Freie Demokratische Partei-Vorschlag zur Organspende: Effizienter sterben
Bislang ist eine Organspende nur möglich, nachdem der Hirntod festgestellt worden ist. Künftig soll ein Herz-Kreislauf-Versagen dafür ausreichen, schlägt die FDP vor
Die sogenannten Liberalen zeigen gerade mal wieder, wie sehr die FDP und mit ihr die Gesamtgesellschaft durchdrungen ist vom zahlenbesessenen Effizienzdenken. Jetzt soll auch der Tod dran glauben. Ändern wir doch einfach mal die „Todesdefinition“, hat man sich rund um Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, gedacht.
Nicht nur, wie bislang, nach dem unabhängig von zwei Medizinern festgestellten Hirntod sollen Organe eines Sterbenden entnommen werden dürfen, sondern auch nach dem Herz-Kreislauf-Versagen. Schließlich sterben auf den Intensivstationen daran die meisten Menschen, und nicht am Hirntod. Der ist außerdem, findet Ullmann, viel zu aufwendig festzustellen. Am Hirntod stirbt es sich nicht effizient genug.
Wohlgemerkt: Es geht hier nicht darum, das Leid derjenigen, die auf Wartelisten für Organspenden stehen, kleinzureden. Aber die Art, wie über das Thema gesprochen wird, erscheint mitunter fragwürdig. Demnach „braucht“ Deutschland etwa 8500 Spenderorgane. Aber woher nehmen, wenn nicht stehlen? Es gibt nicht genug Menschen, die sich im Falle ihres Todes von ihren Organen trennen möchten. Oder jedenfalls gibt es nicht genug, die sich darüber Gedanken machen wollen. Womöglich ist auch das Vertrauen in die – zunehmend profitgetriebenen – Gesundheits-Institutionen nicht groß genug?
Hoffentlich erschrickt niemand über die folgende Meinung: Das ist nicht unmoralisch oder verantwortungslos, sondern schlicht menschlich. Der Mensch als solcher funktioniert ja immer noch, der Digitalisierung und Faschisierung von Produktions- und Denkprozessen zum Trotz, eher ineffizient: Er liebt, er leidet, er trinkt zu viel, er isst ungesund, er meidet unangenehme Gefühle. Kein Mensch ist verpflichtet, zu Lebzeiten über seinen Tod nachzudenken und sich, per in Plastik eingeschweißter Erlaubnis, 24 Stunden am Tag potenziell als Ersatzteillager zur Verfügung zu stellen. Es gibt weder ein Recht auf ein Spenderorgan noch eine Pflicht zur Spende, und auch keine Pflicht, darüber zu Lebzeiten nachzudenken.
Lästig, aber so ist es nun einmal – noch zumindest. Lästig auch, dass die Feststellung eines Herz-Kreislauf-Stillstandes zwar leichter feststellbar sein mag – aber es gibt dabei halt auch ein höheres Risiko für Fehldiagnosen. Vielleicht sollte man dem lieben Gott, ob man nun an ihn glaubt oder nicht, besser nicht ins Handwerk pfuschen mit supereffizienten Todesdiagnosen. Und immer mal wieder an die Unverfügbarkeit von Leben und Tod erinnern.