Sicherheitspaket: SPD mildert Sicherheitspaket hinauf Druck aus dieser Partei ab

Seit Wochen wird in der SPD erbittert über den Kurs in der Migrationspolitik gestritten – nun haben sich die Kritiker gegen eine härtere Gangart offenbar durchgesetzt und erreicht, dass die SPD bei der Einigung für das Sicherheitspaket viele geplante Maßnahmen abgemildert hat.

In einem Brief an die Mitglieder der Bundestagsfraktion, der ZEIT ONLINE vorliegt, schreibt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese, dass die SPD im Migrationsbereich, „der auch für viele Genossinnen und Genossen
sehr sensible gesetzliche Änderungen enthält“, gute Kompromisse erzielt habe. „Insbesondere bei den Leistungsausschlüssen für Dublin-Fälle haben wir für die gesetzliche Klarstellung gesorgt, dass ein Leistungsausschluss nur möglich ist, wenn nach der Feststellung des BAMF die Ausreise rechtlich und tatsächlich
möglich ist. Wir wollen weder Obdachlosigkeit noch Verelendung von Asylsuchenden hervorrufen.“ In Fällen, in denen die Menschen nicht in das Mitgliedsland zurückkehren könnten, das eigentlich für ihr Asylverfahren zuständig wäre, soll keine Leistungskürzung erfolgen.

Auch die Härtefallregelung sei wieder „nahezu auf den Status quo zurückgesetzt, das heißt, die angedachten Verschärfungen fast durchgehend gestrichen“, schreibt Wiese an die Genossinnen und Genossen weiter. So würden bei besonderer Härte auch weiterhin Leistungen gewährt.

Auch Heimreisen sollen weiter möglich sein

Abgemildert hat die SPD auch das Vorhaben, Geflüchteten den Schutzstatus abzuerkennen, die in ihr Herkunftsland reisen. Demnach sollen Schutzsuchende auch weiterhin in ihre Heimatländer reisen dürfen, wenn die als sittlich geboten gilt – etwa für eine Beerdigung von Angehörigen. Die Menschen müssen der Ausländerbehörde die geplante Reise und den Grund dafür aber vor Reiseantritt mitteilen.

Auch bei den Regelungen der biometrischen Befugnisse sowie der Datenanalyse gingen der SPD die geplanten Eingriffe zu weit. Hier sollten zunächst auch Maßnahmen gegen Zeugen und nicht verantwortliche Personen erfolgen, dies wird nun ausgeschlossen und die Eingriffsschwelle auf besonders schwere Straftaten erhöht. Wiese schreibt in dem Brief an die Fraktion, dass dabei auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das am 1. Oktober Teile des BKA-Gesetzes für verfassungswidrig erklärt hatte, eine Rolle gespielt habe.

Zudem habe die SPD auch im Waffenrecht „einige Klarstellungen vorgenommen. Vor allem ist es und gelungen, gemeinsam mit dem Bundesinnenministerium die vorgesehenen rechtlichen Möglichkeiten für Waffenverbotszonen klarer zu fassen und die Ausnahmen vom Waffen- bzw. Messerverbot zu vereinheitlichen“, schreibt Wiese an die Fraktion. Wichtig sei, dass die Behörden die Vorschriften in der Praxis gut anwenden können und für die Bürgerinnen und Bürger klar ist, wo und wie sie ein Messer (oder eine Waffe) bei sich führen dürften. Zudem sei der SPD wichtig, dass Kontrollen nur innerhalb der klar ausgewiesenen Zonen vorgenommen werden dürften. Außerdem verspricht der stellvertretende Fraktionsvorsitzende, dass sich die Partei in der Regierung mit einem Erschließungsantrag für weitere Maßnahmen zur Islamismus-Prävention einsetzen werde und die durch Bundesinnenministerin Nancy Faeser bereits eingerichtete Task-Force Islamismusprävention auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden. 

Die Koalition will die Änderungen am Sicherheitspaket in den Innenausschuss des Bundestages einbringen und strebt einen Beschluss im Bundestag ebenfalls für die kommende Sitzungswoche an. Am 18. Oktober könnte es dann der Bundesrat verabschieden.

Ob der Streit in der SPD über die Härte bei der Migrationspolitik mit diesem Einlenken beigelegt sein wird, ist unklar. Ende September hatten 35 Abgeordnete auf einen offenen Brief
von Tausenden SPD-Mitgliedern, darunter auch Bundestags-, Europa- und Landtagsabgeordnete der Partei, reagiert und versprochen, sich dafür einzusetzen, das Asylrecht zu verteidigen und die Menschenrechte zu wahren.
„Wir teilen Eure Trauer,
Eure Wut und Eure Zweifel angesichts des aktuellen Diskurses“, hieß es in dem Brief, den unter anderem Hakan Demir, Rasha Nasr und
Carmen Wegge unterzeichnet hatten. Einige geplante Reformen, etwa im Waffenrecht, seien auch sinnvoll.
Zugleich gelte aber: „Sicherheitspolitische Fragen dürfen nicht
unzulässig mit Migrationspolitik vermischt werden.“