Zweite Staffel von „Bad Sisters“: Schauen wider besseres Wissen
Natürlich sind wir Zuschauer selbst schuld. Es war so schön mit den Garvey-Schwestern, mit Eva, Grace, Ursula, Bibi und Becka, wie sie da in Dublin ihrem bösen Schwager nach dem Leben trachteten. Wie jede Folge enthüllte, warum nun speziell die eine der Schwestern wirklich guten Grund dazu hatte, den von Claes Bang in herrlicher Schmierigkeit gespielten Widerling um die Ecke zu bringen. Und wie dann am Ende jene Schwester dafür verantwortlich war, die man natürlich am wenigsten verdächtigte.
Die Serie schlug so ein, weil sie mit schwarzem Humor die manchmal haarsträubend konstruierten Krimi-Elemente mit großem Realismus, was die Lebenserfahrungen der fünf Schwestern anging, verband. Selbst die ermittelnden Polizisten erschienen menschlich, die eigentlichen Gegenspieler, die zwei ungleichen Brüder der kleinen Versicherungsfirma, die den Mord nachgewiesensehen wollten, erst recht. Das Ende war dementsprechend ambivalent, wie es sich für eine gute Geschichte gehört. Eben: es war alles so schön, natürlich will man da auch die zweite Staffel sehen. Auch wenn die eigene Erfahrung dagegen spricht und man doch weiß, dass ein solcher Stoff in der zweiten Runde nur schlechter werden kann.
Die Apple-TV-Produktion Bad Sisters war das irische Remake einer 2012 ausgestrahlten belgischen Serie (Clan), die nicht fortgesetzt wurde. Aber Apple TV, das Streamingportal mit den legendär tiefen Taschen und der Gier nach prominenten Namen, konnte die begehrte Sherry Horgan dazu überreden, die Geschichte der Schwestern, von denen Horgan die älteste, Eva, verkörpert, doch noch weiterzuschreiben. Was jeden, der mit Horgans Werk ein bisschen vertraut ist (Catastrophe), dann wieder optimistisch stimmte.
Tatsächlich beginnt die zweite Staffel vielversprechend, weil alles auf überraschende Weise ein bisschen anders ist. Es sind ein, zwei Jahre vergangen seit den Ereignissen der letzten Folge, und ausgerechnet Grace, die scheue, gebeutelte Grace, heiratet erneut. Im weißen Brautkleid und kichernd vor Glück. Man hat Schwierigkeiten, in ihr die misshandelte Ehefrau des Ekels John Paul wiederzuerkennen, den sie bekanntlich in einem letzten verzweifelten Aufbegehren mit Hilfe von Nachbar Roger zur Strecke brachte. Die Details, wie die trauernde Mörderin – die sich eigentlich hatte stellen wollen, aber von ihren Schwestern anders überredet und gedeckt wurde – zu ihrem neuen Liebesglück kam, werden erst in späteren Folgen enthüllt. Aber auch ohne Vorgeschichte misstraut man dem Ganzen. Der frisch angetraute Ian erscheint einfach zu sympathisch und die Fröhlichkeit der mitfeiernden Schwestern dann doch etwas gezwungen. Und dann gibt es auch in dieser Staffel wieder einen Tod zu betrauern, nur dass diesmal der Schmerz, den er auslöst, viel tiefer geht.
Die Sympathie, die man für die erste Staffel empfand, trägt durch die ersten Folgen der Fortsetzung. Es gibt eine Menge von guten Ideen. Nur dass sie nie wirklich gut eingebunden wirken in die bereits etablierte Welt der Schwestern. Da wäre zum Beispiel Eva, die einen „Menopausen-Coach“ engagiert hat, was in zwei Szenen eine Rolle spielt und dann nie mehr. Wie überhaupt die Schwestern nicht mehr in der schönen Individualität vorkommen, die den großen Charme der ersten Staffel ausmachte, sondern zu oft als Ensemble-Block auftreten, der mehr oder weniger geschlossen reagiert auf all die Missgeschicke, die beim ständigen Vertuschen – und das ist immer noch die Hauptbeschäftigung der Schwestern in Staffel 2 – eben so passieren.
Irgendwann ist die Sympathie dann aufgebraucht und selbst die großartige Fiona Shaw, die als naseweise Schwester von Nachbar Roger eine tragende Rolle bekommt, kann daran nichts ändern. Auch die junge Polizistin Una nicht, die in hübscher Beiläufigkeit als Irin mit asiatischem Migrationshintergrund vorgestellt wird, dann aber doch nur die übereifrige Ermittlerin sein darf, die den Plot vorantreibt, wenn er zu sehr mäandert.
Was in der ersten Staffel so gut funktionierte, das Zusammenspiel von herkömmlichem Krimiplot und dem komplizierten Alltag von fünf irischen Frauen im besten Alter, scheitert in der Wiederholung letztlich an ihrem eigenen Sinn fürs Realistische. Es ist, als ob die Serie sich selbst nicht glaubt, wenn sie die Schwestern wieder ungestraft davonkommen lässt.