Erdbeben: Helfer zu tun sein Rettungseinsätze in Myanmar unterbrechen

Nach dem verheerenden Erdbeben in Myanmar und Thailand suchen Einsatzkräfte weiterhin intensiv nach Verschütteten. In Myanmar mussten die Helfer Trümmerteile zum Teil mit
bloßen Händen und in Flipflops entfernen, weil ihnen professionelle Schutzausrüstung fehlte. Nicht nur durch den Mangel an Ausrüstung, sondern auch durch Stromausfälle wurden die Sucheinsätze erschwert.

Aufgrund mehrerer Nachbeben der Stärke 5,1 am Wochenende mussten die Arbeiten immer wieder unterbrochen werden. Myanmar sei auf eine Katastrophe
dieses Ausmaßes nicht vorbereitet, teilten die Vereinten Nationen mit. Es herrsche ein großer Mangel an Ausrüstung jeder Art.

Krankenhäuser völlig überfordert

In Myanmar seien zudem Helfer in viele betroffene Gegenden noch gar nicht vorgedrungen. Cara Bragg, die für Myanmar zuständige Managerin der Hilfsorganisation Catholic Relief Services, sagte, die Rettungseinsätze würden in erster Linie von ortsansässigen Freiwilligen ausgeführt, „die einfach nur versuchen, ihre Liebsten zu finden“.

Auch seien viele Krankenhäuser von der hohen Verletztenzahl überfordert. Es mangele an Medikamenten. Die Menschen hätten zudem Schwierigkeiten, Nahrungsmittel und sauberes Wasser zu finden. Der Flughafen von Mandalay wurde beschädigt, auf dem internationalen Flughafen der Hauptstadt Naypyidaw ist der Flugverkehrskontrollturm eingestürzt. Alle kommerziellen Flüge in die beiden Städte wurden infolgedessen eingestellt. 

WHO ruft höchste Notfallstufe aus

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat nach dem Erdbeben die höchste Notfallstufe ausgerufen. Es würden dringend acht Millionen Dollar (7,4 Millionen Euro) benötigt, um Leben zu retten und innerhalb der kommenden 30 Tage Krankheitsausbrüche zu verhindern, teilte die WHO mit. Für die vielen Verletzten bestehe wegen der begrenzten medizinischen Kapazitäten in dem armen Land ein hohes Infektionsrisiko. Zudem drohe nach dem Beben in dem südostasiatischen Staat ein erhöhtes Krankheitsrisiko.

„Die WHO hat diese Krise als Notfall der Stufe 3 eingestuft – die höchste Aktivierungsstufe im Rahmen ihres Notfallreaktionsprogramms“, teilte die Gesundheitsbehörde der Vereinten Nationen mit. Strom- und Wasserversorgung seien in Myanmar vielerorts unterbrochen, „was das Risiko von Ausbrüchen von durch Wasser und Lebensmittel übertragenen Krankheiten erhöht“.

Mehr als 300 Menschen vermisst

Das Erdbeben der Stärke 7,7 hatte am frühen Freitagnachmittag
Thailand und besonders Myanmar erschüttert. Das Epizentrum lag in wenigen Kilometern Entfernung von
Myanmars zweitgrößter Stadt Mandalay mit 1,7 Millionen Einwohnern.
Nach Angaben von Geologen handelte es sich um das schwerste Beben in dem
südostasiatischen Land seit Jahrzehnten. Der Erdstoß war bis nach
Thailand, China, Kambodscha, Bangladesch und Indien spürbar.   

Landesweit wurden laut vorläufigen Angaben der
in Myanmar regierenden Militärjunta rund 1.700 Tote gezählt, mehr als 300 Menschen werden noch vermisst. Zudem gab es mehr als 3.400 Verletzte.
Angesichts der instabilen
Kommunikationsnetze dürften aber viele Meldungen von Toten noch
fehlen. Es wird mit einem weiteren Anstieg der Opferzahl gerechnet. 

In Thailands Hauptstadt Bangkok, wo das Erdbeben einen Hochhaus-Rohbau
zum Einsturz gebracht hatte, stieg die Totenzahl auf 17. Dort werden außerdem noch mehr als 80 Menschen vermisst. Nach Berechnungen der US-Erdbebenwarte USGS besteht eine
35-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass die Zahl der Toten in
Myanmar noch auf 10.000 bis 100.000 steigen könnte.      

Infrastruktur schon vor dem Bürgerkrieg nicht intakt

Angesichts der Katastrophe erklärten die gegen die Militärregierung des Landes
kämpfenden Rebellen eine zweiwöchige Teilwaffenruhe. „Aktionen zur Verteidigung“ seien allerdings ausgenommen. In Myanmar herrscht seit vier Jahren ein Bürgerkrieg, der mit der Machtübernahme der Junta eingesetzt hatte. Infrastruktur und
die öffentliche Gesundheitsversorgung sollen vielfach nicht mehr
funktionstüchtig sein. Nach Angaben von Hilfsorganisationen befanden sich
bereits vor dem Erdbeben etwa 3,5 Millionen Menschen auf der Flucht.

Die oppositionelle Nationale Einheitsregierung teilte mit, sie werde in den von ihr kontrollierten Gebieten „mit den UN und mit Nichtregierungsorganisationen zusammenarbeiten, um Sicherheit, Transport und die Einrichtung von temporären Rettungscamps und medizinischen Lagern zu gewährleisten“. 

Die Karen National Union, eine der ältesten ethnischen Armeen Myanmars, teilte mit, dass die Junta „weiterhin Luftangriffe auf zivile Gebiete durchführt, obwohl die Bevölkerung unter dem Erdbeben sehr leidet“.

Der Chef der Militärregierung, Min Aung Hlaing, hatte „jedes Land, jede Organisation“ um Hilfe gebeten. Deutschland, die EU und
viele weitere Länder sowie die Weltgesundheitsorganisation sagten
Unterstützung zu. „Wir werden helfen“, sagte auch US-Präsident Donald
Trump.

Am Samstag waren erste Einsatzteams aus dem Ausland eingetroffen. Unter anderem China, Russland und Indien schickten Hilfen.