Austrofred: „Nicht mal die Deutschen kommen schlecht weg“

DIE ZEIT: Herr Wenzl, wer gibt eigentlich lieber Interviews: Sie oder Austrofred?

Franz Adrian Wenzl: Ganz sicher der Austrofred. Ich gebe nicht so gerne Interviews. Aber beim Austrofred gehört das dazu. Er ist ein sehr von sich selbst überzeugter Medienmensch.

ZEIT: Austrofred ist Ihre Kunstfigur, in der Sie eine österreichische Version von Freddie Mercury verkörpern, und er ist sehr extrovertiert. Sie selbst sind das Gegenteil davon?

Wenzl: Das Gegenteil würde ich nicht sagen, aber ich erlebe schon immer wieder, dass Veranstalter überrascht sind, dass da „so ein schüchterner Typ“ daherkommt. Dabei bin ich gar nicht so schüchtern. Aber wenn man so eine Rolle wie den Austrofred spielt, der ein sehr übersteigertes Selbstbewusstsein hat …

ZEIT: … laut Eigenangabe ist er nicht nur ein „Champion“ und der „einzige österreichische Rockstar von internationalem Format“, sondern auch der „fescheste Österreicher, den es gibt“.

Wenzl: So ist es! Und da haben die Leute natürlich eine gewisse Erwartung – auch an mich als Franz Wenzl. Wenn ich der nicht entspreche, dann entsteht fast eine Art Gegenmythos, wie bei Metalmusikern, die finster ausschauen, aber in ihrer Persönlichkeit immer als wahnsinnig nett gelten.

ZEIT: Dabei sind sie das gar nicht?

Wenzl: Metalmusiker sind sicher nett, aber ich vermute, eher so in einem normalen Ausmaß nett, wie ich in einem normalen Ausmaß schüchtern bin.

ZEIT: Sie haben die Figur des Austrofred vor mehr als 20 Jahren kreiert. Warum funktioniert dieses Achtzigerjahre-Image auch 2024 noch?

Wenzl: Wenn ich ehrlich bin, ist Austrofred mittlerweile schon etwas aus der Zeit gefallen. So eine Kunstfigur würde man heute nicht mehr erfinden. 2002 waren Schnauzbärte und diese großen Gesten noch lustig, und der Austropop war imagemäßig am Boden. Heute sind Schnauzbärte und Dialektpop wieder en vogue, da ist die Komik darin kein Selbstläufer mehr. Es lebt jetzt mehr davon, wie der Austrofred versucht, seine fehlende Jugend wettzumachen und sich als Elder Statesman zu geben.

ZEIT: Als Austrofred stehen Sie nicht nur auf der Bühne, sondern sind auch Autor. In Ihrem neuesten Buch Gänsehaut geht es um unerklärliche Phänomene, die Austrofred auf Tour erlebt hat: Eichhörnchen-Attacken, Außerirdische sowie Schutzheilige und Weissagungen. War Austrofred schon immer ein abergläubischer Mensch?

Wenzl: Er war auf jeden Fall immer anfällig dafür. Wobei er sich selbst ja für den wissenschaftlichsten Menschen überhaupt hält. Damit passt er gut in den Zeitgeist. Gerade in der Coronapandemie hat sich der Glaube an sogenannte alternative Fakten und die Skepsis gegenüber der Wissenschaft verstärkt. Das ist natürlich alles in das Buch eingeflossen, weil diese mentalen Verrenkungen halt auch ihre witzigen Seiten haben.

ZEIT: Von diesem Zeitgeist profitieren derzeit besonders rechte Parteien. Würde Austrofred bei den Nationalratswahlen am Sonntag die FPÖ wählen?

Wenzl: Nein. Er tut sich zwar schon manchmal schwer damit, wie man nach heutigen Gesichtspunkten die Dinge politisch korrekt verpackt, aber er bemüht sich schon immer um das Gute.

ZEIT: In Gänsehaut macht er sich über die Eigenheiten der Bundesländer lustig. Bis auf Vorarlberg, steht da zum Beispiel, schaue es in jedem österreichischen Bundesland so aus, als würden „die Neubauten von einem bösartigen Computerprogramm wahllos in die Gegend geschissen“.

Wenzl: Da bin ich einer Meinung mit Austrofred. Besonders interessant wird es, wenn es in einem Ort einen innovativen Malermeister gibt. Vor 20 Jahren hat das angefangen, dass die Malermeister mit ihren Laptops zu den Leuten gehen, um ihnen zu zeigen, was für Außenwandfarben noch alle möglich sind …