Syrien: Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa stellt neue syrische Regierung vor

In Syrien hat Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa die Bildung einer neuen Regierung verkündet und treibt damit den Wandel seines Landes nach dem Sturz des jahrzehntelangen Machthabers Baschar al-Assad voran. Er wolle einen „starken und stabilen Staat“ aufbauen, sagte Al-Scharaa bei der Vorstellung seines 23-köpfigen Kabinetts. Er besetzte die zentralen Posten mit Vertrauten und berief auch eine Frau in die Regierung. 

Außenminister Asaad al-Schaibani und Verteidigungsminister Murhaf Abu Kasra, die der bisherigen Übergangsregierung angehörten, behalten ihre Posten. Geheimdienstchef Anas Chattab, der ebenfalls ein Vertrauter des Übergangspräsidenten ist, wird den Angaben zufolge neuer Innenminister. Der Alawit Jarub Badr übernimmt das Amt des Verkehrsministers. Amgad Badr, der der drusischen Gemeinschaft angehört, wird das Landwirtschaftsministerium leiten.

Die frühere Oppositionelle Hind Kabawat, eine langjährige Gegnerin des gestürzten Machthabers Baschar al-Assad, wurde zur Ministerin für Soziales und Arbeit ernannt. Sie gehört der christlichen Minderheit in Syrien an. 

Al-Scharaa zufolge gibt es auch zum
ersten Mal ein Ministerium für Sport sowie ein Ministerium für Katastrophenschutz. Diesem soll Raed al-Saleh vorstehen, der bisher die als Weißhelme bekannte syrische Zivilschutzorganisation geleitet hat. Einen Regierungschef ernannte Al-Scharaa nicht.

Al-Scharaa handelt auch unter Druck westlicher Staaten

Der Übergangspräsident und die mit ihm verbündeten sunnitischen Islamisten, die Syrien seit dem Ende des Assad-Regimes lenken, handeln auch unter dem Druck westlicher und arabischer Staaten. Diese hatten Al-Scharaa aufgefordert, eine Regierung zu bilden, welche die verschiedenen ethnischen und religiösen Bevölkerungsgruppen in Syrien stärker repräsentiert.

Al-Scharaa regiert Syrien seit Januar für eine mehrjährige Übergangszeit. Zuvor hatten Kämpfer seiner islamistischen Miliz HTS und verbündete Gruppen Anfang Dezember den langjährigen Machthaber Assad gestürzt, das Parlament und die ehemalige Regierungspartei Baath aufgelöst sowie die bestehende Verfassung außer Kraft gesetzt.

Der Präsident hält die zentrale Macht im neuen Staat

Eine neue Verfassungserklärung soll Syrien bis zu offiziellen Neuwahlen nach Ende der voraussichtlich fünf Jahre dauernden Übergangsphase als politisches Fundament dienen. Sie soll Gewaltenteilung, Frauenrechte, Presse- und Meinungsfreiheit garantieren. Das islamische Recht spielt weiter eine zentrale Rolle. Zugleich legt die Übergangsverfassung fest, dass allein der Präsident die Exekutivgewalt ausübt.  

Kurdische Minderheiten in Syrien hatten den Verfassungsentwurf Al-Scharaas abgelehnt und kritisiert, er wolle eine zentralistische Herrschaft etablieren. Die Minderheit der Alawiten in Syrien fürchtet sich nach Gewaltexzessen gegen ihre Bevölkerungsgruppe in den vergangenen Wochen vor Verfolgung. Auch Nahostexperten beobachten den Kurs des Übergangspräsidenten mit Skepsis.