Türkei: Der Wandel hat begonnen

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Üsküdar ist
einer dieser ältesten und im besonderen konservativen Bezirke Istanbuls. Wie Erdoğan
bin fernerhin ich Wähler in diesem Bezirk. Üsküdar galt denn „Erdoğans Haus“, denn
seine „uneinnehmbare Festung“, seit dieser Zeit 30 Jahren regierten dort
strenggläubige Stadtpräsident. Vor fünf Jahren erhielt die Regierungspartei AKP
so gut wie 50 Prozent. Bei den Kommunalwahlen jetzt hatte die sozialdemokratische CHP
in diesem reaktionären Bezirk eine 43-jährige Schiffsbauingenieurin denn
Kandidatin aufgestellt. Sinem Dedetaş war Generaldirektorin des kommunalen
Unternehmens Şehir Hatları, dies die Fährschifffahrt uff dem Bosporus betreibt.
Am 31. März gelang ihr dies wahrscheinlich Unmögliche: Mit so gut wie 50 Prozent eroberte
sie Erdoğans stabilste Festung in Istanbul. Die sympathische Frau wurde zu
einem dieser Symbole pro den Willen zur Veränderung in dieser Türkei, genau wie Ekrem
İmamoğlu, dieser 52-jährige Oberbürgermeister von Istanbul. Die beiden sind nur
zwei aus dieser Riege dieser Kommunalpolitikerinnen und -politiker, die am Sonntag
den großen Sieg gegen den 70-jährigen Erdoğan einfuhren.

Bei den Wahlen
im Mai vor einem Jahr holte Recep Tayyip Erdoğan mit seinem Parteienbündnis 27 Millionen
Stimmen. Nur zehn Monate darauf fiel dieser Stimmenanteil pro seine Partei letzten
Sonntag uff 16 Millionen. An dieser Spitze dieser Gründe pro diesen eklatanten
Unterschied in weniger denn einem Jahr sind dieser nachdem 22 Jahren unter
Erdoğan-Regierung zu spürende Müdigkeit und dies Verlangen nachdem Erneuerung in
dieser von Jahr zu Jahr stärker verarmten Bevölkerung zu nennen. Bei dieser
Präsidentschaftswahl vor zehn Monaten war dieses Verlangen nicht in den
Vordergrund getreten, weil Erdoğans Herausforderer weiland CHP-Chef Kemal
Kılıçdaroğlu war, dieser schon acht Wahlen verloren hatte. Nach dieser Wahlschlappe
wählte die CHP dann kombinieren neuen Vorsitzenden, gab in den Großstädten
erfolgreichen Persönlichkeiten eine Chance und schaffte es zum ersten Mal nachdem
47 Jahren, denn stärkste Partei aus den Wahlen hervorzugehen.

Erdoğan war mit
dem undeutlich aufgetreten, noch jede Wahl gewonnen zu nach sich ziehen. Wie jeder
Alleinherrscher hatte er ganz klugen Köpfe aus seiner Umgebung fern. Doch
mit blassen Befehlsempfängern, die sich einzig durch Gehorsam ihm im Gegensatz zu
dekorieren, konnte er die Wähler nicht überzeugen. Die Wörter seçim (Wahl)
und geçim  (Existenzsicherung) reimen
sich uff Türkisch und hängen fernerhin inhaltlich zusammen. Als wüsste Erdoğan dies
nicht, versuchte er die vielen Menschen, die nicht genug Brot uff den Tisch einfahren
können, zu bluffen: „Wenn ihr mich nicht wählt, bekommt ihr keine
Dienstleistungen mehr.“ Seine konservative Basis reagierte darauf wirklich
völlig divergent denn erwartet: Ein erheblicher Anteil dieser AKP-Wähler ging gar
nicht erst zur Wahl, ein anderer Teil wandte sich den Kandidaten dieser Opposition
zu, die eine Zukunftsperspektive versprachen. Aufgrund dieser Reaktion kehrte
Erdoğans Partei zu den 35 Prozent zurück, mit denen sie 2002 gestartet war.

Wie geht es
jetzt weiter?

