Deutsche Bahn: Chef Lutz verspricht in Frankfurter Allgemeine Zeitung mehr Pünktlichkeit ab 2025

Herr Lutz, mit dem Sanierungsprogramm S3 wollen Sie bei der Bahn die Wende einläuten. Im Jahr 2027 sollen die Fernverkehrszüge zu 75 bis 80 Prozent pünktlich sein. Was machen wir in den nächsten drei Jahren, bis es so weit ist?

Verbesserungen werden wir bereits nächstes Jahr sehen. Zum Beispiel auf der Strecke zwischen Frankfurt und Mannheim, der Riedbahn, die wir gerade komplett erneuern. Das wird auch positiv auf das gesamte Netz ausstrahlen, ist aber erst der Anfang. Die Generalsanierung hochbelasteter Strecken läuft bis 2030/ 2031. Das Sanierungsprogramm S3 haben wir aufgesetzt, weil wir mit unserem Programm „Starke Schiene“, bisher weit von dem entfernt sind, was wir uns 2019 vorgenommen hatten. Und zwar in drei Dimensionen: dem Zustand der Infrastruktur, der Qualität und Stabilität des Bahnbetriebs und der Wirtschaftlichkeit.

Woran liegt das?

Wir haben unterschätzt, wie störanfällig die überaltete Infrastruktur ist und wie sehr der Eisenbahnbetrieb dadurch beeinträchtigt wird. Die Corona-Pandemie und die Krisen infolge des Ukrainekriegs haben in den vergangenen Jahren zu zusätzlichem Kostendruck geführt. Mit S3 werden wir wieder zurück auf Kurs kommen. Die Maßnahmen sind aber nicht erst in den vergangenen Wochen entstanden. Vieles davon haben wir schon in den letzten beiden Jahren adressiert. Jetzt legen wir nach und schärfen den Fokus: Wir tun alles, was notwendig ist, um die DB in den drei Dimensionen in den nächsten drei Jahren zu sanieren. Und alles andere lassen wir weg.

Richard Lutz
Richard LutzFelix Kaspar Rosic

Ihre Aufsichtsräte sind von S3 noch nicht überzeugt. Sie vermissen Transparenz und klare Ansagen. Liefern Sie die nach?

Wir haben im Aufsichtsrat sehr konstruktiv über konkrete Maßnahmen und die entsprechenden Kennzahlen diskutiert. Zum Beispiel wollen wir die infrastrukturbedingten Verspätungen um ein Fünftel re­duzieren. Und in der Verwaltung wollen wir den Personalbedarf deutlich verkleinern. All diese Maßnahmen fließen jetzt auch in unsere finanzielle Mittelfristplanung ein. Wir haben uns gemeinsam darauf verständigt, dass wir dem Aufsichtsrat die Details im Dezember präsentieren und der dann über die Mittelfristplanung entscheidet.

Sie haben 2019 schon mal die Trendwende ausgerufen. Was ist jetzt anders?

2019 waren wir alle stolz, dass ab 2020 doppelt so viel Geld in die Infrastruktur investiert wird als noch zu Zeiten der ersten Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung mit dem Bund in den Jahren ab 2009. Wir waren überzeugt, dass wir damit einen signifikanten Sprung nach vorn machen, um das Bestandsnetz zu stabilisieren. Obwohl wir damals schon wussten, dass sich der Sanierungsrückstau in den Jahren 2009 bis 2019 mehr als verdreifacht hatte: Von weniger als 20 Milliarden auf fast 60 Milliarden Euro. Heute beträgt der Rückstau mehr als 90 Milliarden Euro.

Sie wussten also schon damals: Das reicht nicht?

Wir wussten schon damals, dass die In­vestitionen nicht ausreichen würden, um den Sanierungsrückstau in den ersten Jahren zurückzuführen. Das war der eigent­liche Grund, warum die damalige Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung eine Lauf­zeit von 10 Jahren hatte und in der zweiten Hälfte eine weitere Auf­stockung der Mittel angelegt wurde. Und trotzdem haben wir aus Überzeugung gesagt: „Das ist ein signifikanter Fortschritt, wir haben deutlich mehr Geld“. Unsere Pünktlichkeitswerte im Fernverkehr waren damals auch mit 75 Prozent noch viel besser als die 60 bis 65 Prozent heute. Dass uns der Sanierungsstau so stark beeinträchtigt, ist erst zum Jahreswechsel 2021/22 deutlich geworden. Seitdem haben wir umgesteuert. Es war die Geburtsstunde des Gesamtprogramms zur gemeinwohlorientierten Infrastruktur, das im Schulterschluss zwischen Bund, Bahn und gesamter Branche erarbeitet wurde. Seitdem reden wir von einem Zusatzbedarf von mittelfristig 45 Milliarden Euro.

