Von Merkels frühem Mut lernen

Um im Wahlkampf zu bestehen, braucht CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz noch einen überzeugenden Kurs in der Sozialpolitik. Was würde eine unionsgeführte Bundesregierung gegen die nicht nur demographisch bedingten Defizite der reformbedürftigen Sozialversicherungen tun? Wie will sie die Beitragssprünge verhindern, die auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber nun zukommen?

Weitere hausgemachte Lasten erhöhen die Standortnachteile der international schon ins Hintertreffen geratenen deutschen Wirtschaft. Der Kostenschub hilft auch nicht, Bürgergeldempfänger in Arbeit zu bringen.

Die Vorstöße der Jungen Union sind richtig

Merz hat am Wochenende leider vor allem klargestellt, was er nicht will. „Rentenkürzungen“ durch Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters über 67 Jahre hinaus werde es mit der Union nicht geben. Das hatte die Junge Union auf ihrem Deutschlandtag beschlossen und sich dafür ausgesprochen, das Rentenniveau wie gesetzlich vorgesehen abzusenken – was die Ampelkoalition mit ihrem Rentenpaket gerade verhindern will.

Die Vorstöße der Jungen Union sind richtig und geeignet, die enormen Rentenkosten der 19,5 Millionen Babyboomer einigermaßen gerecht zwischen Alt und Jung zu verteilen. Statt dies zu begrüßen und die SPD in der Rentenpolitik offen herauszufordern, stößt Merz die eigene Jugendorganisation vor den Kopf.

Indem er das weitere Heraufsetzen der Regelaltersgrenze ausschließt, nimmt er eine kluge Reformoption vom Tisch – ohne wirksamere aufzuzeigen. Nach wie vor ist die Regelgrenze die wichtigste Orientierungsmarke des Systems für Arbeitnehmer und Unternehmen. Die „Rente mit 67“, eingeführt durch Merkels erste Koalition, hat dazu beigetragen, dass der tatsächliche Rentenbeginn im Schnitt nun wenigstens bei rund 64,5 Jahren liegt.

Ohne Merkels Mut stünde die Rentenkasse heute erheblich schlechter da. Leider hat Merkel später mit der günstigen „Rente mit 63“ für besonders langjährig Versicherte ihrer ersten Reform einige Wirkung genommen. Merz sollte von Merkels frühem Mut lernen, statt sich von der SPD, die sozialpolitisch das Blaue vom Himmel verspricht, den Schneid abkaufen zu lassen, bevor der Wahlkampf richtig begonnen hat.