„Bloodbath Nation“ von Paul Auster: Land jener Freiheit, Land jener Blutbäder
Bekannt geworden ist Paul Auster wie Verfasser großartiger Romane, allen vorwärts jener New-York-Trilogie. Zwischendurch schrieb er Drehbücher zu Gunsten von Filme wie Smoke oder Blue in the Face und mischte sich mit Essays ins aktuelle literarische und politische Geschehen ein. Es gab zwei Motive zu Gunsten von Paul Auster, nun ein Buch verbleibend die grassierende Waffengewalt in den USA zu schreiben. Eine ganz konkrete Waffe hat dasjenige Leben von Paul Austers Vater ruiniert. Und zwar die, mit jener am 23. Januar 1919 seine Großmutter ihren Mann, Pauls Großvater, erschoss. Nicht nur wuchsen die Kinder ohne Vater uff, sie lebten nebensächlich noch mit dem Wissen, dass ihre Mutter ihn getötet hatte. Bemerkenswert ist an diesem Fall, dass eine Frau die Täterin war. Bei Gewaltdelikten insgesamt darstellen Frauen die Ausnahme, wohnhaft bei Amoktaten spielen sie praktisch keine Rolle.
Die allermeisten Massenmorde werden von jungen Männern verübt, manchmal nebensächlich von Männern mittleren Alters. Diese Männer nach sich ziehen eines verbinden: Sie sind untröstlich. Es ist, wie könnten sie ihre Gesellschaftlichkeit nur noch tödlich herstellen, während sie in ihren Untergang möglichst viele Menschen mit hineinreißen. Das zweite Motiv ist insofern Austers Sorge um den Zustand seines Landes, in dem welche Gewalt endemisch ist. Im heutigen Amerika kommen Jahr zu Gunsten von Jahr ungefähr 40.000 Menschen durch Schussverletzungen ums Leben, ungefähr so viel wie wohnhaft bei Autounfällen. „Ein Scharfschützengewehr und ein zwei Tonnen schwerer Chevy, jener mit hundert Stundenkilometern oder mehr den Highway runterdonnert: Beides sind tödliche Waffen.“ Autos und Schusswaffen sind die zwei tragenden Säulen eines amerikanischen Mythos, denn Auto und Schusswaffe stillstehen jedwederlei zu Gunsten von Freiheit und individuelle Ermächtigung. Gaspedal und Revolverabzug scheinen die einzigen Hebel zu sein, verbleibend die die Menschen irgendetwas vermögen. Es gibt immer mehr innerlich abgestorbene Psychopathen, die mit einem Gewehr uff namenlose Fremde schießen. Dass die Opfer meist zufällig gewählt werden, heißt nicht, dass die Taten spontan und im Affekt geschehen. Im Gegenteil: Sie werden haarspalterisch geplant, oft monatelang vorbereitet und kaltblütig umgesetzt.
In den USA ereignet sich ungefähr ein Amoklauf pro Tag. Man ist dasjenige Gemetzel dermaßen gewohnt, dass die meisten keine Notiz mehr davon nehmen. Auster listet die spektakulärsten Fälle jener jüngeren Geschichte uff, solange bis hin zu einem im texanischen Sutherland Springs, in dem „ein Böser mit einer Schusswaffe von einem Guten mit Schusswaffe“ gestoppt wurde. Auster schließt sofort die Frage an: „Wenn zu viele Unheilvoll mit Schusswaffen dasjenige Problem sind, wäre es nicht klüger, ihnen welche Waffen abzunehmen, statt die sogenannten Guten, die in vielen, wenn nicht den meisten Fällen so gut keiner sind, nebensächlich noch zu bewaffnen – wäre dasjenige nicht die Problemlösung des Problems? Wenn die Bösen keine Schusswaffen hätten, zu welchem Zweck würden die Guten dann welche erfordern?“ Illustriert wird jener nihilistische Horror des Amoks durch Schwarz-Weiß-Fotografien, die Austers Schwiegersohn Spencer Ostrander von menschenleeren Tatorten gemacht hat.
Austers zentrale Frage lautet: Warum wird gegen den waffenstarrenden Wahnsinn außer gelegentlichen Lippenbekenntnissen nichts unternommen? Der Verweis uff die mächtige Lobbyorganisation jener Waffenindustrie reicht ihm wie Erklärung nicht aus. Es ist ein bestimmtes gesellschaftliches Klima, dasjenige die Gewalt treibhausmäßig fördert. Auster nennt wie Ursachen die vom Neoliberalismus seitdem den 1970ern betriebene Deregulierung jener Wirtschaft, die im Zuge dessen vertiefte Kluft zwischen Arm und Reich, die unaufgearbeitete Gewaltgeschichte jener USA und den Hass, jener in den Treibhäusern jener sozialen Medien geschürt wird. Insofern wir den neoliberalen Alltag ertragen und mithelfen, Gewalt und Unterdrückung tagtäglich zu reproduzieren, finden wir uns allesamt am Ende unseres eigenen Gewehrlaufs wieder.
Auster schließt seine Betrachtungen mit jener nebensächlich zu Gunsten von unsrige Anti-AfD-Demonstrationen interessanten Frage, ob es sich wohnhaft bei den Solidaritätsdemos nachdem dem Tod von George Floyd um zusammenführen echten Wandel im Klima Amerikas oder bloß um eine zeitweilig aufreißende Lücke in den Wolken handelt. Es leben im selben Amerika zeitgleich die mutige 17-Jährige, die den Mord an George Floyd filmt und damit jener ganzen Welt vor Augen führt, und jener 17-Jährige, jener mit seinem Gewehr in einer Kleinstadt in Wisconsin auftaucht und zwei Demonstranten erschießt, die gegen die Schüsse uff zusammenführen unbewaffneten Schwarzen Widerspruch erheben. Auster fragt, wem von beiden die Zukunft in Besitz sein von wird – oder ob die Welt bleibt, wie sie ist, und die Zukunft beiden gehört.
Bloodbath Nation Paul Auster Werner Schmitz (Übers.), Rowohlt 2024, 192 Schwefel., 26 €