Jetzt sind daraus 27 Milliarden Euro geworden, die bis 2029 zur Verfügung stehen. Das ist doch wieder nicht genug.

Selbst in der aktuellen schwierigen Haushaltsdiskussion stehen in den Jahren 2025 bis 2027 insgesamt 55 Milliarden Euro zur Verfügung – mehr als doppelt so viel wie in den Jahren 2019 bis 2021. Wir haben genug Mittel, um – neben weiteren wich­tigen Maßnahmen – die Sanierung des Bestandsnetzes und der Korridore umzu­setzen. Das wird einen deutlichen Einfluss auf das Störgeschehen in der In­frastruktur und auf den laufenden Betrieb haben. Derzeit ist die Unpünktlichkeit zu rund 80 Prozent auf den Zustand der In­frastruktur zurückzuführen. Deshalb brauchen wir strukturelle Lösungen und müssen die Themen viel fundamentaler, viel radikaler, viel disruptiver angehen, damit es besser wird. Genau das machen wir mit der Generalsanierung, und davon profitiert der gesamte Eisenbahnsektor.

Gilt das auch für das chaotische Baustellenmanagement?

Wir werden unser Baustellensystem komplett umstellen. In Zukunft folgt das Bauen dem Fahrplan. Das wäre noch vor einigen Jahren undenkbar gewesen. Wir schaffen feste Zeiträume, in denen gebaut werden kann und die bereits im Fahrplan berücksichtigt sind. Der überwiegende Teil dessen, was an Instand­haltungs- und Investitionsaktivitäten nötig ist, muss dann in diesen Zeitfenstern geschehen. Der Fahrplan bleibt stabil. Die Anzahl der Züge, die von ungeplanten Baustellen betroffen sind, geht damit signifikant zurück.

Können sich die Kunden noch auf den Fahrplan verlassen?

Mit dem neuen, vertakteten Bausystem, das wir bis 2027 sukzessive ausrollen, werden sie es wieder können, weil die Baustellen dann schon zu einem hohen Anteil im Fahrplan integriert sind.

Aber immer häufiger fallen Züge einfach aus. Dann bekommt man eine schmucklose E-Mail mit dem Hinweis, dass der Zug ausfällt und die Reservierungen verfallen. Man kann kostenpflichtig eine neue buchen. Wäre ja im Zeitalter der Digitalisierung auch denkbar, dass man direkt einen anderen Zug mit einer Reservierung angeboten bekommt. Warum läuft das so?

Bereits heute wird ein Teil der Reservierungen automatisch umgebucht, zum Beispiel wenn ein Ersatzzug fährt. Aber in der Tat: Unser Ziel ist es, dass Kunden die Information über Zugausfälle nicht erst dann bekommen, wenn sie auf dem Bahnsteig stehen, sondern dann, wenn wir den Ausfall einigermaßen sicher prognostizieren können und der Kunde auf dieser Basis eine selbstbestimmte Entscheidung über seine Reise treffen kann. Im Idealfall werden dann Alternativen angeboten, samt Sitzplatzreservierung. Solche Fragen besprechen wir auch mit dem Kundenbeirat: Was würdet ihr von uns erwarten? Wir haben mit dem neuen DB Navigator einen großen Schritt nach vorn gemacht. Aber wir wissen auch, dass viele Kunden mit den Informationen nicht zufrieden sind. Daran arbeiten wir.

Wie ist der Stand bei der Riedbahnsanierung: Sind Sie im Zeit- und Kostenplan?

