Zoll durchsucht deutsche Firmen: Giftige Chemikalien an Russland geliefert?

Wegen des Verdachts illegaler Exporte nach Russland haben etwa 50 Fahnder am Morgen sieben Objekte in mehreren Bundesländern durchsucht. Zuvor berichteten die Süddeutsche Zeitungder NDR und der WDR, ein Unternehmen aus Norddeutschland habe in mehr als 30 Fällen ohne Genehmigung waffenfähige Chemikalien nach Russland exportiert.

Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Stade bestätigte die laufenden Ermittlungen. Die Durchsuchungen fänden wegen eines Verdachts des Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz statt. Details nannte die Staatsanwaltschaft nicht, den Berichten zufolge geht es um eine Firma im niedersächsischen Lilienthal. Die weiteren Durchsuchungen führten die Fahnder demnach in Bremen, Bremerhaven und Konstanz durch.

Laut dem NDR steht die Firma Riol Chemie GmbH im Zentrum der Ermittlungen. Demnach war das Unternehmen bereits 2021 bei einer Kontrolle verdächtig geworden, nachdem ehemalige Mitarbeiter ein weiteres Unternehmen gegründet hatten, das laut Verdacht der Staatsanwaltschaft zur Verschleierung illegaler Geschäfte genutzt wurde.

Laut den Berichten soll es sich um chemische und biologische Stoffe handeln, die als Grundmaterial für die Herstellung von Kampfstoffen genutzt werden können. Das Unternehmen könne Substanzen geliefert haben, die etwa für das Nervengift Nowitschok genutzt werden können, mit dem unter anderem der russische Oppositionelle Alexej Nawalny 2020 vergiftet worden ist.

Auch der Verfassungsschutz habe den Betrieb in den vergangenen Jahren beobachtet, weil die USA ihn als Folge des Anschlags auf Nawalny auf eine Sanktionsliste gesetzt hatten. So berichtet der NDR, Firmenmitarbeiter hätten sich in vom Verfassungsschutz abgehörten Telefonaten über die Möglichkeit unterhalten haben, Exporte nach Russland zu verschleiern.

Zwar handle es sich bei den Chemikalien um sogenannte Dual-Use-Güter, die auch für legale Zwecke exportiert werden können. Zudem sollen sich die exportierten Mengen nur auf wenige Gramm oder Milligramm belaufen. Doch auch diese Kleinstmenge können demnach eine wichtige Rolle bei Waffenprogrammen spielen.

Das Unternehmen soll zudem Laborbedarf an den russischen Chemiegroßhändler Khimmed geliefert haben, das wiederum Speziallabors des russischen Militärs und des Geheimdiensts FSB beliefert haben soll. Auch Khimmed ist nach der Vergiftung Nawalnys von den USA sanktioniert worden.

Dem NDR-Bericht zufolge war ein ehemaliger Geschäftsführer von Riol Miteigentümer eines Khimmed-Tochterunternehmens. Ein aktiver Geschäftsführer der niedersächsischen Firma war zuvor Direktor derselben Tochterfirma gewesen.

Demnach vermutet der Verfassungsschutz, die deutschen Firmen würden aus Russland gelenkt. Es sei eine häufige Praxis russischer Geheimdienste, über Strohleute und Tarnfirmen vom Militär benötigte Güter zu beschaffen. Aufgrund der nach dem russischen Angriff auf die Ukraine verhängten Sanktionen sei es wahrscheinlich, dass die Häufigkeit solcher verdeckter Beschaffungsmaßnahmen aus Russland in Zukunft steigt.

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