Grünheide votiert reichlich Teslas Riesenfabrik

Es ist keine Gemeindevertretungssitzung wie jede andere. Unter Polizeischutz stimmen die 19 Vertreter der Gemeinde Grünheide heute über die Flächenerweiterung für den Standort des US-Elektroautoherstellers Tesla vor den Toren Berlins ab. „Es ist die allererste Sitzung unter Polizeischutz“, sagte Pamela Eichmann (SPD), die Vorsitzende der Gemeindevertretung.

Kurz vor Beginn der Sitzung um 17 Uhr standen sich gut zwei Dutzend Polizisten, aber nicht viel mehr Demonstranten vor der Müggelspreehalle im Ortsteil Hangeslberg gegenüber, in der die Sitzung stattfindet. Die Pläne für die Flächenerweiterung, mit der Tesla unter anderem Platz für einen Güterbahnhof schaffen möchte, sind umstritten. Seit Ende Februar wird in dem von den Plänen betroffenen Waldstück neben der Fabrik protestiert. Beobachter gehen dennoch davon aus, dass die Gemeindevertreter den Bebauungsplan mit großer Mehrheit beschließen werden.

„Wenn der Bebauungsplan heute beschlossen wird, geht er ins Genehmigungsverfahren im Landkreis“, sagte der Bürgermeister der Gemeinde Grünheide, der parteilose Arne Christiani, zu den nächsten Schritten. „Ich weiß nicht, wie lange der Landkreis braucht, vielleicht zwei Monate. Dann ist Baurecht da, und für alle Bauten braucht man dann eine Baugenehmigung“, sagte er kurz vor Beginn der Sitzung der Gemeindevertretung im Gespräch mit der F.A.Z.

Ein geplanter Bahnhof wird zum Knackpunkt

Der Gemeinde gehe es vor allem um den im Bebauungsplan enthaltenen neuen Personenbahnhof im Ortsteil Fangschleuse, die Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes und die geplante Landesstraße 386. „Zum Thema Tesla sage ich nichts. Keine Ahnung, wann die bauen wollen.“

Die Bürgerinitiative (BI) Grünheide, die sich bereits seit der Ankündigung der Ansiedelung von Tesla in Brandenburg Ende 2019 gegen die Pläne des US-Konzerns wehrt, hat angekündigt, nach einem Beschluss des Bebauungsplans durch die Gemeindevertretung rechtliche Schritte einzuleiten. „Sobald die Entscheidung heute Nachmittag gefallen ist, werden wir das angehen“, sagte Steffen Schorcht von der Bürgerinitiative kurz vor Beginn der Gemeindevertretungssitzung der F.A.Z.

Es gebe mögliche Ansätze, etwa mit Blick auf Verfahrensfragen, den Artenschutz und Anforderungen im Wasserschutzgebiet, in dem Teile des geplanten Güterbahnhofs gebaut werden sollen.

„Die Gemeindevertreter geben heute eine Entscheidung ab, rechtliche Grundlagen sind aber auch danach zu beachten“, sagte Schorcht. Vorgespräche mit Rechtsanwälten hätte die Bürgerinitiative bereits geführt. „Wir werden den rechtsstaatlichen Weg einschlagen“, betonte Schorcht. Am vergangenen Freitag hatten Demonstranten im Rahmen von Protesten gegen die Erweiterung der Tesla-Fabrik versucht, das Fabriksgelände zu stürmen. Anfang März kam es nach einem Brandanschlag auf die Stromversorgung des Werks zu einem Produktionsausfall von mehreren Tagen.

Im Februar hatten die Bürger der rund 9200 Einwohner großen Gemeinde den Bebauungsplan Nummer 60 in einer für die Gemeindevertretung nicht bindenden Bürgerbefragung mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Daraufhin wurden die Pläne überarbeitet. Der Bebauungsplan, der heute zur Abstimmung kommt, sieht im Vergleich mit den ursprünglichen Plänen vor, dass nur etwa 50 Hektar statt etwas mehr als 100 Hektar Wald gerodet werden. „Die 47 Hektar bleiben im Eigentum des Landes Brandenburg, gehören weiterhin dem Landschaftsschutzgebiet an und bleiben als Erholungswald zugänglich“, sagte Christiani über die Flächen, die im revidierten Bebauungsplan geschont werden. Auch die untere Forstbehörde hat dem Bebauungsplan nach den Änderungen deshalb ihre Zustimmung gegeben.

Tesla will die Kapazität erweitern

Die Erweiterungspläne für die Produktion von Tesla in Grünheide sind von der Abstimmung über den Bebauungsplan nicht direkt betroffen. Auf dem bereits bestehenden Werksgelände will der US-Autokonzern die Produktionskapazität von derzeit 500.000 Fahrzeugen auf bis zu einer Million Elektroautos pro Jahr ausweiten.

Die Genehmigung des Landesamt für Umwelt als zuständiger Behörde für das immissonsschutzrechtliche Verfahren steht noch aus. Zuletzt sind in Grünheide nach Angaben des Unternehmens rund 6000 Fahrzeuge pro Woche vom Band gerollt. Das Unternehmen, das wie die meisten Konkurrenten die Absatzschwäche auf dem Markt für Elektrofahrzeuge spürt, beschäftigt an seinem einzigen europäischen Produktionsstandort derzeit etwas mehr als 12.000 Mitarbeiter. 400 Stellen sollen im Rahmen des weltweiten Stellenabbaus bei Tesla in Grünheide entfallen.