Sowohl als auch. Die Generalsanierung ist voll im Plan. Und nicht nur das: Da herrscht eine wahnsinnig positive Stimmung sowohl auf der Baustelle als auch beim Ersatzverkehr. Die Kolleginnen und Kollegen freuen sich, dass wir die Dinge endlich anpacken. Die Riedbahn ist ja schon seit vielen Jahren ein Ärgernis, nicht nur für die Kunden und die Züge, die dort fahren, sondern auch für die Menschen bei der Bahn. Obwohl die Generalsanierung in nur fünf Monaten wirklich anstrengend und herausfordernd ist, sind die Teams hochmotiviert, voller Energie und haben wirklich Lust auf die Veränderung. Übrigens hat sich auch schon jetzt das Störgeschehen deutlich reduziert. Die Umleitung und der Ersatzverkehr laufen wirklich gut.

Wie hoch ist denn die Pünktlichkeit auf den Umleitungsstrecken?

Wir haben im Durchschnitt zweistellige Prozentzahlen an Pünktlichkeitsverbesserungen auf den Umleitungen. Das ist ausgesprochen positiv. Das liegt auch daran, dass wir die Kapazität auf den Umleitungsstrecken begrenzt haben, und zwar auf unter 110 Prozent. Das ist an vielen Stellen im Streckennetz im Moment nicht so.

Sie sagen immer wieder: Das Netz ist zu voll. Wir würden vermuten: Das lässt sich doch aber am einfachsten ändern?

Anders als etwa in der Schweiz liegt die Auslastung auf hochbelasteten Strecken und Knoten teilweise bei mehr als 125 Prozent. Dabei sagen uns die Experten, dass bei solchen Auslastungen die Gefahr von Staus und Verspätungen signifikant steigt und die Betriebsqualität leidet. Bei mehr als 125 Prozent Auslastung im Fahrplan sind wir bei ungeplanten Baustellen schnell im kritischen Bereich, weil wir auf der Strecke keine Erholungsmöglichkeiten haben. Auch in vielen Knoten kommt es ständig zu Staus und Überlastungen.

Und das lässt sich nicht ändern?

Die DB InfraGo will bei den Konstruktionsregeln für den Fahrplan mehr Pufferzeiten zwischen benachbarten Trassen einführen. Das würde die Betriebsqualität verbessern, aber auf den betroffenen Strecken die Kapazität reduzieren. Aus Sicht des Gesamtsystems ist das aber sinnvoll. Die Schweizer sind da übrigens viel rigoroser bei der Bewachung der Betriebsqualität. In Deutschland können wir uns der Überlastung aufgrund der bestehenden Regelwerke schwer entziehen.

Als Kunde würden wir ganz naiv fordern: Dann fahrt eben weniger, aber das wenigstens pünktlich.

Das haben wir im vergangenen Jahr versucht: Der Fernverkehr hat bewusst auf pünktlichkeitskritischen Linien einzelne Züge gestrichen, um das Gesamtsystem zu entlasten.

Hat das funktioniert?

Nein, leider nicht. Der Fernverkehr hat am Schluss einen dreistelligen Millionenbetrag an Umsätzen verloren. Die Qua­lität hat sich nicht signifikant verbessert, weil der Fernverkehr letztlich nur einen Anteil von rund 15 Prozent an allen Trassenkilometern am Netz hat und die Trassen dann von anderen belegt werden. Der Wirkhebel ist einfach zu klein.

Aber Herr Lutz, wer entscheidet so einen Quatsch?

Das liegt am System, wie in Deutschland Fahrpläne konstruiert und Trassen ver­geben werden. Dieser Bereich ist reguliert und primär darauf ausgerichtet, möglichst viel Zugfahren zu ermöglich. Die DB InfraGo hat wenig Instrumente, um die Auslastung so zu reduzieren, dass Stabilität und Qualität sichergestellt werden. Weil wir aus Sicht des integrierten Konzerns das Gesamtsystem im Blick haben, machen wir verkehrlich und betrieblich alles, was möglich ist: auf freiwilliger Basis im DB Fernverkehr und im Nah­verkehr im Rahmen der Trassenan­meldung und in enger Abstimmung mit den Auf­gabenträgern. Letzteres ist vor allem in den Knoten wichtig, weil 90 Prozent der Belastung vom Nahverkehr ausgehen.

Sie müssten also die Trassen kaufen und dann keine Züge fahren lassen? Aber das kann es ja auch nicht sein.

