Ungarn verstaatlicht Flughafen in Budapest
Der Flughafen Budapest wird wieder staatlich. Der Mehrheitseigentümer Avi-Alliance und die Mitgesellschafter der Budapest Airport Zrt. haben den Verkauf des Flughafens an ein Konsortium bestehend aus der ungarischen Staatsgesellschaft Corvinus Zrt. und dem französischen Co-Investor Vinci Airports vereinbart. Damit kommt der rasant wachsende Knotenpunkt Liszt Ferenc fast zwei Jahrzehnte nach seiner Privatisierung wieder in öffentliches Eigentum. Nach vertraulichen Informationen der F.A.Z. liegt der Kaufpreis bei gut vier Milliarden Euro.
„Seit unserer ersten Investition im Jahr 2007 ist der Flughafen Budapest erheblich gewachsen“, sagt Gerhard Schroeder, Geschäftsführer von Avi-Alliance, bis heute größter Anteilseigner des Flughafens Budapest. „Dadurch und dank des Engagements seines hervorragenden Managementteams und seiner Mitarbeiter genießt der Flughafen internationale Anerkennung. Wir sind davon überzeugt, dass unsere Investitionen und Entwicklungspläne eine solide Grundlage für den weiteren Erfolg unter der neuen Eigentümerschaft bilden.“
Der Flughafen Budapest verzeichnete unter Avi-Alliance und seinen Mitgesellschaftern GIC und CDPQ ein erhebliches Wachstum des Passagieraufkommens und verdoppelte die Passagierzahl nahezu von 8,4 Millionen im Jahr 2008 auf 16,2 Millionen im Jahr 2019. Im Jahr 2023 erreichte der Flughafen Budapest mit 14,7 Millionen Passagieren 91 Prozent des Niveaus vor der Pandemie, lag damit über dem europäischen Durchschnitt und stellte mit insgesamt über 200.000 Tonnen einen neuen Luftfrachtrekord auf.
3 Prozent Beitrag zum BIP
Möglich wurde diese Erfolgsgeschichte dadurch, dass die Gesellschafter seit 2007 mehr als 700 Millionen Euro in den Ausbau und die Entwicklung des Flughafens investierten. Trotz der COVID-19-Pandemie wurden seit 2020 mehr als 200 Millionen Euro in die Verbesserung der Flughafeninfrastruktur und des Passagierkomforts investiert. Der Flughafen hat im Jahr 2022 schätzungsweise 2,85 Milliarden Euro zur ungarischen Wirtschaft beigetragen, was etwa 3 Prozent des ungarischen BIP entspricht.
Das Engagement der Aktionäre zeigt sich in den zahlreichen Auszeichnungen, die der Flughafen erhalten hat, darunter im April zum elften Mal hintereinander den Skytrax World Airport Award als „Bester Flughafen Osteuropas“. Der Budapester Flughafenbetreiber bilanzierte das vergangene Jahr mit einem Erlös von 228 Millionen Euro und einem Nettogewinn von 74 Millionen Euro.
Avi-Alliance, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von PSP Investments, ist einer der führenden privaten Industrieflughafeninvestoren und -betreiber. Das Unternehmen beteiligt sich an Flughafenprivatisierungen und erwirbt Beteiligungen an Flughäfen wie etwa Düsseldorf, Hamburg und Athen.
Mit der Verstaatlichung geht Ungarn einen Sonderweg in der Branche. Derzeit wird beispielsweise in Kanada über Flughafenprivatisierungen nachgedacht. In Indien startet die dritte Runde von Flughafenprivatisierungen und auch in Brasilien, Malaysia und auf den Philippinen tut sich etwas oder hat sich jüngst etwas getan.
Die Verstaatlichung des ungarischen Flughafens ist Teil der von der rechtspopulistischen Regierung verfolgten Strategie, Schlüsselbranchen unter nationale Kontrolle zu bringen. Das Kabinett des Ministerpräsidenten Viktor Orbán kritisierte von Anbeginn die nach dessen Ansicht verfehlte Privatisierung des Flughafens durch die sozialistisch-liberale Regierung Mitte der Nullerjahre. Orbán hatte wiederholt erklärt, der einzig wichtige internationale Flughafen des Landes gehöre erneut in ungarische Hand. Der Rückkauf wurde offiziell als strategisches Ziel bezeichnet – unter dem Aspekt der nationalen Sicherheit und Souveränität.