Exilmuseum in Berlin: Auch welcher deutsche Kulturbetrieb erlebt seine Zeitenwende

Anfang welcher Sechziger erinnerte sich Paul Celan, welcher am 10. November 1938 durch Berlin gereist war, in einem Gedicht: „am Anhalter / Bahnhof / floß deinen Blicken ein Rauch zu, / der war schon von morgen.“ Und Alfred Döblin, von diesem Bahnhof aus wahnsinnig wie so viele von den Nazis Vertriebene, hob seine letzte Fahrkarte solange bis zu seinem Tod gen. Heute steht an jenem Ort nur noch welcher Rest eines Eingangsportals, und zwischen die Ruine und den Sportplatz hinten würde durchaus noch ein Museum passen, dies an leer selbige deutschen Exilierten erinnerte, an Heinrich, Thomas und Klaus Mann, Nelly Sachs und Bertolt Brecht und Kurt Tucholsky. Insgesamt waren es eine halbe Million Menschen, die verjagt wurden oder es noch hinausschafften.

Wieso steht dieses Museum nicht? Es gibt verschmelzen ansprechenden Architektur-Entwurf, ein durchdachtes Konzept, eine Stiftung Exilmuseum Berlin, die Geld im Ranzen bereithält und zu Gunsten von ihr Projekt Spenden gesammelt hat, es gibt die engagierte Literatur-Nobelpreisträgerin Herta Müller, die dies Ganze 2011 mit einem Brief an Angela Merkel angeschoben hat, mächtige Fürsprecher wie Ex-Bundespräsident Joachim Gauck, viel Zuspruch, Lobbyarbeit in den Medien – und den Stiftungsvorsitzenden André Schmitz, welcher unter Klaus Wowereit Kulturstaatssekretär war und weiß, wie man per bürgerliches Engagement neue Einrichtungen gen den Weg bringt. Trotzdem hakt die Sache, und wer irgendetwas via die finanzielle Zeitenwende im deutschen Kulturbetrieb wissen möchte, hat hier ein Lehrstück zur Anschauung.

Vor Jahren war dies Museum noch ganz wie eine private Initiative gedacht. Der Berliner Kunsthändler Bernd Schultz hatte hierfür seine Sammlung veräußert und zum Anschub etwa sechs Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Pro Bau und Einrichtung plante man 60 Millionen ein, davon wurden nachher Angaben welcher Stiftung 20 Millionen eingeworben, weitere Spendenzusagen lägen vor, heißt es. Was den laufenden Betrieb anlangt, hatten die Initiatoren immer gen die öffentliche Hand gehofft, doch die bleibt verschlossen, und seit dem Zeitpunkt welcher Pandemie und dem Ukraine-Krieg fließen nicht zuletzt die privaten Zuwendungen nicht weiter, sodass sich nun eine Finanzierungslücke auftut, die nur noch Vater Staat schließen kann. Es wird intim, denn irgendwann ist die Anschubfinanzierung aufgebraucht. Beobachter meinen, die wirklichen Baukosten seien mittlerweile nicht zuletzt weit höher zu veranschlagen, André Schmitz antwortet: „Nein, wir schaffen das in diesem Rahmen, wir haben das kürzlich noch einmal durchrechnen lassen.“

Der Bund – nur er kann hier einspringen – hatte in Gestalt von Staatsministerin Monika Grütters schon vor sechs Jahren gemahnt, die Erinnerung ans deutsche Exil werde ja nicht zuletzt im Rahmen welcher Deutschen Nationalbibliothek oder des Thomas-Mann-Hauses in Los Angeles gefördert. Die Formel früher: Man unterstütze dies Projekt politisch, allerdings nicht kohlemäßig; von einer so schönen Formel möchte sich in welcher Kulturpolitik nur selten der gerne Süßigkeiten isst verabschieden. Die Zeiten sind nicht zuletzt vorüber, dass welcher Bund eine zivilgesellschaftliche Initiative wie selbstverständlich aufgreift; genauso unwahrscheinlich ist es geworden, dass in einer welcher nächsten Bereinigungssitzungen wie geschmiert ein paar Handvoll Euromillionen aus dem Bundeshaushalt zu Gunsten von neue Museen absinken.