Die DB InfraGo ist gerade mit der Bundesnetzagentur in Gesprächen über größere Puffer im System. Perspektivisch braucht die DB InfraGo für Konstruktionsprinzipien und Kapazitätszuweisung mehr Instrumente. Der Umleitungsverkehr auf der Riedbahn läuft deshalb so stabil, weil wir gemeinsam mit der Re­gulierungsbehörde ein neues Instrument entwickelt haben, um während der Generalsanierung auf den Umleitungsstrecken stärker begrenzen zu dürfen. Ein Erfolg. Es muss daher im Sektor auf die Tagesordnung, weil es im Interesse aller ist, wenn sich Stabilität und Zuverlässigkeit des Eisenbahnbetriebs erhöhen.

Müssten Sie nicht mal die Forderungen laut stellen: Es müssten insgesamt weniger Züge in Deutschland fahren!

Nein, nicht generell und flächendeckend. Es gibt viele Stellen mit freien Kapazitäten. Aber in den Knoten wie Frankfurt, München oder Köln und auf den überlasteten Strecken wäre es sinnvoll, das Gesamtsystem zu entlasten. Die Verkehrsmenge ist gerade im Engpassnetz in den letzten Jahren weiter gestiegen, und wir sehen, dass Staus und Verspätungen exponentiell zugenommen haben. Die Pünktlichkeit innerhalb der überlasteten Knoten hat sich in den letzten Jahren sogar deutlich schlechter entwickelt als im Gesamtnetz. Es gibt viele Maßnahmen, die wir selbst ergreifen können und die Teil des S3-Programms im Bereich Sanierung Betrieb sind. Aber es gibt auch Themen, die wir in einer branchenweiten, politischen und regulatorischen Diskussion klären müssen: Was machen wir mit knappen Kapazitäten, und wie werden sie vergeben? Denn eins ist klar: Knappe Kapazitäten werden wir in den nächsten Jahren immer haben.

Ein Punkt, um das Netz optimal zu nutzen, ist, moderne Stellwerke zu bauen und nicht die alten aus der Kaiserzeit noch weiter zu betreiben. Jetzt müssen Sie an der Digitalisierung sparen. Was sind die Folgen für den Netzbetrieb?

Natürlich ersetzen wir die alten Stellwerke. Da gibt es auch kein Vertun. Im Rahmen von S3 planen wir mit dem Bund sogar ein Sofortprogramm, um 200 Altstellwerke zu erneuern. Da kommen elektro­nische Stellwerke hin, mit der neuesten Technik, die es für Stellwerke aktuell gibt. Und diese Stellwerke können wir später auch digitalisieren.

Sie haben eingangs gesagt, dass Sie sich fokussieren müssen und einige Dinge nicht mehr verfolgen können. Was müssen Sie streichen?

Was ich in der Diskussion immer ein wenig befremdlich finde: Wir haben jetzt Mittel in Höhe von 18 Milliarden Euro für Investitionen in die Schiene im Bundeshaushalt. Das ist das mit Abstand höchste Budget, das in der Bundesrepublik jemals in die Bahn investiert wurde. Ich habe Zeiten nach der Bahnreform erlebt, da standen im Bundeshaushalt nur rund vier Milliarden Euro. Denn eines der Ziele der Bahnreform war auch, den Bundeshaushalt zu entlasten. Jetzt hat die Ampel­koalition die nötigen Mittel bereitgestellt, um das Bestandsnetz, inklusive Bahnhöfe, in den nächsten drei Jahren von Grund auf zu sanieren. Wir haben auch Budgets in Rekordhöhe für den Neu- und Ausbau und für die Digitalisierung. Das bedeutet, dass wir viele wichtige Projekte weiterplanen und weiterbauen. Und dann gibt es Projekte, die wir mit den geplanten Budgets vielleicht nicht so schnell bauen können wie gedacht.

Zum Beispiel den Fernbahntunnel Frankfurt?

Ja, den hätte ich gern, aber der ist ja noch in einer sehr frühen Planungsphase. Der kommt ohnehin erst im Jahr 2040, ob drei Jahre früher oder später, macht angesichts der notwendigen Bestandssanierung in den nächsten Jahren wirklich keinen Unterschied.

Der ist also nicht Ihre erste Sorge?

