Weiße Bonzen hinauf Sylt: Abhitlern mit den Rich Kids

„Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“, grölt ihr? Ihr, die ihr beim Spermalotto um reiche Eltern gewonnen habt? Ihr, die ihr mit dem goldenen Löffel großgezogen wurdet und auf Privat-Unis wart? Ausgerechnet beim Feiern auf der Millionärsmeile im Sylter Luxusclub „Pony“, dem berühmten Anlaufpunkt des Promi-Nachwuchses?

Ihr zahlt 150 Euro Eintritt, parkt eure Ferraris auf dem Parkplatz, hängt euch Designer-Pullover über die Schultern, tragt Rolex-Uhren, gönnt euch edlen Champagner, alles finanziert von Mama und Papa mit dickem Geldbeutel und einflussreichem Netzwerk – um dann zu umgedichteten Nazi-Liedern abzuhitlern? Und euch dabei auch noch filmen zu lassen?

Weiße Bonzen überall

Was in aller Welt könnt ihr Bonzen eigentlich gegen Menschen mit Migrations- oder Fluchtgeschichte haben? Eure Lebensrealität ist davon doch völlig isoliert. Ihr feiert unter weißen Bonzen, ihr wohnt neben weißen Bonzen, ihr vermietet an weiße Bonzen, ihr macht Urlaub unter weißen Bonzen, eure Arbeitskollegen sind weiße Bonzen. Ihr kennt keine Armut, keine Ausgrenzung, keine Existenznot, ja nicht einmal echte Arbeit vermutlich. Anders als Menschen, die nach Deutschland geflohen sind oder zum Arbeiten kamen. Oder deren Kinder.

Die Realität ist doch so: Die Menschen, die ihr aus dem Land brüllen wollt, waschen eure Protzkarren, räumen euren Müll nach den Partynächten weg oder malochen als Fachkräfte in den Firmen eurer Eltern (die ihr wohl bald erben werdet). Ihr seid reich, weil diese Menschen in Deutschland Arbeit verrichten, für die ihr euch zu schade wärt. Euer Wohlstand ist mit deren Händen erarbeitet. Fast jeder sechste Einwohner Deutschlands hat eine Migrationsgeschichte. Wisst ihr überhaupt, was ihr da fordert? Ihr wart auf den besten Schulen, aber spuckt auf deutsche Geschichte?

Nichts rechtfertigt diese menschenverachtende, verfassungswidrige Hetze. Nur: Wenn deutsche Niedriglöhner mit Zuwanderern um eine bezahlbare Wohnung oder einen Job konkurrieren, gibt es zumindest sozioökonomische Gründe für solche Konflikte, die von Soziologen erforscht sind. Die sind eine Erklärung, keine Legitimation – niemals und unter keinen Umständen. Der Punkt ist aber: Sozioökonomische Gründe gibt es bei euch Sylt-Bonzen nicht. Nicht einen einzigen. Ihr steht ganz oben auf der Geldleiter der Gesellschaft, ihr habt keine Konkurrenz und keine materiellen Sorgen. Im Gegenteil: Das Steuersystem tastet eure Erbschaften und Vermögen fast gar nicht an, ihr könnt Anwälte und Berater bezahlen, um weder Steuerprüfer noch Gesetze zu fürchten, ihr müsst für Geld keine Leistung erbringen – anders gesagt: Ihr seid die Schmarotzer!

Werbung für die Erbschaftssteuer

Wahrscheinlich ist die Erklärung so stumpf, dass es wehtut. Ihr wollt euch abgrenzen, nach unten und nach außen, um euch zu profilieren, ganz oben, als Elite. Der Ferrari, die Rolex, der „Pony“-Club, der Pullover über der Schulter: All das ist noch nicht genug fürs Ego. Und Konsequenzen musstet ihr bisher auch nicht fürchten. Geld und Kontakte der Eltern haben alles geregelt. Da schlägt man halt einfach mal wieder über die Stränge. Wird wohl nicht das erste Mal gewesen sein. Nur das erste Mal bei laufender Kamera vielleicht!

Just in diesem Moment ist längst eine Armee von Anwälten unterwegs, um in eurem Auftrag das entwürdigende Video aus den Netzwerken zu löschen – und den Schaden zu begrenzen. Gegen die sozialen Netzwerke kommt ihr aber wohl nicht an. Diesmal gibt es Konsequenzen. Der Staatsschutz ermittelt wegen Volksverhetzung, der Club-Inhaber hat weitere Videoaufnahmen an die Polizei übergeben, Arbeitgeber distanzieren sich bereits öffentlich von euch, und bei internationalen Firmen könnte das mit den Bewerbungen in Zukunft schwieriger werden. Noch viel weitreichender ist aber: Ihr habt die Demokraten in diesem Land schockiert und zusammengeschweißt. Es ist nämlich die Mehrheit der Anständigen, die verhindern kann, dass euer Nazi-Gegröle Realität wird. Daran habt ihr mit eurem Video erinnert. Genauso wie die Berichte von der AfD-nahen Deportationskonferenz zu Beginn des Jahres.

Das Video ist der beste Beweis dafür, dass Geld die widerwärtigsten Charakterzüge nach außen kehrt. Und damit Werbung für eine höhere Steuer auf Erbschaften und Bonzen-Vermögen. Das Geld tut euch nicht gut, offensichtlich.

Schämt euch!

Maurice Höfgen ist Ökonom und Journalist. Dieser Text erschien zuerst in seinem Newsletter Geld für die Welt