernste ICE-Flotte einsetze, die es bislang gegeben habe.

Bis 2030 fließt den Angaben zufolge viel Geld in die Erneuerung des sogenannten rollenden Materials. Im Rahmen der Strategie namens Starke Schiene investiert der Staatskonzern in diesem Jahrzehnt rund 12 Milliarden Euro in die Modernisierung der Fernverkehrsflotte. Damit reduziert sich deren Durchschnittsalter auf zwölf Jahre; heute sind es 18 Jahre.

Für die Bahn sind Sorgen mit ihren Zuglieferanten nichts Neues. In der Vergangenheit gab es immer wieder Ärger mit Unternehmen wie Alstom , Bombardier und Siemens. Gelegentlich musste die DB selbst Züge aus dem laufenden Betrieb aus dem Verkehr ziehen, um beispielsweise Anrisse von Schweißnähten im Triebkopf zu beheben.

Schon Anfang der Nullerjahre hatte der damalige Technikvorstand beklagt, in der Öffentlichkeit werde ausschließlich die Bahn angeprangert, wenn sie nicht in der Lage sei, Fahrpläne einzuhalten. Die Probleme seien jedoch in erheblichem Maße auf Unzulänglichkeiten beim Material zurückzuführen. Damals sorgte der neue ICE 3 auf der Schnellfahrstrecke Köln-Frankfurt für unrühmliche Pannen-Schlagzeilen.