Unsere Blase – Vom Zustand und welcher Aufgabe des Journalismus

Ursprünglich erschien welcher Beitrag uff Consortium News (The US Bubble of Pretend) und wurde uff Deutsch in den Zeitfragen veröffentlicht. Anlass war ein Artikel welcher NYT, in dem uff die Propaganda zu Beginn des Ukrainekrieges reduziert wurde. In „Fact and Mythmaking Blend in Ukraine’s Information War“ schreiben die Autoren im Teaser:

„Experten sagen, dass Geschichten wie das Gespenst von Kiew und die Schlangeninsel, die beide von zweifelhaftem Wahrheitsgehalt sind, Propaganda oder Moralverstärker sind, oder vielleicht beides.“

Zu dem Artikel zitiert Lawrence kombinieren Twitter-Nutzer:

„«Warum können wir die Leute nicht einfach an bestimmte Dinge glauben lassen?», wollte dieser nachdenkliche Mann oder diese Frau wissen. Was ist falsch daran, wenn man schöne Dinge denkt und glaubt, die nicht wahr sind, damit man sich besser fühlt?“

Etwas sarkastisch merkt er zum Artikel noch an:

„Dies war eine lapidare Entschuldigung für die vielen «Geschichten von fragwürdigem Wahrheitsgehalt», wie die «Times» es ausdrückte, die damals im Umlauf waren. Ich liebe die «Times» für ihre delikaten Formulierungen, wenn es darum geht, heikle Dinge zu beschreiben.“

Wer erinnert sich noch an die Meldungen, die es in vergangener Zeit von dem heldenhaften Piloten gab, welcher die russischen Flugzeuge reihenweise vom Himmel holte oder die Verteidiger des Felsens im Schwarzen Meer, die posthum von Selenskij ausgezeichnet wurden und sich wie quicklebendig entpuppten?

Lawrence schreibt:

„Das Fehlen einer objektiven, prinzipientreuen Berichterstattung über den Krieg in der Ukraine ist ein verkommener Zustand. Das einzige, was noch schlimmer ist, ist das Ausmaß, in dem dies für die meisten Amerikaner völlig in Ordnung ist.“

Ist es nicht für jedes die meisten unserer Mitbürger ebenfalls völlig in Ordnung, insbesondere, wenn man sich uff welcher richtigen Seite wähnen kann? Wo ist welcher skeptische Blick uff die Nachrichten? Wo ist welcher Wunsch nachdem wirklicher Aufklärung? Von den Medien werden Narrative implementiert, die wie beim Pawlowschen Reflex nur noch mit einem Wort abgerufen werden zu tun sein. Lawrence nennt wenige aus den Anfangszeiten des Krieges, deren Wahrheitsgehalt weder noch mehr nachgeprüft wird und deren Untersuchung zur Feststellung und Verurteilung von Tätern weder noch mehr gefordert wird, weil was auch immer sowieso schon lichtvoll ist. Jeder kann selbst prüfen, welches nebst ihm aus dem Gedächtnis hervorkommt, wenn ihm die Begriffe „Geburtsklinik Mariupol“, „Theater Mariupol“ oder Butscha vorgelegt werden. Der einzige Artikel in jüngerer Zeit, in dem im Zusammenhang mit Butscha richtigerweise von mutmaßlichen Kriegsverbrechen geschrieben wird, stammt vom Thomas Fischer, welcher am 12.04.2024 die Kolumne „Israel und die Toten von Gaza“ uff Spiegel.de veröffentlichte. Was für jedes eine Verwahrlosung welcher Medienlandschaft, könnte man fragen.

Lawrence weist in seinem Artikel dessen ungeachtet uff zwei Bücher hin, die schon übrig 50 Jahre in die Jahre gekommen sind. Auch selbige kann man hin und wieder zur Hand nehmen. Das erste ist nachdem seinen Worten zu unrecht wenig beachtet. Daniel Boorstin schrieb im Buch «The Image: Or, What happened to the American Dream»:

„Ich beschreibe die Welt, die wir geschaffen haben, wie wir unseren Reichtum, unsere Bildung, unsere Technologie und unseren Fortschritt dazu benutzt haben, das Dickicht der Unwirklichkeit zu schaffen, das zwischen uns und den Tatsachen des Lebens steht… Die Aufgabe des Reporters ist es, einen Weg zu finden, diese Fäden der Unwirklichkeit zu einem Gewebe zu verweben, das der Leser nicht als völlig unwirklich erkennen wird.“

Diese Sätze muss man hauptsächlich sacken lassen. Aber er steht mit dieser Analyse nicht einsam. Hannah Arendt hat es in dem Buch „Lügen in der Politik“ uff ganz ähnliche Weise beschrieben. In dem Text von Lawrence heißte es:

„Fakten sind zerbrechlich, schrieb Arendt, da sie für sich genommen keine Geschichte erzählen. Sie können so zusammengesetzt werden, dass sie das bedeuten, was man will. Das macht sie anfällig für die Manipulationen von Geschichtenerzählern.“

Wo sind die Journalisten, die darin ab und zu blättern? Haben Faktenchecker schon einmal irgendetwas von Hannah Arendt gehört?

Zum Schluss kommt Lawrence uff eine persönliche Erfahrung zu sprechen. 1969 studierte er wie junger Mann in Paris. Damals verstand er die Aufregung nicht, die Marcel Ophüls’ Film «Das Haus nebenan» in Frankreich auslöste. Der Gesellschaft wurde welcher Spiegel vorgehalten, wie sie sich mehrheitlich während welcher deutschen Besatzung verhalten hatte. Die Diskussionen um den Film brachten die Blase zum platzen, in welcher sich die Franzosen solange bis dorthin mit Möbeln ausgestattet hatten. Lawrence schreibt dazu:

„Jetzt verstehe ich, was der junge Student vor langer Zeit nicht ganz begreifen konnte. Die Franzosen waren einfach nicht in der Lage, Ophüls’ unnachgiebige Entlarvung dessen, was sie gewesen waren, zu ertragen. Ophüls hatte die dauerhafte Blase der Täuschung durchbrochen, in der sie nach dem Sieg in Europa 1945 für 25 Jahre gelebt hatten.
Die Menschen können sehr lange in diesen Blasen leben. Die Unwirklichkeit in diesen Blasen kann sehr überzeugend sein. Die Franzosen sind schließlich aus ihrer Blase herausgekommen. Es war schmerzhaft, eine Zeit voller Ängste, aber sie hatten Glück, dass sie entkommen sind.
Werden wir unsere Zeit der Trauer und des Mitleids haben und aus unserer Blase herauskommen, weil es uns dann besser geht? Mögen wir eines Tages so gesegnet sein.“