Zu wenig Geld: Frankfurter Gründerpreis fällt 2024 aus
Das Foto im Frankfurter Römer zeigt fröhliche Gesichter. Kein Wunder, schließlich hatten vor allen Dingen die Gründer, die auf dem Bild zu sehen sind, Anlass zur Freude, wurden sie doch kurz zuvor zu Gewinnern des Frankfurter Gründerpreises gewählt. Neben dem Preisgeld – der Sieger bekommt 30.000 Euro, die dahinter liegenden Start-ups 10.000 oder 7500 Euro – ist auch das mit dem Preis zusammenhängende Renommee für die jungen Unternehmen von Bedeutung.
Doch in diesem Jahr fällt der Gründerpreis, der 2001 zum ersten Mal ausgelobt wurde, aus, wie Wirtschaftsdezernentin Stephanie Wüst (FDP) im Frankfurter Wirtschaftsausschuss am Dienstagabend und auch gegenüber der F.A.Z. mitteilte. Als Grund dafür gibt Wüst finanzielle Aspekte an, verweist aber auch darauf, die einjährige Pause nutzen zu wollen, die aus ihrer Sicht dringend nötige Erneuerung des Preises voranzutreiben.
Es mangelt an Geld
Finanziell lebt die Wirtschaftsförderung Frankfurt, die den Gründerpreis organisiert, von einem städtischen Zuschuss, der laut Wüst sechs Millionen Euro beträgt. Doch weil dieser Zuschuss seit 2019 unverändert sei, dagegen Kosten für Gehälter in der städtischen Gesellschaft, aber auch sonstige Ausgaben durch die Inflation gestiegen seien, habe man seitdem immer wieder Projekte der Wirtschaftsförderung streichen müssen.
Wüst spricht von jährlich höheren Kosten von rund 200.000 Euro, die an anderer Stelle hätten gespart werden müssen. Um die Lücke zu schließen, soll die Wirtschaftsförderung zwar mehr Geld bekommen, es geht laut Wüst um 1,5 Millionen Euro im Jahr; diese stehen jedoch erst zur Verfügung, wenn der noch nicht einmal beschlossene Haushalt genehmigt ist. Das wird voraussichtlich erst kurz vor dem Jahresende der Fall sein. Deshalb hat sich Wüst entschlossen, in diesem Jahr den Gründerpreis auszusetzen.
CDU nennt Ausfall “peinlich“
Der Opposition im Frankfurter Römer gefällt das nicht. Die wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion im Römer, Veronica Fabricius, spricht von einem Imageschaden für Frankfurt. „Die Stadt will mit Berlin und München als cooler Ort für Start-ups konkurrieren und behält mit dem Preis nicht einmal das bei, was sie bisher anzubieten hat.“ Das sei peinlich, gerade, weil es um eine junge, zukunftsweisende Szene gehe.
Fabricius kritisiert außerdem, dass die Vergabe in diesem Jahr „sang- und klanglos“ ausfalle und erst auf ihre Nachfrage im Wirtschaftsausschuss hin bekannt geworden sei. Für die Gründer sei der seit 2001 vergebene Preis mit feierlicher Verleihung im Kaisersaal immer auch eine Bühne gewesen, um neue Geschäftsideen vorstellen und ihr Unternehmen präsentieren zu können. Die Jury habe sich zuvor an Ort und Stelle im Detail mit den Vorschlägen befasst. Das alles fehle nun dieses Jahr.
Wüst will Gründerpreis stärken
Dass es am Geld scheitere, lässt die CDU-Stadtverordnete nicht gelten. „Die Stadt hat mit mehr als drei Milliarden Euro so viel eingenommen wie noch nie.“ Ohne gültigen Haushalt könne man zwar nichts Neues beginnen, aber hier gehe es um eine etablierte Auszeichnung.
Stadträtin Wüst wehrt sich entschieden gegen den Vorwurf, sie verursache durch die einmalige Aussetzung des Gründerpreis einen Imageschaden für den Standort. Unabhängig von den finanziellen Schwierigkeiten sagt sie, sie wolle den Gründerpreis im Gegenteil stärken.
In den gut 20 Jahren seit seiner Erstaustragung seien die Strukturen nie verändert worden, doch das sei gerade in der agilen Gründerszene wichtig. Wüst will sich neben dem Preisgeld zum Beispiel anschauen, ob es Sinn macht, dass sich nur Gründungen der vergangenen zwölf Monate bewerben können. Viele Unternehmen würden sich erst später entwickeln.
Dass der Gründerpreis derzeit eben kein Imageträger sei, dafür spricht der Wirtschaftsdezernentin zufolge auch die Zahl der Bewerbungen, die in den vergangenen Jahren im Schnitt nur bei 25 Unternehmen gelegen habe. Dafür sei auch der bislang betriebene Aufwand zu hoch gewesen.
Wüst will die gesamte Gründerförderung neu strukturieren, sagt sie, und dafür auch das Gründerzentrum als physischen Treffpunkt, den Gründerfonds als finanzielles Fördermittel und die Kompass gGmbH als Beratungsstelle unter die Lupe nehmen.
Zudem sollen die Initiativen enger mit dem Projekt Frankfurt Forward verknüpft werden, wo Gründer mit gestandenen Betrieben zusammengebracht und dadurch Innovationen am Standort gefördert werden sollen.
Frankfurter Gründerszene in Rankings abgeschlagen
Die recht hohen personellen Ressourcen, die laut Wüst derzeit für die Ausrichtung des Gründerpreises nötig seien, will sie in diesem Jahr lieber nutzen, um den Award und die übrigen Projekte neu aufzustellen. „Es gibt also keinen Imageschaden. Vielmehr ist diese Neuaufstellung von enormer Bedeutung für den Gründer- und damit für den Wirtschaftsstandort Frankfurt“, findet Wüst.
Denn die Gründerszene laufe derzeit jenen in anderen Großstädten deutlich hinterher, in vielen Rankings sei man abgeschlagen, sagt Wüst und verweist unter anderem auf den jüngsten Start-up-Monitor, der Daten aus der deutschen Gründerszene zusammenträgt. Dort sind die jüngsten Zahlen teilweise alarmierend.
So bewertet nur fast jedes dritte Start-up in Frankfurt (32 Prozent) das Gründer-Ökosystem der Stadt als positiv. Damit liegt die Finanzmetropole deutlich unter dem Bundesschnitt, der bei 58 Prozent liegt.
Die Hälfte würde nicht mehr in Hessen gründen
Viele Jungunternehmer, die schon einmal in der Region gegründet haben, würden es zudem nicht mehr tun: Der Untersuchung zufolge können sich zwar neun von zehn Gründern in Hessen vorstellen, nochmals zu gründen, davon jedoch nur die Hälfte am gleichen Standort.
21 Prozent würden einen anderen Ort in Deutschland wählen, 29 Prozent würden ins Ausland gehen. Die Befragten würden sich wünschen, die Netzwerke unter Gründern in der Region zu stärken und den Zugang zu Kapital zu verbessern.
Wüst sagt, ein Schritt zur Verbesserung der Situation von Gründern in Frankfurt sei, Daten zu erheben, anhand derer man sich ein Urteil über die Lage der Gründerszene in der Stadt bilden und daraus Maßnahmen ableiten könne, eine solche Datenbasis existiere derzeit aber nicht.
„Natürlich hätten wir den Gründerpreis lieber weiter durchgeführt, bis wir ihn neu aufgestellt haben, aber das war mit Blick auf die Finanzplanung leider nicht möglich“, sagt Wüst.