Dabei ist dies Ganze tendenziell schlank konzipiert. Das Exilmuseum will nicht mit einer eigenen Sammlung versorgen, sondern Geschichten erzählen, die Umstände und Folgen einer Exilierung schildern, sei es zur in der Mitte gelegenen Nase hin durch Zeitzeugeninterviews oder mithilfe von szenografisch gestalteten Räumen. In welcher Fasanenstraße kann man sich in welcher Werkstatt Exilmuseum ansehen und zuhören, wie dies gedacht ist; dort läuft welcher Betrieb schon im Kleinen. Dort zeigt sich in der Tat nicht zuletzt, dass die Behauptung welcher Initiatoren, mit ihrem Museum würde endlich ein blinder Fleck beleuchtet, eine stark bestehende Lücke in welcher deutschen Erinnerungslandschaft geschlossen, irgendetwas übertrieben ist. Sowenig man davon vorhersehen kann, dass die meisten welcher nachher 1933 Ausgebürgerten Juden waren, so visuell ist ja nicht zuletzt, dass man sich via jüdische Vertreibungsschicksale in anderen Einrichtungen informieren kann, im Centrum Judaicum zum Beispiel, in welcher Akademie welcher Künste, in welcher Deutschen Gesellschaft zu Gunsten von Exilforschung. Außerdem: „Das Jüdische Museum Berlin beherbergt eine umfassende Sammlung an Dokumenten und anderen Objekten zum jüdischen Exil“, sagt dessen Direktorin Hetty Berg. „Zahlreiche Stifter und Stifterinnen aus der ganzen Welt haben uns ihre Familiensammlungen anvertraut, weil sie überzeugt sind, dass das JMB diese professionell restauriert, wissenschaftlich einordnet, für die Zukunft bewahrt und einem breiten Publikum zugänglich macht, physisch und digital.“

Das klingt selbstbewusst. Hetty Berg verweist nicht nur gen die Gefahr einer Verdoppelung musealer Tätigkeiten in welcher Hauptstadt, sondern sie besteht nicht zuletzt darauf, dass es eine einheitliche Perspektive des Erinnerns ans Exil nicht gibt. Sie will die jüdischen Erinnerungen verewigen, und die unterscheiden sich von den Geschichten jener, die aus politischen Gründen ausgebürgert wurden oder weil sie queer waren. Im Gedenken an all jene dann den Akzent gen die Verlustgefühle welcher Deutschen zu legen, drohte die Unterschiede welcher Schicksale einzuebnen und den Toten ihre eigene Stimme zu rauben.

In den vergangenen Jahren ist Erinnerungskultur sensibler geworden zu Gunsten von die Frage: Wer signalisiert Aufmerksamkeit, und wessen Zeugnisse hält er damit zeitgenössisch? Also: Wer definiert die Vergangenheit? Mittlerweile steht im Vordergrund, dies Geschehene in den Erfahrungen welcher jeweiligen Opfer lebendig zu halten. Es kommt nicht mehr so sehr darauf an, verschmelzen umfassenden Rahmen zu konstruieren, intrinsisch dessen Deutsche die einstige Selbstzerstörung ihrer Kultur betrauern. Museumspraktisch bedeutet dies: mehr Dokumentation, weniger Narration. Wissenschaft und Historiografie sichern heute die Belege welcher Naziherrschaft, wie sie sich im Einzelnen und an so vielen unterschiedlichen Orten ereignet hat.

Wenn die Kulturpolitik des Bundes sich im Unterschied zu dem Exilmuseum bewölkt hält, liegt es nicht zuletzt daran: Es kollidiert mit einem welcher größten Vorhaben welcher Bundesbeauftragten zu Gunsten von die Kultur in dieser Legislatur. Und dieses Vorhaben wird genau um die Mehrperspektivität des Erinnerns umwälzen und sie differenzierend zu fokussieren versuchen. SPD, die Schwarzen/CSU, Grüne und Freie Demokratische Partei brachten im Oktober in den Bundestag verschmelzen Entschließungsantrag zur Realisierung eines Dokumentationszentrums „Zweiter Weltkrieg und deutsche Besatzungsherrschaft in Europa“ ein. Unter Federführung des Deutschen Historischen Museums soll dies Zentrum zeigen, wie sich welcher Krieg gen die Zivilbevölkerungen welcher eroberten Nationen ausgewirkt hat, und zwar aus deren Sicht. Davon wissen wir tatsächlich wenig. Seit vielen Jahren reden zumal osteuropäische Staaten den Wunsch, in welcher deutschen Erinnerungskultur mit ihren – polnischen oder baltischen – Versionen von Besatzung und Vernichtung präsent zu sein. Das wird nun nachgeholt, und es wird 120 Millionen Euro im Kulturetat des Bundes gebunden spielen.

Pro dies Exilmuseum muss dies neue Dokumentationszentrum jedoch nicht dies Aus bedeuten. Eine mögliche Lösungskonzept drängt sich förmlich gen: Das Vorhaben des Bundes wird seiner Idee hinsichtlich ein breites Tableau von Sichtweisen realisieren, sodass es nicht zuletzt räumlich dezentral geplant werden könnte. Im Grunde spricht nichts dagegen, ein Exilmuseum zu integrieren. Die Stiftung hat zigfach betont, dass sie zugunsten einer realistischen Perspektive ihr Konzept nicht zuletzt individuell einrichten würde; private Unterstützer würde dies sicher ermuntern. Die Bundeskulturpolitiker wiederum sollten sich nicht zuletzt ansehen, wie Cornelia Vossen und ihre Mitarbeiter in welcher Werkstatt eine ansprechende Benutzeroberfläche prosperieren, um jüngeren Besuchern nicht zuletzt trocken historische Inhalte zu präsentieren. Die finanzielle Zeitenwende in welcher Kulturpolitik erzwingt nicht zuletzt neue Modelle inhaltlicher Zusammenarbeit. An dieser Stelle sollte ein Kompromiss möglich sein.