FPÖ-Wahlsieg in Ostmark: Die Brandmauer wirkte denn Brandbeschleuniger
Wie schon in anderen EU-Ländern wird auch bei dieser Parlamentswahl deutlich, dass man sich an „Brandmauern“ meist selbst verbrennt. Nun locken die „Freiheitlichen“ die ÖVP: Lasst uns gemeinsam die „Festung Österreich“ bauen
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Es ist so ausgegangen wie prophezeit. Die FPÖ hat deutlich gewonnen und wurde Erster, ÖVP und Grüne haben deutlich verloren. Die SPÖ wiederum stagniert als Dritter auf ihrem Tiefststand. Anders als Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat der SPÖ-Vorsitzende Andreas Babler zuletzt auch keine Aufholjagd mehr hinlegen können. Die Partei hat aktuell nur schlechte Optionen. Koalieren kann sie nur als Juniorpartner der Volkspartei, außerdem bräuchten ÖVP und SPÖ einen dritten Partner, wollen sie wirklich eine stabile Regierung bilden und nicht bald an ihrer extrem knappen Mandatsmehrheit scheitern. Geht sie in Opposition, wird der SPÖ der Vorwurf nicht erspart bleiben, Steigbügelhalter für eine etwaige Regierungsbeteiligung der FPÖ zu sein. Mangels Alternativen wird Babler wohl als Parteivorsitzender nicht abgelöst, auch wenn die Unterstützung aus den Bundesländern eher gering ist.
Die Situation ist alles andere als klar und übersichtlich. Wird Österreich gar unregierbar? Unmittelbar wird sich aber wenig tun. Vieles ist offen. Es geht jetzt darum, sich taktisch gut zu positionieren. Bevor es in die Koalitionsverhandlungen geht, wird es zahlreiche Sondierungsgespräche geben, die durchaus länger dauern könnten. Noch dazu stehen in den nächsten Monaten in Vorarlberg, in der Steiermark und im Burgenland Landtagswahlen auf dem Programm. Auf Bundesebene sind selbst Minderheitsregierungen oder gar Neuwahlen im Frühjahr nicht ausgeschlossen. Überraschungen diverser Art sind möglich.
Wer solche Kräfte eingrenzen will, muss sie mehr als ausgrenzen
Die FPÖ lockt bereits die Volkspartei. „Lassen Sie uns die ‚Festung Österreich‘ gemeinsam bauen“, fordert Sabine Fürst, die stellvertretende Klubobfrau der Freiheitlichen. Eigentlich spricht – sieht man sich die Inhalte der beiden Parteien an, etwa in der Ausländerfrage als auch in der Wirtschaftspolitik – wenig dagegen, dass sie zusammengehen. Es wird sich also weisen, ob Nehammers Versprechen „Keine Koalition mit Kickl“ hält oder ob es nicht unhaltbar ist. Tabubruch wäre das keiner.
Die Dämonisierung und Skandalisierung der FPÖ muss jedenfalls als gescheitert gelten. An den Brandmauern verbrennt man sich meistens selbst. Mit ihnen war der Aufstieg der FPÖ nicht nur nicht zu verhindern, die Brandmauer wirkte als Brandbeschleuniger. Die Feinde der FPÖ betreiben für sie Wahlkampf wider Willen. Unermüdlich. Die Politik des Anti ist längst ausgereizt. Wer solche Kräfte eingrenzen will, muss sie mehr als ausgrenzen.
Die KPÖ wirkte eher wie eine sozialdemokratische Nahrungsmittelergänzung
Unter die Räder gekommen sind die Kleinen. Vor allem die KPÖ hat ihre Chancen nicht genutzt und ist mit 2,4 Prozent sehr klar an der Vier-Prozent-Hürde gescheitert. Ihr Wahlkampf war mehr bieder als kantig, mehr moderat als radikal. Als Alternative erschien die KPÖ kaum, eher als sozialdemokratische Nahrungsmittelergänzung. Man hat einfach die Kampagnen in Städten wie Graz und Salzburg kopiert und ist davon ausgegangen, dass sich die Stimmung der letzten Wahlerfolge bis in den Nationalrat tragen lässt.
Das war ein Irrtum, Bundeswahlen folgen anderen Gesetzen. Noch dazu ist das Wohlwollen der Medien – anders als in den Großstädten – ausgeblieben. Der Selbstlauf der Erfolge wurde jäh gestoppt. Auch die Bierpartei konnte vom Hype für ihren Frontmann, Dominik Wlazny, nicht profitieren. Im Gegenteil, sie ist in den vergangenen Wochen regelrecht abgestürzt und wird sich von dieser Niederlage mangels Substanz auch nicht mehr erholen.