Wahlergebnis in Frankreich: Ein Blick in unsrige düstere Zukunft
Vieles an der französischen Politik ist sehr französisch: der starke Zentralismus, das relativ instabile Parteiensystem, die ausgeprägte Protestkultur. Und doch zeigen sich bei den vorgezogenen französischen Parlamentswahlen eine ganze Reihe von Entwicklungen, die auch den meisten anderen westlichen Ländern bevorstehen oder dort bereits in vollem Gange sind. Wer also nach dem ersten Wahlgang nach Paris schaut, der wirft womöglich einen Blick in die eigene düstere Zukunft.
Besonders deutlich zeigt sich in Frankreich, erstens, der hohe Professionalisierungsgrad, den viele rechtsextreme Parteien mittlerweile aufweisen. Dass Marine Le Pens Rassemblement National (RN) laut Prognosen mit rund 34 Prozent der Stimmen als klarer Sieger des ersten Wahlganges hervorgeht und dabei seinen Stimmenanteil im Vergleich zur letzten Parlamentswahl vor zwei Jahren fast verdoppeln konnte, ist vor allem das Ergebnis der sogenannten dédiabolisation, an der Le Pen seit über einer Dekade arbeitet. Die 1972 unter dem Namen Front National ins Leben gerufene Rechtsaußenpartei, mitbegründet von Pierre Bousquet, einem einstigen Mitglied einer französischen Waffen-SS-Division, trieb Marine Le Pen zumindest in der Außendarstellung den nazistischen Teufel aus. Wurde ihr Vater, der langjährige Front-National-Vorsitzende Jean-Marie Le Pen, 2016 noch verurteilt, weil er den Holocaust ein „Detail“ der Geschichte nannte, inszeniert sich die mittlerweile zum Rassemblement National (RN) umbenannte Partei nunmehr proisraelisch. Wie gut das verfängt, konnte man kurz vor der Wahl exemplarisch daran erkennen, dass das als „Nazijäger“ bekannt gewordene Ehepaar Serge und Beate Klarsfeld sich für den RN aussprach.