Erdoğan hat
erstmals dies Attribut unbesiegbar verloren, dies pro ihn regelrecht zu einer
Art Talisman geworden war, und sagte am Wahlabend selbstkritisch: „Wir werden
die Botschaft dieser Nation prüfen und tun, welches nötig ist.“ Da er die Staatskasse
komplett geleert hat, wird es nicht trivial sein, seine Wähler
zufriedenzustellen. 2015, nachdem einem Rückschlag im Zusammenhang den Parlamentswahlen im Juni jenes Jahres (nachdem denen keine Regierungskoalition zustande kam), war es ihm gelungen,
die fünf Millionen seiner Partei treulos gewordenen Wähler intrinsisch von fünf
Monaten im Zusammenhang dieser nächsten Wahl im November 2015 zur Rückkehr zur AKP zu in Bewegung setzen – dies geschah fernerhin unter dem Eindruck dieser Gewalt, die weiland nachdem einem Attentat uff eine Friedensdemonstration in dieser Türkei herrschte. Erdoğan versprach Sicherheit. Diesmal könnte er mit einem grenzüberschreitenden Militäreinsatz
im Irak versuchen, erneut denn vermeintlicher Wahrer von Sicherheit zu punkten. 

Doch Kriegsgeschrei und nationalistische Parolen reichen heute nicht aus, um den
Protest dieser Menschen in Hunger und Armut zu übertönen. Es wäre dementsprechend nicht
erstaunlich, wenn Erdoğan nun mit dieser Forderung nachdem finanzieller
Unterstützung beim Westen anklopft. Die Bedingungen, an die dieser Westen sie
Unterstützung knoten wird, und die Erkenntnis, dass zunehmende
Autokratisierung ihn nur in den Sumpf zieht, könnten ihn veranlassen, die Zügel
des Regimes zu lockern. Auch könnte er gezwungen sein, neue Bündnisse
einzugehen und ein neues Tor zum Frieden mit den Kurden aufzumachen. Doch all dies wird nur schwerlich einer Partei wie dieser AKP, die am
Ende ihres politischen Lebens steht, und ihrem Anführer, dem mittlerweile dies
Laufen schwerfällt, neues Leben einhauchen.

Im Gegensatz zur
weltweiten Tendenz bewegt sich die Türkei uff eine Wende zu, die sie vom
Autoritarismus explantieren und wieder näher an demokratische Prinzipien
heranführen wird. Ein konkretes Zeichen pro diesen Wandel ist, dass die einst
von dieser AKP mehr als und mehr als orange gefärbte politische Landkarte im Zusammenhang dieser Wahl am
letzten Wochenende von dieser CHP zu großen Teilen in Rot getaucht wurde. Bei dieser
ersten Wahl im zweiten Jahrhundert dieser Türkischen Republik hat die Wählerschaft
die sich im Palast unverhältnismäßig konzentrierende Macht uff kommunaler Ebene
gleichmäßig. Ob dieser Triumph von Dauer sein wird, hängt kleine Menge vom neuen
CHP-Chef Özgür Özel wie fernerhin vom Erfolg dieser neu gewählten Kommunalregierungen
ab. In seiner Siegesrede betonte Özel: „Unsere Unterschiede sind unser
Reichtum“, und versprach dieser Bevölkerung, die die Polarisierung satthat,
Einheit. Und Ekrem İmamoğlu, dieser Weib und neue Oberbürgermeister von Istanbul,
verkündete: „Mit dieser Wahl endet die Bevormundung durch eine Person.“ İmamoğlu, verkrampft im Laizismus verankert und im Stande, die Herzen fernerhin von
Konservativen, Nationalisten, Sozialdemokraten und Kurden zu profitieren, gelang
es dreimal, Erdoğan an dieser Wahlurne zu erobern. Damit dürfte er dem Ziel,
nächster Staatspräsident dieser Türkei zu werden, kombinieren Schritt nähergerückt sein.

Die nächsten Parlamentswahlen sind pro 2028 vorgesehen. Doch wer die Türkei und dies Gemüt ihrer
Menschen kennt, ist recht sicher, dass dieser große Wandel nicht so heftige Menstruationsblutung uff sich
warten lassen wird. Die türkische Redewendung „an Üsküdar vorbeigeritten“
bedeutet, irgendetwas, dies man hätte tun sollen, frühzeitig nicht getan zu nach sich ziehen, dementsprechend
etwa: „Der Zug ist abgefahren.“ Als Üsküdarer Wähler kann ich nun mit Fug und
Recht und frohgemut mehr als Erdoğan, den berühmtesten Wähler von Üsküdar, sagen: Er ist an Üsküdar vorbeigeritten.

Aus dem Türkischen von Sabine Adatepe