Inflation in Deutschland steigt aufwärts 2,4 Prozent

Die Inflationsrate in Deutschland lag im Mai bei 2,4 Prozent. Das hat das Statistische Bundesamt am Mittwoch nach einer ersten Schätzung mitgeteilt. Im April hatte die Rate wie im März bei 2,2 Prozent gelegen. Damit ist die Inflation erstmals seit Dezember vorigen Jahres wieder gestiegen.

Die Zahlen werden besonders aufmerksam verfolgt, weil die Europäische Zentralbank (EZB) in der kommenden Woche über ihre weitere Zinspolitik entscheiden und dabei ausdrücklich „datenabhängig“ vorgehen will. Die Inflationszahlen für den gesamten Euroraum werden am Freitag vorgelegt; die Zahlen aus Deutschland aber könnten ein erstes Indiz sein.

Eine erste Zinssenkung der EZB im Juni um 0,25 Prozentpunkte gilt als sehr wahrscheinlich. Über den weiteren Weg der Notenbank danach besteht aber noch viel Ungewissheit. EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel und EZB-Chefvolkswirt Philip Lane haben zuletzt darauf hingewiesen, dass der Weg zum Inflationsziel der EZB von 2 Prozent noch „holprig“ werden könnte. 

Heizöl billiger, Benzin teurer

Was alles genau teurer oder billiger geworden ist, erfährt man aus den schon detaillierter veröffentlichten Zahlen für Nordrhein-Westfalen, die meistens relativ repräsentativ sind.

Bei der Energie gibt es eine zweigeteilte Entwicklung. Deutlich teurer als vor einem Jahr ist jetzt Fernwärme. Der Preisanstieg lag bei 36 Prozent. Bei den meisten anderen Formen von Energie gab es rückläufige Preise. So sank der Preis für Heizöl um 4 Prozent, der für Erdgas um 5,5 Prozent und der für Strom um 5,7 Prozent.

Benzin dagegen kostete 1,8 Prozent mehr als vor einem Jahr, Diesel 3,5 Prozent. Gegenüber dem Vormonat  April waren die Preise für beide Kraftstoffsorten hingegen rückläufig.   

Unter den Nahrungsmitteln zogen die Preise für Kekse (plus 21,5 Prozent), Kartoffeln (plus 18,3 Prozent) sowie für Orangensaft (plus 17,6 Prozent) und Multivitaminsaft (plus 15,2 Prozent) überdurchschnittlich an. Günstiger angeboten wurden verschiedene Gemüsesorten, wie Tomaten (minus 18,9 Prozent), Paprika (minus 12,7 Prozent) und Möhren (minus 11,6 Prozent).

In der Gastronomie verteuerte sich das Essengehen auf Jahressicht im Schnitt um 7 Prozent. Dabei dürfte die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer eine Rolle gespielt haben. Hotelübernachtungen wurden 6,2 Prozent teurer, Pauschalreisen stiegen 5,6 Prozent im Preis und Versicherungsdienstleistungen verteuerten sich um 12,5 Prozent.

Statistische Basiseffekte spielen wichtige Rolle

„Obwohl die Inflationsrate etwas zugelegt hat, ist das keine schlechte Nachricht für Verbraucher“, meint Holger Schmieding, der Chefvolkswirt des Hamburger Bankhauses Berenberg. Rechnerisch ergebe sich der Anstieg nahezu ausschließlich aus einem sogenannten Statistischen Basiseffekt. Im Mai 2023 seien mit dem Deutschlandticket der Bahn die Preise für Verkehrsdienstleistungen erheblich gesunken. Das habe von Mai 2023 an die Inflationsrate gedrückt, entsprechend höher fielen jetzt die Preissteigerungen auf Jahressicht aus.

„Die deutschen Daten sind für die EZB keine Überraschung“, kommentierte Schmieding: „Sie stehen einer ersten Zinssenkung im Juni nicht entgegen.“

Bei den Pauschalreisen sei der Preisdruck zwar gestiegen, von 2,5 Prozent im April auf 5,6 Prozent im Mai. Diese Preise schwankten aber traditionell sehr stark im Jahresverlauf. Der Anstieg dürfte vor allem damit zusammenhängen, dass in diesem Jahr Ostern und Pfingsten etwas früher lagen als sonst. Der übliche Preisanstieg für die Osterreisesaison zeigte sich deshalb diesmal mehr im März als im April, während im Mai das frühe Pfingstfest preistreibend zu Buche geschlagen haben dürfte.

„Allerdings enthalten die Daten auch eine Warnung“, sagte Schmiedung. Die Pflege werde teuer. So seien die Preise für „Dienstleistungen sozialer Einrichtungen“ im Mai gegenüber April um 1 Prozent gestiegen nach einem Zuwachs von 1,1 Prozent im Vormonat. Das habe die Teuerungsrate in diesem Sektor im Vorjahresvergleich von 8,5 auf 9,3 Prozent hochschnellen lassen. Der Ökonom meint: „Auf Dauer werden sich höhere Personalkosten wahrscheinlich auch in einigen anderen Bereichen deutlicher bemerkbar machen, vor allem bei personalintensiven Dienstleistungen, die nicht im internationalen Wettbewerb stehen.“

Reallöhne im ersten Quartal kräftig gestiegen

Über die Reallöhne, also die Löhne unter Berücksichtigung der Inflation, berichtet das Statistische Bundesamt, diese seien im ersten Quartal kräftig gestiegen. Dabei spielten sowohl deutliche Tariflohnerhöhungen in manchen Branchen eine Rolle, als auch die bis vor kurzem rückläufige Inflationsrate. Es unterscheidet sich gerade sehr, in welchen Berufen es kräftige Gehaltserhöhungen zum Ausgleich der Inflation gibt und in welchen nicht.

Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum legten die Nominallöhne um 6,4 Prozent zu, wie das Statistische Bundesamt berichtete. Da gleichzeitig die Verbraucherpreise nur um 2,5 Prozent kletterten, ergab sich ein Anstieg der Reallöhne um 3,8 Prozent. Das war der höchste Anstieg seit Einführung der Statistik im Jahr 2008.

Source: faz.net