Ukraine-Krieg: Ukraine verteidigt sich gegen schwere russische Luftangriffe

Seit der Nacht und bis in die Morgenstunden hinein hat Russland einen der umfangreichsten Luftangriffe seit Kriegsbeginn auf die Ukraine durchgeführt. Nach ukrainischen Angaben wurden zunächst Drohnen eingesetzt, worauf eine Angriffswelle mit Marschflugkörpern und ballistischen Raketen folgte. Ministerpräsident Denys Schmyhal sagte am Morgen, insgesamt sind 15 ukrainische Regionen betroffen gewesen. Das sind drei Viertel der ukrainischen Regionen, die nicht größtenteils von Russland besetzt sind.

Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von mehr als 100 Raketen und Marschflugkörpern und ungefähr ebenso vielen Drohnen, die Russland bei dem Angriff eingesetzt habe. Wie viele davon abgeschossen werden konnten, sagte er nicht. Diese Angaben werden in der Regel als erstes von der ukrainischen Luftwaffe gemacht.

Durch den russischen Beschuss wurden ukrainischen Behörden zufolge
mindestens drei Menschen getötet. Selenskyj sprach zudem von einer zweistelligen Zahl an Verletzten. Berichte über Tote gab es in Luzk im
Westen des Landes, wo ein Wohngebäude getroffen worden sein soll. In
Dnipro im Osten sowie in Saporischschja im Süden soll es ebenfalls Tote
gegeben haben.

Explosionen ohne nähere Angaben zu den Folgen
wurden aus dem Umland der Hauptstadt Kiew sowie den Gebieten Schytomyr,
Chmelnyzkyj, Ternopil und Lwiw gemeldet. Reporter der Nachrichtenagentur
AFP berichteten von mindestens sieben Explosionen in der ukrainischen
Hauptstadt, am Morgen lag Rauch über der Stadt. In Onlinenetzwerken verbreiteten sich Videos von Schäden am Staudamm des Wasserkraftwerks Kiew.

Energiesystem erneut Ziel von Angriffen

Ersten Informationen und Angaben der ukrainischen Regierung zufolge war das ukrainische Energiesystem erneut ein Hauptziel der Angriffe. Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko schrieb auf Telegram, in mehreren Bezirken der Hauptstadt gebe es derzeit Stromausfälle und in der Folge auch Probleme mit der Wasserversorgung. Auch Energieinfrastruktur in den Regionen Saporischschja, Sumy, Riwne und Lwiw soll getroffen worden sein. Das russische Verteidigungsministerium teilte ebenfalls mit, „kritische Objekte“ der Strominfrastruktur angegriffen zu haben.

Der ukrainischen Luftwaffe zufolge setzte die russische Armee zeitweise elf Langstreckenbomber vom Typ Tu-95 ein, die Träger von Marschflugkörpern sind. Außerdem wurden demnach Kinschal-Hyperschallraketen auf die Ukraine abgefeuert. Auch vom Schwarzen Meer aus sei die Ukraine beschossen worden.

Russland will ukrainische Drohnen abgeschossen haben

Das russische Verteidigungsministerium berichtete unterdessen von 20 ukrainischen Drohen, die in der Nacht über Russland abgeschossen worden sein sollen. Neun davon seien über der Region Saratow abgefangen worden. In der Nähe von Saratow liegt ein strategischer
Militärstützpunkt für russische Bomber, die häufig Einsätze gegen die
Ukraine fliegen. Ob der Stützpunkt Ziel der ukrainischen Angriffe war,
blieb zunächst unklar.

Weitere drei Drohnen wurden laut Russland über Kursk und jeweils zwei über Belgorod, Brjansk und Tula abgefangen. Über den Regionen Orjol und Rjasa sei jeweils eine Drohne entdeckt worden. In Saratow, etwa 900 Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt, wurde nach Behördenangaben ein Flughafen beschädigt, eine Frau sei verletzt worden.

Polen lässt Kampfjets aufsteigen

Mit einem größeren russischen Angriff auf die Ukraine war bereits seit einiger Zeit gerechnet worden, da Russland seit einiger Zeit offenbar Raketen, Drohnen und Gleitbomben für einen solchen zurückgehalten hatte. Auch die USA hatten gewarnt, dass ein größerer Angriff rund um den ukrainischen Unabhängigkeitstag am vergangenen Samstag geschehen könnte.

Weil der nun erfolgte Angriff auch im Westen der Ukraine und damit nahe an der Landesgrenze zu
Polen erfolgte, ließ das polnische Militär Abfangjäger starten. Das
berichtete die staatliche polnische Nachrichtenagentur PAP. Nach derzeitigem Kenntnisstand kam es aber zu keinen Zwischenfällen.