Thüringen: Konservative und BSW wollen Wahlprozedere pro Landtagspräsidenten ändern

Die Fraktionen von CDU und Bündnis
Sahra Wagenknecht (BSW) in Thüringen wollen das Verfahren der Wahl des Landtagspräsidenten oder der
Landtagspräsidentin verändern. Sie planen dafür, in der konstituierenden Sitzung des
Parlaments kommende Woche eine Änderung der
Geschäftsordnung zu beantragen. Konkret zielt die Änderung darauf ab, dass
für den Posten des Landtagspräsidenten vom ersten Wahlgang an Kandidaten
aus allen Fraktionen vorgeschlagen werden können. 

Bislang hat die
stärkste Fraktion zunächst das Vorschlagsrecht für das Amt. In
diesem Fall wäre das die vom Thüringer Verfassungsschutz als gesichert
rechtsextremistisch eingestufte AfD. Nach der
bisherigen Regelung können die anderen Fraktionen nach einer fehlgeschlagenen Wahl des ersten Kandidaten eigene Kandidaten aufstellen.

Sorge wegen Entscheidungen von AfD-Alterspräsident

Beobachter
fürchten, dass der voraussichtliche Alterspräsident Jürgen Treutler, der die Wahl des
Landtagspräsidenten leitet, keine Vorschläge der anderen Parteien zulassen könnte. Befürchtet wird ein
langwieriges Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht und damit eine
Hängepartie.

Dem MDR teilte die Thüringer Landtagsverwaltung mit: „Ein dauerhaft exklusives Vorschlagsrecht für die stärkste Fraktion, das
im Extremfall zur Folge hätte, dass sämtliche Fraktionsmitglieder zur
Wahl gestellt werden müssten, bevor der Landtag zu einem anderen
Verfahren finden könnte, ist weder der Landesverfassung noch der
Landtagsgeschäftsordnung zu entnehmen.“

Ohne Landtagspräsident ist das neue Parlament nicht
arbeitsfähig. Es könnte auch keinen neuen Ministerpräsidenten wählen. Die anderen
Fraktionen, neben CDU und BSW auch SPD und Linke, lehnen einen
AfD-Politiker auf dem Präsidentenposten ab. Die AfD beharrt ihrerseits
auf dem Amt und nominierte dafür bereits die Abgeordnete Wiebke Muhsal.

Für die Änderung der Geschäftsordnung ist nach Angaben
eines CDU-Fraktionssprechers die Mehrheit der Abgeordnetenmandate nötig – das wären 45 Stimmen. „Wir dürfen es nicht zulassen, dass der
Thüringer Landtag als Institution beschädigt wird“, begründete der
parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion Andreas Bühl den
Antrag. 

Es brauche „einen Landtagspräsidenten, der
das Format und die charakterliche Eignung besitzt, seine Aufgabe als
Hüter der Demokratie zu erfüllen“. Der parlamentarische
Geschäftsführer der BSW-Fraktion Tilo Kummer sagte in Erfurt, Ziel
sei „ein rechtssicheres Verfahren“ für die konstituierende Sitzung. „Wir wollen ein wochenlanges Gezerre vermeiden und
schnell zu einem handlungsfähigen Landtag kommen.“

CDU, BSW und SPD trafen sich unterdessen erstmals, um über eine mögliche
Zusammenarbeit in Thüringen zu sprechen. Es war das erste
Treffen in dieser Konstellation nach der Wahl. Über den
Inhalt der Gespräche wurde Vertraulichkeit vereinbart, hieß es von der
CDU.

Bereits in den vergangenen Wochen hatten die Parteien
jeweils in Zweierkonstellationen Optionsgespräche geführt, um zu
beraten, wie es mit der Regierungsbildung weitergehen soll. Dabei
handelt es sich aber noch nicht um Sondierungsgespräche. Das BSW
war bislang noch nie an einer Landesregierung beteiligt. Die sogenannte
Brombeerkoalition käme in Thüringen auf 44 der 88 Sitze im Landtag und
wäre auf Unterstützung durch die Linke angewiesen, wenn sie nicht mit
der AfD zusammenarbeiten will.