Presseschau: „Woidke behandelt Scholz wie Kryptonit“

Der Sieg der SPD und die guten Ergebnisse von AfD und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) bei den Landtagswahlen in Brandenburg werden von Medien im In- und Ausland kommentiert.

„Es klingt paradox, ist es aber nicht. Die SPD hat die Wahl in Brandenburg trotz Olaf Scholz gewonnen“, schreibt die italienische Zeitung La Repubblica. Dabei hätte zwei Faktoren eine Rolle gespielt: Zum einen die Drohung, dass Woidke „das Handtuch werfen“ würde. Zum anderen die Warnung an den Kanzler, dass er sich aus dem Wahlkampf in Brandenburg heraushalten solle. „Scholz wird von dem Mann, der seit elf Jahren das Land um Berlin herum führt, wie Kryptonit behandelt“, schreibt La Repubblica.

De Tijd aus Belgien schreibt, dass der Wahlsieg der SPD dem Kanzler Olaf Auftrieb geben könne. Dabei habe Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke alles getan, „um jede Verbindung mit dem unpopulären Kanzler und der zerstrittenen Bundesregierung zu vermeiden“. 

Die französische Libération bezeichnet den knappen Sieg der SPD als einen „Sauerstoffballon für den Kanzler“ vor den Bundestagswahlen. Die Kanzlerkandidatur von Olaf Scholz sei bei den Sozialdemokraten umstritten und der Name von Verteidigungsminister Boris Pistorius tauche in Debatten bereits als Ersatz auf. In Großbritannien schreibt The Times, Scholz sei durch die Wahl „begnadigt worden, nachdem seine regierende Sozialdemokratische Partei die rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD) in seinem Heimatland Brandenburg knapp geschlagen hatte“.   

„Einer Kugel ausgewichen“

Ähnlich bewertet das US-Magazin Politico die Wahl und die Folgen für Scholz: „Der umkämpfte deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz ist am Sonntag einer Kugel ausgewichen, als seine Sozialdemokraten (SPD) bei den wichtigen Regionalwahlen im östlichen Brandenburg die Rechtsextremen abwehren konnten.“ Der Sieg verschaffe „Scholz, der um den Zusammenhalt seiner zerrissenen Drei-Parteien-Koalition kämpft, eine Galgenfrist – zumindest vorläufig“.

Die New York Times führt den „überraschenden Sieg der Sozialdemokraten“ sowohl auf den intensiven Wahlkampf des beliebten Ministerpräsidenten Dietmar Woidke als auch „auf die strategische Stimmabgabe gegen die AfD“ zurück. Die Wahl wird von der US-Zeitung als „Spiegelbild der nationalen Stimmung und als Momentaufnahme der Popularität der Regierung“ angesehen.

Die Financial Times schreibt: „Das Ergebnis in Brandenburg wird den Druck auf den Bundeskanzler verringern, dessen Zustimmungswerte in den letzten Monaten gesunken sind.“ Der Sieg der SPD in Brandenburg könne die kritischen Stimmen in der Partei zumindest vorübergehend verstummen lassen, schreibt die britische Zeitung.

Woidke kann auch „objektiv Erfolge“ vorweisen

Ähnlich wird der Ausgang von der Badischen Zeitung bewertet: Die SPD sei in Brandenburg „mit einem blauen Auge
davongekommen“, heißt es in dem Blatt. Ein Grund zum Jubeln sei das nicht. „Die AfD mit
einem rechtsextremen Scharfmacher an der Spitze“ befinde sich auf Augenhöhe mit
den Sozialdemokraten.

Viele Regionalzeitungen beschäftigen sich mit der Rolle von Ministerpräsident Woidke. „Sah es vor Wochen noch so aus, als sei der Vorsprung der AfD uneinholbar“, sei der SPD dank Woidkes Klarheit eine „grandiose Aufholjagd“ gelungen, schreibt die Ludwigsburger Kreiszeitung. Wenn sogar Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) zur Wahl des SPD-Mannes aufrufe, „verwundert das denkbar schlechte Ergebnis für die Christdemokraten nicht“. Die SPD tue gut daran,
sich nichts vorzumachen
: „Der Erfolg Woidkes lag an seiner Person.“ 

Der Weser-Kurier lobt Woidkes „hohe Zustimmungswerte“ ebenfalls, will die Resultate aber nicht allein auf persönliche Sympathien zurückführen. „Woidke kann auch objektiv Erfolge vorweisen. So hatte Brandenburg zuletzt ein höheres Wirtschaftswachstum als Bayern zu verzeichnen“, schreibt die Zeitung aus Bremen.

„Trotz SPD für Woidke gestimmt“

Die Ludwigshafener Rheinpfalz nennt Woidkes Triumph „paradox“ und begründet: „Die Bundes-SPD feiert einen Sieg, der nicht wegen Scholz gelungen ist, sondern trotz Scholz. Wenn aber die SPD nur noch Wahlen gewinnen kann, indem sie ihren Kanzler versteckt, dann hat die Partei ein ziemlich großes Problem.“ 

Auch das Handelsblatt analysiert die Rollen von Woidke und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): „Von der Brandenburg-Wahl geht nun das Signal aus: Seht her, mit dem richtigen Kandidaten kann die SPD auch scheinbar aussichtslose Wahlen gewinnen. Subtext: Was Woidke in Brandenburg kann, kann Scholz im Bund erst recht. Hat er schließlich schon mal bewiesen.“ Doch so einfach dürfe es für Scholz nicht werden, kommentiert das Handelsblatt. „Die Wähler in Brandenburg haben sich nicht wegen, sondern trotz der SPD für Woidke entschieden.“ Diese Popularität des Landesvaters genieße Scholz nicht im Ansatz.