Wahl in Georgien: Tausende Menschen Widerspruch erheben vor georgischem Parlamentsgebäude

In Georgien demonstrieren Tausende Menschen gegen das offizielle Ergebnis der Parlamentswahl vor zwei Tagen. Sie folgen damit einem Aufruf der proeuropäischen Opposition. Diese wirft der Regierungspartei Georgischer Traum Wahlmanipulation vor und erkennt das Ergebnis nicht an. Wie mehrere Nachrichtenagenturen meldeten, versammelten sich Tausende Georgierinnen und Georgier vor dem Parlamentsgebäude im Zentrum der Hauptstadt Tbilissi.

Laut der georgischen Wahlkommission hat die bisherige Regierungspartei die Parlamentswahl mit fast 54 deutlich gewonnen. Das pro-westliche Oppositionsbündnis kam demnach auf 37,58 Prozent. Die Opposition bezeichnet die Wahl als „gefälscht“. Die vier größten Oppositionsgruppen erklärten deshalb einen Verzicht auf ihre Parlamentsmandate und forderten Neuwahlen.

Wahlbeobachter haben Zweifel an offiziellem Ergebnis

Die regierungskritische Präsidentin Georgiens, Salome Surabischwili, sieht den Georgischen Traum bei nur rund 40 Prozent – und beruft sich dabei auf Nachwahlbefragungen. Auch Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), des Europarats, des Europaparlaments sowie der Nato äußerten Zweifel am offiziellen Ergebnis.

Surabischwili deutet die vielen Unregelmäßigkeiten bei der Parlamentswahl eindeutig als russisches Eingreifen. Es handle sich um eine „russische Spezialoperation“, da der Betrug sehr gut und weit im Voraus geplant, sehr ausgeklügelt und allumfassend gewesen sei, sagte Surabischwili. „So etwas haben wir in diesem Land noch nicht erlebt.“ Die russische Regierung wies eine Einmischung in die Wahl im Nachbarland zurück und bemängelte ihrerseits eine angebliche Einmischung durch den Westen. Der georgischen Regierung wurde in den vergangenen Jahren von Kritikern ein zunehmend russlandfreundlicher Kurs vorgeworfen. Die Europäische Union stoppte im Sommer laufende Beitrittsgespräche mit dem Land.

Regierung weist Manipulationsvorwürfe zurück

Ihr Präsidialamt bezeichnete Surabischwili als einzige noch von der Regierungspartei Georgischer Traum unabhängige Institution in Georgien. Es sei jedoch nicht an ihr, Neuwahlen zu fordern. Allerdings vermute sie, dass die Opposition dies tun werde.

Der georgische Parlamentschef Schalwa Papuaschwili wies die Vorwürfe Surabischwilis zurück. In Tbilissi sagte er, die Präsidentin spiele mit den Gefühlen der Menschen, verbreite Desinformation und versuche, das Land zu spalten. Hinsichtlich der Ankündigung der Opposition, auf Parlamentsmandate verzichten zu wollen, sagte Papuaschwili, der Georgische Traum könne auch ohne die Opposition ein legitimes Parlament bilden – mit 89 der insgesamt 150 Mandate.

Orbán unterstützt georgische Regierung mit Besuch in Tbilissi

Unterdessen traf Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán zu einem Unterstützungsbesuch für die georgische Regierung in dem Land im Südkaukasus ein. Bereits am Tag nach der Wahl hatte Orbán seinen Besuch angekündigt. Der ungarische Regierungschef gilt als enger Verbündeter des Georgischen Traums. Innerhalb der EU wird ihm zudem eine Nähe zu Russlands Präsident Wladimir Putin vorgeworfen.

Orbáns Besuch in Tbilissi erfolgt ohne Absprache mit den EU-Partnern. „Was auch immer Herr Orbán während seines Besuchs sagt, er vertritt nicht die Europäische Union“, stellte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell klar.