Afghanistan: Grünenpolitiker und Pro Asyl kritisieren geplante Abschiebungen

Grünenpolitiker und die Hilfsorganisation Pro Asyl warnen vor der geplanten Abschiebung von straffälligen Ausreisepflichtigen aus Deutschland nach Afghanistan. „Die Taliban haben in Afghanistan seit 2021 ein menschenverachtendes Regime errichtet, unter dem besonders Frauen und Kinder leiden“, sagte die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg (Grüne), der taz vom Freitag. „Jede Ausweisung und jede Abschiebung nach Afghanistan erfordert eine Zusammenarbeit mit diesem islamistischen Terrorregime und damit quasi eine Anerkennung der Taliban. Dies wäre aus meiner Sicht ein großer Fehler.“

Auch der Bundestagsabgeordnete Julian Pahlke (Grüne) bezeichnete die Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), als Konsequenz aus der tödlichen Messerattacke von Mannheim die Abschiebung von Schwerstkriminellen nach Afghanistan und Syrien wieder zu ermöglichen, als „realitätsfremd“ und juristisch nicht umsetzbar. Der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) habe nach der Talibanmachtübernahme 2021 Abschiebungen nach Afghanistan ausgesetzt, weil Gerichte sie sonst gekippt hätten, sagte Pahlke der taz.

Auch Pro-Asyl-Geschäftsführer Karl Kopp bezeichnete die Pläne als rechtswidrig. „Das Völkerrecht verbietet ganz eindeutig jegliche Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien“, sagte er der Augsburger Allgemeinen. „Denn in beiden Ländern drohen Folter und unmenschliche Strafen.“ Dies betonten auch die Vereinten Nationen immer wieder.

Pro Asyl: „Bundesregierung muss auf Mittel des Rechtsstaats setzen“

„Die Tat von Mannheim hat uns alle schockiert, aber dennoch darf die Bundesregierung das Völkerrecht nicht unterlaufen, sondern muss auf die Mittel des deutschen Rechtsstaates setzen“, sagte Kopp. „Das Folterverbot gilt absolut und für jeden – auch für Straftäter. Dieser wichtige Grundsatz darf nicht ausgehöhlt werden.“

Bundeskanzler Scholz hatte am Donnerstag als Konsequenz aus der tödlichen Messerattacke gegen einen Polizisten in Mannheim vorgeschlagen, die Abschiebung von Schwerstkriminellen nach Afghanistan und Syrien wieder zu ermöglichen. „Solche Straftäter gehören abgeschoben – auch wenn sie aus Syrien und Afghanistan stammen“, sagte er im Bundestag. „Schwerstkriminelle und terroristische Gefährder haben hier nichts verloren.“ Wie genau er das ermöglichen will, sagte er in seiner Regierungserklärung noch nicht. Das Bundesinnenministerium arbeite an der praktischen Umsetzung und sei bereits mit den Nachbarländern Afghanistans im Gespräch.

Ein Afghane hatte am vergangenen Freitag in Mannheim fünf Teilnehmer einer Kundgebung der islamkritischen Bewegung Pax Europa sowie einen Polizisten mit einem Messer verletzt. Der Beamte erlag später seinen Verletzungen. Der Abschiebestopp für Afghanistan gilt seit der Machtübernahme der radikal-islamistischen Taliban in Kabul im August 2021.