Energiewende: Bundesnetzagentur genehmigt bundesweites Kernnetz z. Hd. Wasserstoff

Das Kernnetz für die
geplante Verteilung von Wasserstoff in Deutschland kann gebaut
werden. Die Bundesnetzagentur hat das von den Fernleitungsbetreibern vorgeschlagene Wasserstoff-Kernnetz genehmigt. Damit ist der Startpunkt für den Aufbau einer deutschlandweiten Wasserstoffinfrastruktur gegeben, wie der Präsident der Bundesnetzagentur Klaus Müller und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mitteilten. 

Bis 2032 sollen demnach mehr als 9.000 Kilometer an Leitungen entstehen. Damit wird das Kernnetz deutlich kleiner ausfallen als zunächst
angenommen. Mehr als 600 Kilometer strich die Bundesnetzagentur aus dem
ursprünglichen Plan heraus. Müller begründete
das mit dem Abbau von „Redundanzen“ und Anbindungsleitungen, die im Kernnetz nicht
gebraucht würden. Die Bundesnetzagentur erwartet Investitionskosten von 18,9 Milliarden Euro.

60 Prozent des Kernnetzes sollen aus bereits bestehenden Gasleitungen entstehen, die auf Wasserstoff umgestellt werden. Zudem wird das Netz alle 16 Bundesländer verbinden und 13 Knotenpunkte an den deutschen
Grenzen für den Import haben.

Investitionskosten sollen nicht voll auf die Nutzer umgelegt werden

Mit dem nun genehmigten Kernnetz sollen zunächst „zentrale Wasserstoff-Standorte miteinander verbunden“ werden, wie das Bundeswirtschaftsministerium mitteilte. Dazu gehörten etwa große Industriezentren, Speicher und Kraftwerke. „Bereits im kommenden Jahr werden erste Wasserstoffleitungen des Kernnetzes in Betrieb gehen“, sagte Habeck. Das Wasserstoffnetz sei ein „zentraler Baustein“ der Energiewende. 

Das Netz soll von der Privatwirtschaft gebaut und betrieben und über die Entgelte der Nutzerinnen und Nutzer finanziert werden. „Da es jedoch am Anfang relativ wenige Abnehmer geben wird, können die
Investitionskosten nicht voll auf die Nutzer umgelegt werden – daher
werden die Netzentgelte gedeckelt“, teilte das
Bundeswirtschaftsministerium mit. Ein sogenanntes Amortisationskonto soll
dafür sorgen, dass geringe Einnahmen in der ersten Phase später durch
höhere Einnahmen ausgeglichen werden.

2032 soll die Einspeiseleistung den Angaben nach 101 Gigawatt
betragen. Damit wäre das Netz dem sächsischen Wirtschaftsministerium
zufolge das „größte und leistungsstärkste Wasserstoff-Pipelinesystem der Welt“. Alle zwei Jahre soll es zudem überprüft und weiterentwickelt werden.

Das Projekt hat eine große Bedeutung für die Energieversorgung in Deutschland. Auf Wasserstoff ruhen große Hoffnungen als klimafreundlicher Alternative zu fossilen Brennstoffen wie Öl und Gas. Das Wasserstoffkernnetz soll die wichtigsten Leitungen der künftigen Wasserstofftransport- und -importinfrastruktur umfassen. Habeck verglich das Projekt mit den Autobahnen im Straßennetz.

Kritik kommt von der Union

Nach Angaben der Vereinigung der Fernleitungsnetzbetreiber soll das Netz jährlich bis zu 278 Terawattstunden an Energie in Form von Wasserstoff transportieren können. Das entspreche einem Drittel des heutigen Erdgasverbrauchs, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Vereinigung, Ralph Bahke.

Die Deutsche Energie-Agentur (Dena) bezeichnete die Genehmigung als „richtungsweisend“. „Dass Wasserstoff
zur Erreichung der Klimaziele Deutschlands ein essenzieller
Energieträger sein wird, ist unumstritten“, teilte die Vorsitzende der
Dena-Geschäftsführung, Corinna Enders, mit. 

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) gab zu bedenken, dass das Kernnetz allein nicht ausreichen werde, um viele Unternehmen aus Industrie und Mittelstand anzuschließen, die künftig auch auf gasförmige Energieträger angewiesen sein würden. Dafür brauche es dringend Verteilnetze, sagte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing.

Kritik kommt auch von der Opposition im Bundestag: Die Union sieht in der Struktur des Kernnetzes südliche Regionen wie große Teile
Baden-Württembergs und Bayerns benachteiligt. CDU-Energiepolitiker Andreas Jung
beklagte eine „Nord-Süd-Schieflage“ und sprach von einem „Tiefschlag
gegen den Süden“, der so nicht hingenommen werden könne. „Weite Teile
Baden-Württembergs werden schlicht abgehängt“, sagte Jung.