Geringe Strompreise – hohe Hilfe

Wiewohl Regierungspartei, hält die FDP die gesetzliche Förderung des Ökostroms für übertrieben. „Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck muss den Ausbau der erneuerbaren Energien endlich mit der Nachfrage am Markt zusammenbringen und dafür die Überförderung über das EEG beenden“, forderte der energiepolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Michael Kruse, gegenüber der F.A.Z. Das EEG ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz. „Die explodierenden Kosten sind Gift für den Wirtschaftsstandort Deutschland, deshalb braucht es bei den Erneuerbaren eine Wirtschaftswende hin zu mehr Markt“, verlangte Kruse am Dienstag in Berlin.

Er bezog sich auf die anwachsenden Subventionen auf dem sogenannten EEG-Konto: Weil für den Ökostrom am Markt nicht ausreichend hohe Preise zu erzielen sind, werden steigende staatliche Ausgleichszahlungen nötig: Im März waren es fast 1,7 Milliarden, im April sogar mehr als 2 Milliarden Euro. „Die Erneuerbaren verbuchen einen der höchsten Fehlbeträge aller Zeiten, währenddessen treibt Minister Habeck weitere Kostensteigerungen fast im Wochenrhythmus voran“, monierte Kruse. „Diese Fehlsteuerung muss dringend korrigiert werden, Habeck darf die Überförderung mit Steuergeld nicht noch anheizen.“

Höhere Unterdeckung erwartet

Das EEG-Konto listet die Einnahmen und Ausgaben der Übertragungsnetzbetreiber für die Erzeugung von erneuerbaren Energien auf. Die Einspeiser von Wind- oder Solarkraft erhalten eine feste Vergütung. Lässt sich an der Strombörse weniger Geld erzielen, als ihnen vertraglich zusteht, wird die Differenz aus einem Staatstopf erstattet. In den ersten vier Monaten des laufenden Jahres summierte sich der Ausgleich auf fast 5,3 Milliarden Euro. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren diese „Zahlungen der Bundesrepublik Deutschland“ noch nicht nötig gewesen.

Kruse erwartet, dass die Unterdeckung in den bevorstehenden Sommermonaten noch viel größer werden wird – und dass dann das Geld ausgehen könnte. Denn die in nur vier Monaten aufgelaufenen 5,3 Milliarden Euro an Hilfen für die grünen Stromerzeuger machten jetzt schon die Hälfte jener 10,6 Milliarden Euro aus, die der Bund als Ausgleichszahlungen für das Gesamtjahr vorsehe.

Das EEG-Konto verwalten die vier Übertragungsnetzbetreiber Tennet, 50Hertz, Amprion und Transnet-BW. Früher wurde das Konto aus der EEG-Umlage gespeist, die jeder Verbraucher zahlen musste. Seit deren weitgehender Abschaffung im Jahr 2022 stammt das Geld aus dem Klima- und Transformationsfonds KTF. Dieser sammelt Einnahmen aus dem europäischen Emissionshandel ETS ein, aus dem nationalen CO2-Preis sowie aus Steuermitteln.

Angespannte Lage beim Förderfonds

Kruse wies darauf hin, dass der ohnehin angespannte Förderfonds KTF durch die Hilfen zum Ausgleich des EEG-Kontos ausgezehrt würde. Dann stünde weniger Geld für andere Vorhaben zur Verfügung, etwa für die Unterstützung zum Austausch alter Heizungen gegen weniger klimaschädliche Anlagen. „Die Ausgaben für die Erneuerbaren werden den KTF und damit auch die Heizungsförderung sehr bald auffressen“, warnte der FDP-Politiker. „Die Erneuerbaren müssen sich an den Bedürfnissen der Stromkunden orientieren, sonst wird das EEG-Konto zum größten Milliardengrab, das die Steuerzahler je erlebt haben.“

Zuletzt hatte die Regierung im Oktober 2021 mehr Bundesgeld für den Ökostrom ausgegeben als im April dieses Jahres. Damals waren es 2,7 Milliarden Euro, hinzu kamen 1,8 Milliarden aus der EEG-Umlage, die jetzt fehlen. Auffällig an den neuen Zahlen sind die geringen Erlöse durch die treuhänderische Vermarktung des Ökostroms an den Spotmärkten, also aus dem eigentlichen Stromverkauf nach Marktpreisen. Erzielt wurden im April lediglich 176 Millionen Euro. Die Einspeisevergütung betrug indes fast 1,87 Milliarden Euro. Mit anderen Worten: Nur 9,4 Prozent der Auszahlungen an die Ökostrombetreiber ließen sich am Markt erzielen. Ein Jahr zuvor zur gleichen Zeit waren es noch 22 Prozent, im April 2022 sogar 48 Prozent gewesen.

Kürzlich hatten die Übertragungsnetzbetreiber mitgeteilt, dass im April die Erlöse aus geförderter Photovoltaik je eingespeister Kilowattstunde auf den niedrigsten Marktwert seit 2020 gefallen seien. Für das Gesamtjahr 2024 erwarten die Konzerne einschließlich früherer Rückstände eine Finanzierungslücke auf dem EEG-Konto von 7,8 Milliarden Euro.