Bernhard Schlink: „Fridays for Future bringt es nicht“

DIE ZEIT: Herr Schlink, wir sitzen hier am Berliner Bebelplatz und schauen hinüber zur Humboldt-Universität, wo Sie einige Jahre als Juraprofessor lehrten …

Bernhard Schlink: Von 1990 bis 2008. Ich kam gleich nach der Öffnung der Mauer, zunächst als Gastprofessor. Was für eine große Zeit! Wir dachten tatsächlich, wir könnten Deutschland noch mal neu erfinden.

ZEIT: Was genau wollten Sie anders machen?

Schlink: An der Humboldt-Universität angekommen, wurde ich in die Expertengruppe des Runden Tischs „Neue Verfassung der DDR“ eingeladen. Die DDR wollte sich in einer neuen Verfassung ihrer Erfahrungen und Hoffnungen vergewissern, um sie in das vereinigte Deutschland einzubringen. Nachdem die Entwicklung darüber hinweggegangen war, dachten wir, wir könnten immerhin die Humboldt-Universität neu erfinden. Unter anderem wollten wir, dass jeder Professor vom ersten Semester an für eine Gruppe von Studenten Ansprechpartner ist und sie durch ihr Studium begleitet, dass Professoren und nicht Repetitoren die Studenten aufs Examen vorbereiten, dass jeder Student eine Aufgabe an der Universität übernimmt, dass Universität in gemeinsamer Verantwortung gelebt und gestaltet wird. Auch darüber ist die Entwicklung hinweggegangen.