EU ist wegen Trump-Zöllen in Alarmbereitschaft

Donald Trumps Ankündigung, Importe aus Kanada und Mexiko von Dienstag an mit Zöllen von 25 Prozent sowie Importe aus China mit zehn Prozent zu belegen, schürt Sorgen, dass der US-Präsident auch gegenüber der EU Ernst machen wird. Bei einem eigentlich der Verteidigungspolitik gewidmeten Sondertreffen der EU-Staats- und Regierungschefs sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag: „Wir können auf Zollpolitiken mit Zollpolitiken reagieren.“ Europa sei stark und der größte Wirtschaftsraum der Welt. Scholz machte aber klar, dass er eine einvernehmliche Lösung mit den USA vorziehen würde. Auch die während Trumps erster Amtszeit auf Eis gelegten Freihandelsgespräche könnten wieder aufgenommen werden.
Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas betonte, wenn es zu einem Handelskrieg komme, gebe es einen lachenden Dritten: China. Der österreichische Kanzler Alexander Schallenberg sagte, die EU sei gut beraten, nicht mit Drohgebärden voranzupreschen. Wenn man das Handelsbilanzdefizit der USA mit der EU im Warenhandel mit dem Überschuss bei den Dienstleistungen verrechne, gehe es letztlich um eine Lücke von 50 Milliarden Euro. Dafür sollte sich eine Lösung finden lassen. Der litauische Präsident Gitanas Nausėda warb für eine Positivagenda. Die EU könne Trump anbieten, mehr verflüssigtes Gas (LNG) zu kaufen, die Zölle für Autos abzuschaffen und mehr Militärgüter zu kaufen. „Wir müssen geeint auftreten, das ist die Botschaft des Tages“, betonte er weiter.
„Wir sind nicht schwächer als die Vereinigten Staaten. Wenn jemand einen Handelskrieg will, dann kriegt er ihn“, sagte Luxemburgs Premierminister Luc Frieden. Auch er sagte aber zugleich: „Handelskonflikte sind immer schlecht.“
Letztlich spiegeln diese Aussagen die Strategie, die die EU-Kommission seit dem Herbst vorbereitet hat. Sie setzt zum einen auf positive Angebote. Dazu gehört der Kauf von mehr LNG und auch Militärprodukten. Inwieweit das geeignet ist, das von Trump beklagte Handelsbilanzdefizit spürbar zu senken, ist allerdings unklar: Fachleute in Brüssel beziffern den maximalen Beitrag, den der Kauf von mehr LNG dazu beitragen könnte, auf zehn Milliarden Euro im Jahr. Auch eine Senkung der EU-Einfuhrzölle auf Autos von momentan zehn Prozent auf den von den USA erhobenen Zollsatz von 2,5 Prozent ist mehrfach ins Spiel gebracht worden. Das Problem dabei ist, dass die EU diesen Zollsatz dann auch allen anderen Handelspartnern – sprich auch China – gewähren müsste, wenn sie sich an die internationalen Handelsregeln halten will.
Doppelter Showdown bis April
Zum anderen hat die Kommission eine Liste von Produkten erstellt, die sie mit Gegenzöllen belegen will, so Trump auch gegen die EU Zölle verhängt. Die sollen vor allem die Wahlkreise treffen, die Trump unterstützt haben. So hat die EU in der ersten Amtszeit von Trump schon auf die Verhängung der Stahl- und Aluminiumzölle reagiert. Damals traf es etwa den Motorradhersteller Harley Davidson und Whisky aus Tennessee. Diese Zölle sind momentan ebenso ausgesetzt wie die US-Zölle auf Stahl und Aluminium, nachdem sich die EU mit Trumps Vorgänger Joe Biden auf eine Art Waffenstillstand geeinigt hatte. Der läuft jedoch Ende März aus und dürfte kaum verlängert werden.
Damit kommt es bis April gleich zu einem doppelten Showdown: Erstens läuft Ende März der Waffenstillstand im Stahlstreit aus, zweitens soll gemäß Trumps nach seinem Amtsantritt unterzeichneten Handelsdekret bis zum 1. April die Entscheidung über die Verhängung weiterer Zölle fallen.
Die EU könne auch die Tech-Riesen ins Visier nehmen, die mit Trump eng verbandelt seien, sagen EU-Diplomaten. Sie könne die Anwendung ihrer Digitalgesetze darauf abstimmen, wie stark Trump auf Konfrontation setze. Es liege schließlich in der Hand der Kommission, wie strikt sie diese durchsetze und Verfahren vorantreibe – oder eben auch nicht.
Innerhalb der EU sind die osteuropäischen Staaten, die sich stärker von Russland bedroht fühlen, eher bereit zu Zugeständnissen gegenüber Trump. Auf der anderen Seite steht vor allem Frankreich, das eher auf Konfrontation setzt. Deutschland nimmt, auch wegen seiner engen wirtschaftlichen Verknüpfung mit den USA, eine Mittelposition ein.
Die nun von den Zöllen betroffenen Länder reagierten unterschiedlich. Kanada hat einen Zoll von 25 Prozent auf Einfuhren aus den USA im Volumen von 155 Milliarden kanadische Dollar angekündigt, Mexiko hat seine Gegenmaßnahmen noch nicht konkretisiert. China reagierte zurückhaltend und kündigte an, eine Klage bei der Welthandelsorganisation einzureichen. Diese dürfte aber kaum Auswirkungen haben. „China ist sehr unzufrieden mit den US-Zöllen auf chinesische Güter und lehnt sie entschieden ab“, erklärte das Handelsministerium in Peking.
Ansonsten beließ es China bei einer Drohung mit Gegenmaßnahmen, ohne ins Detail zu gehen. Die Staats- und Parteimedien schrieben, die Drogenkrise sei ein Problem der USA, China habe eine der strengsten Drogengesetzgebungen der Welt. Die Zölle gefährdeten die Kooperation in der Drogenkontrolle, warnte das chinesische Außenministerium. Damit setzt die Volksrepublik auf eine andere Taktik als in den letzten Monaten der Regierung Bidens. Nachdem dieser Anfang Dezember die Regeln für den Export von Computerchips nach China weiter verschärft hatte, schlug Peking innerhalb eines Tages zurück und verbot den Export wichtiger Metalle in die USA. Nun scheint Peking vorerst eine Eskalation des Handelskrieges vermeiden zu wollen.