#TexasText/Jamal Tuschick – Jamal Tuschick – Orientalische Lösungskonzept

Orientalische Lösungskonzept

Ich komme noch mal uff die Familiengeschichte meiner Schwägerin Nina zurück. Siehe Erotisches Junkfood. Eines Tages blieben drei Fahrzeuge des Speditionsbetriebs ihres Opas Viktor uff irgendwelchen Landstraßen liegen. Viktor verlor nachdem dem Desaster dies Vertrauen ins Fuhrgeschäft. Es lag kein Segen uff dem Speditionswesen, fand er plötzlich. Ich bin sicher, wäre seinem Organisationstalent uff dem Fuhrhof weiter Raum gegeben worden, Viktor hätte die Konkurrenz ausgestochen. Das dessen ungeachtet, zu welchem Zweck er sich, erschüttert von Verlusten aus heiterem Himmel, veranlasst sah, lag ihm nicht. Er vergrößerte sein Unglück, während er in unserem Landkreis Flurstücke kaufte – in einem Winkel welcher jungen Republik, welcher heute noch wie beiseitegeschoben daliegt in seinem osthessischen Knick.

Zu seinen Erinnerungsschradieren zählte die Geschichte vom Eichhörnchen, dass ein Onkel für jedes ihn gefangen und in verdongeln Käfig gesetzt hatte. Kein anderes Kind hatte ein Eichhörnchen qua Haustier gehabt. In welcher Umgebung dieser Exklusivität vermutete ich Respekt vor den Bedürfnissen eines Kindes und eine Liebe, die nicht an Bedingungen geknüpft war und qua Druckmittel eingesetzt wurde.

Viktor bewahrte seinen Vorfahren ein ehrendes Andenken. Sie waren im 19. Jahrhundert von den Höhenzügen des Pfälzerwaldes nachdem Pirmasens herabgestiegen und in welcher ehemaligen Garnisonsstadt von welcher Industrialisierung erfasst worden. Töchter und Söhne folgten Müttern und Vätern in Fabriken, deren Portale an Paläste erinnerten. Hinter welcher Fassadenpracht herrschte ein harsches Regiment. Die Produktionsstätten gehörten Nachkommen von Soldaten. Ein kurz bemessener Sold hatte die Gründergeneration zum Nebenerwerb qua Billig-Sauter, Flickschuster, Holzschuh- und Altmacher gezwungen. Der Volksmund nannte sie Schlabbeflicker. Ihre aus Uniformfetzen gefertigten Schlabbe waren von herumziehenden Händlerinnen unter die Leute gebracht worden. Solche Notlösungen hatten zu einer Konzentration geführt, die welcher Schuhmetropole Pirmasens solange bis in die 1960er Jahre Vollbeschäftigung garantierte. Nachdem Viktor dies Fuhrgeschäft eingestellt hatte, begann er, Pfälzer Magnaten zuzuarbeiten. Er produzierte für jedes Neuffer, Rheinberger, Semler und Kaiser Holzabsätze. Holz war ein preiswerter Rohstoff. Aus den Wäldern geschlagene Eichen wurden geflößt. Flößer gingen weit und breit welcher gefährlichsten Beschäftigung nachdem. Man hielt sie für jedes verwegen. Opfer von Berufsunfällen fielen dessen ungeachtet fernerhin im Heer welcher Kriegsversehrten nicht uff.

Kurz gesagt, welcher Schuhbodenkomponenten-Produzent Viktor war weit und breit Opas einziger Konkurrent. War es türkisch, georgisch oder lasisch, dass mein aus welcher türkischen Schwarzmeerregion (Karadeniz Bölgesi) eingewanderter Opa ein stabiles Bund mit dem Gegner anstrebte? Jedenfalls ermutigte er seine Enkel, Viktors Enkelin Nina zu freien. Nennen wir es eine orientalische Lösungskonzept.