„Karla’s Choice“ von Nick Harkaway: Der wohlige Nebel des Kalten Kriegs

In Karla’s Choice spielen die Abwesenden eine ähnlich große
Rolle wie die Anwesenden. Für einen Spionageroman, dessen Handlung auf dem
Höhepunkt des Kalten Kriegs im Jahr 1963 angesiedelt ist, ist das zunächst
einmal gar nicht so außergewöhnlich: Agententhriller erzählen stets von
mindestens zwei sich feindlich gesinnten Seiten, beiden ist das Klandestine
gemeinsam, beide sind einander je Schatten. Alle wissen: Spione lauern überall,
doch keiner weiß genau, was sie gerade tun oder wo genau sie sind. Und zu kaum
einer Zeit schienen sich Spionage und Gegenspionage so klar getrennt in Blöcken
gegenüberzustehen wie westliche und östliche Geheimdienste während der Existenz
des Eisernen Vorhangs. Der beschrieb als gebräuchliche Kalter-Krieg-Metapher
auch die Lichtverhältnisse in Europa: Vor dem Vorhang war es hell, dahinter
dunkel. Es kam fürs eigene Lichtempfinden dann darauf an, von welchem
politischen und geografischen Standpunkt aus man auf diesen Eisernen Vorhang
blickte.