Nein, es gibt im Moment wichtigere Dinge, die eine höhere Priorität genießen. Da muss niemand von Streichlisten oder Kahlschlägen sprechen. Wir machen so viel, wie wir im Rahmen der Haushalts­linie können, und das ist ein Vielfaches mehr, als jemals in die Schiene investiert wurde. Und die Projekte, die wir jetzt noch nicht umsetzen können, setzen wir später um. Es wird nichts gestrichen, allenfalls gestreckt. Wichtig ist: Die schlechte Infrastruktur hindert uns und viele andere Verkehrsunternehmen derzeit daran, wirtschaftlich erfolgreich zu sein, deshalb hängt alles mit allem zu­sammen. Allein im Fernverkehr sind zwei Drittel der Umsatzeinbußen auf Unpünktlichkeit und ungeplante Baustellen zurückzuführen. Und im Nahverkehr zahlen die Verkehrsunternehmen einen hohen dreistelligen Millionenbetrag an die Aufgabenträger als Strafen wegen Unpünktlichkeit, Zugausfällen und betrieb­licher Themen. Unwirtschaftlicher als im Moment könnte die Situation nicht sein. Deshalb gehen wir die Sanierung der In­frastruktur und des Betriebs jetzt in aller Klarheit, Disziplin und Konsequenz an und steigern gleichzeitig die Effizienz. Wir modernisieren, digitalisieren und au­tomatisieren unsere Prozesse und stellen uns schlanker im integrierten Konzern auf.

Treibt Ihnen das auch Schweißperlen auf die Stirn, wenn es um Ihr persönliches berufliches Schicksal geht?

Nein. Mir war immer klar, dass ich in meiner Funktion als Bahnchef der Kristallisationspunkt für vieles bin, was da draußen gerade nicht gut läuft und dessen Ursachen weit in der Vergangenheit und jenseits des Managements der Bahn liegen. Das muss man akzeptieren, sonst kann man den Job nicht machen. Ich bin als Betriebswirt zur Bahn gekommen, weil ich einen Beitrag dazu leisten wollte, Ökologie und Ökonomie miteinander zu verzahnen. In den letzten drei Jahrzehnten habe ich keinen Tag bereut, an dem ich für die DB arbeiten durfte.

Gehen Sie denn immer noch mit Spaß jeden Morgen zur Arbeit?

Absolut! Denn wir sind mitten im Machen und Umsetzen, damit es besser wird. Und ich habe eine Mannschaft, die sagt: Lasst uns jetzt die Ärmel hochkrempeln und was machen. Wenn ich mal schlecht gelaunt bin, fahre ich zur Riedbahn. Da erlebe ich genau den Bahner-Spirit, den wir auch jeden Tag im Bahnbetrieb er­leben und auf den ich wirklich stolz bin. Die Kollegen dort gehen mit extrem positiver Energie an die Arbeit und sagen: Endlich wird etwas getan. Natürlich kann man jetzt Schuldige suchen. Auch ich selbst denke mit dem Wissen von heute manchmal: Hätten wir damals mal stärker auf den Tisch gehauen. Aber gerade, weil wir diese Erfahrung gemacht haben, können wir daraus lernen, klar Position beziehen und für das Richtige kämpfen. Dazu gehört auch, dass wir Probleme sehr viel früher, sehr viel radikaler, fundamentaler und disruptiver angehen.

Müssen jetzt nicht mal andere Leute ran?

Darüber denke ich nicht nach, weil es ja ohnehin nicht meine Entscheidung wäre. Ich kann nur für mich sprechen und sagen, dass ich mit aller Energie und Überzeugung meinen Beitrag leisten werde, damit wir in den nächsten drei Jahren wieder die Leistungsfähigkeit zurückgewinnen, die unsere Kunden und auch un­sere Mitarbeitenden verdient haben.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing will Sie dabei wesentlich genauer kon­trollieren. Ist das gut oder schlecht?

Das ist völlig nachvollziehbar. Herr Wis­sing hat in den vergangenen zweieinhalb Jahren in schwierigen Zeiten der Haushaltskonsolidierung für das System Ei­sen­bahn gekämpft wie kaum einer vor ihm. Da ist es verständlich, dass er genau wie der Aufsichtsrat Erfolge sehen will. Die Zusammenarbeit mit ihm war von Anfang an sehr eng und verbindlich, immer sach- und zielorientiert. Er ist sicherlich eine Ausnahmeerscheinung in der Klarheit und in dem Anspruch, den er formuliert, aber auch in der Wertschätzung, die er dem Team entgegenbringt. Er war bereits mehrfach auf der Riedbahn und hat sich im Detail mit der General­sanierung beschäftigt. Das Team ist total begeistert von ihm, und ich finde das klasse.