Zukunft dieser Arbeit: Weniger Videokonferenzen, mehr künstliche Intelligenz
Ausgerechnet das „Zusammengehörigkeitsgefühl“ muss als Grund herhalten: Andy Jassy, Chef des US-Digitalkonzerns Amazon, hat seinen Mitarbeitern per E-Mail das Ende des Homeoffice angeordnet. Ab Januar müssen weltweit mehr als 350.000 Menschen wieder an allen fünf Arbeitstagen im Büro antanzen – eben weil das Zusammengehörigkeitsgefühl leide, wenn die Kolleg:innen sich nur als Kachel auf dem Computer austauschen. Betroffen sind die Mitarbeiter der Verwaltung, auch in Deutschland.
Gibt es ein Recht auf Homeoffice? Ob ein Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten darf, liegt im deutschen Arbeitsrecht prinzipiell in der Entscheidungsgewalt des Arbeitgebers. Manchmal allerdings gibt es dazu Passagen im Tarifvertrag oder eine entsprechende Betriebsvereinbarung. Zudem weisen neuere Arbeitsverträge oftmals Vereinbarungen zum Homeoffice aus. Nicht berechtigt ist ein Arbeitgeber, eine Tätigkeit von zu Hause aus anzuordnen. Homeoffice ist also „kann“, kein muss und keinesfalls ein Zwang.
Eine Studie des ifo-Instituts sieht die Homeoffice-Quote in Deutschland stabil. Demnach arbeiten seit knapp zwei Jahren ein Viertel der Beschäftigten von zu Hause aus. Das Institut geht davon aus, dass dies so bleibt, weshalb die Nachfrage nach Büroflächen bis zum Jahr 2030 um etwa 12 Prozent sinkt. Allerdings gibt es auch bei anderen Firmen hierzulande neuerdings Versuche, Homeoffice einzuschränken. Die Deutsche Bank forderte Führungskräfte beispielsweise auf, wieder mindestens vier Tage wöchentlich ins Büro zu kommen. Ähnliche Vorstöße gab es beim Softwarekonzern SAP oder bei Volkswagen. Elon Musk stellte seinem Führungspersonal im Sommer 2022 gar ein Ultimatum: Wer nicht für 40 Stunden wöchentlich ins Büro zurückkommt, wird gekündigt.
15 Prozent arbeiten „papierlos“
Bei einer Mehrzahl der deutschen Unternehmen schreitet die Digitalisierung weiter voran, wie der „Digital Office Index 2024“ ergab: Vier von fünf Unternehmen verfolgen demnach mittlerweile eine Digitalstrategie, 15 Prozent der vom Branchenverband Bitkom befragten 1.100 Firmen arbeiten demnach komplett papierlos. Das sind fast doppelt so viele wie bei der letzten Bitkom-Umfrage aus dem Jahr 2022. Vier von zehn Firmen gaben an, „überwiegend“ papierlos zu arbeiten.
Obwohl die Firmen ihre Bereiche Finanz- und Rechnungswesen im Vergleich zur letzten Erhebung deutlich stärker digitalisiert haben, bleibt die sogenannte E-Rechnung ein Problem: Bei dieser Geschäftspraxis werden die Rechnungsinformationen elektronisch übermittelt, automatisiert empfangen und weiterverarbeitet. Ausstellen können solche E-Rechnungen bislang aber erst 55 Prozent der befragten Unternehmen, lediglich 45 Prozent besitzen derzeit die Möglichkeit, solche zu empfangen. Insbesondere kleine und mittelständische Firmen hinken hinterher. Gesetzlich sind alle Unternehmen verpflichtet, ab Januar 2025 diesen – fachdeutsch – „B2B“ genannten Handel anzubieten, allerdings gibt es Übergangsfristen.
Größtes Hindernis bei der Einführung wie auch bei der Umsetzung ihrer Digitalstrategie sind fehlende Fachkräfte und die Kosten: Drei Viertel der befragten Firmen nannten dies. Allerdings ist die deutsche Industrie nicht gleichmäßig betroffen. „Je größer das Unternehmen ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich digital strategisch aufstellt im ganzen Haus“, erklärt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder.
Die Zahl der Videokonferenzen geht zurück
Corona hatte die Digitalisierung und das Arbeiten von zu Hause deutlich beschleunigt. Auf welches Niveau dies zurückgegangen ist, lässt sich etwa aus der Zahl der Videokonferenzen ablesen. „Im Jahr 2022 benutzten 72 Prozent der befragten Unternehmen Videokonferenzen“, so Bitkom-Chef Rohleder, „jetzt sind es noch 65 Prozent.“ Daraus lasse sich ableiten, dass diese Form der innerbetrieblichen Kommunikation für einige Firmen nur eine Notlösung war.
Das größte Wachstum verzeichnete die Branchenumfrage beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). Deren Einsatz hat sich demnach in der Prozessautomatisierung seit 2022 auf 16 Prozent verfünffacht. „In einigen Jahren wird KI aus den Büros nicht mehr wegzudenken sein“, urteilte Rohleder. KI werde die Mitarbeiter vor allem von Routinearbeiten entlasten.