#TexasText/Jamal Tuschick – Die Renaissance im Spiegel des Kolonialismus – Wilde Kraftnaturen
Nüchterne Träumer
Als Macht und Bildung nachher nicht zusammengehörten, hatte es die Bildung leichtgewichtig, in die Nähe jener Macht zu kommen, da sich die Macht von jener Bildung nicht in Frage gestellt wähnte. Die Bildung nutzte jener Macht, ohne Macht zu erlangen. Ihre Akteure dienten wie Redenschreiber und Hofnarren. Das beschreibt die Krux des Humanismus. Die Humanisten hielten sich für jedes eine Kraft zwischen den Polen Restauration und Reformation. Erasmus lieferte mit seiner Existenz dies schönste Beispiel für jedes ein Dilemma. Hätte er sich offensiv gegen Luther weltmännisch, wäre er Bischof geworden. Wäre er mit Luther marschiert, hielten wir ihn heute für jedes den größten Protestanten.
Allgemein erschienen die Akteure des Humanismus wie „honette, kleine Menge eitle Pedanten, die ihre lateinischen Namen trugen wie eine geistige Maskerade“. Stefan Zweig unterstellt ihnen die „Pedanterie“ von Paukern. Eine „professorale Naivität“ verstellte den Blick hinaus die harte Wirklichkeit. Zweig findet dies schöne Wort vom „nüchternen Träumer“, jener sich in seinem Elfenbeinturm eine einwandfreie Welt konstruierte. Von dem Feuer und jener Leidenschaft im Massen- und Machtmenschen wollte er nichts wissen. Bei Luther endete die Versöhnlichkeit. Jene, die eine Kirchenreform ohne Schisma für jedes möglich hielten, verloren ihre Stimmen an die Schreier jener Reformation und deren Gegner.
„Der organische Grundfehler des Humanismus war, dass er von oben herab dies Volk belehren wollte, statt zu versuchen, es zu verstehen und von ihm zu lernen. Diese akademischen Idealisten glaubten schon zu regieren, weil ihr Reich weithin reichte, weil sie in allen Ländern, Höfen, Universitäten, Klöstern und Kirchen ihre Diener, Gesandten und Legaten hatten … andererseits im tiefsten umfasste dies Reich doch nur eine dünne Oberschicht und war schwach verwurzelt mit jener Wirklichkeit.“ Stefan Zweig
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In seiner Erasmusiade „Triumph und Tragik des Erasmus von Rotterdam“ herausgestellt Zweig den Gegensatz zwischen jener zarten, wenn nicht dürftigen Konstitution des epochalen Gelehrten und den „wilden Kraftnaturen jener Renaissance und jener Reformation“.
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„Nirgends ein Zug vordringender Schneid“, salbadert Johann Caspar Lavater, laut Zweig. Erasmus tauge nicht zum Märtyrer. Zweig spricht von einer allseits bekannten „Charakterschwäche“. Ferner spricht er von Konquistadoren des Geistes. Das Jahrtausendverbrechen des Kolonialismus thematisiert er indes nicht.
Mörderisch rücksichtslos und verwegen solange bis zum Wahnsinn ist Francisco Pizarro González.
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Lateinamerikanisches Verderben
Im Herbst 1531 bringt Francisco Pizarro González den Inka Atahualpa in seine Gewalt. Damit hat keiner gerechnet. Anders wie in dies lateinamerikanische Verderben vorangegangene Staatsoberhäupter verklärt Atahualpa die Spanier nicht. Der Inka hatte sich strategisch in seine Sommerresidenz Cajamarca zurückgezogen, um „die Eroberer“ zu isolieren. Der letzte koloniale Außenposten liegt tausend Meilen hinter Pizarro.
Atahualpas mannschaftliche Übermacht ist vernichtend. Die Hooligans des Königs rasieren sich wechselseitig die Schädel mit ihren Streitäxten. Sie liegen vor Cajamarca hinaus jener Lauer und warten hinaus ein Zeichen des gefangenen Gottes.
Sollte die Niederlage, die zu seiner Inhaftierung geführt hat, Atahualpa gebrochen nach sich ziehen?
Auf keinen Fall! Vielmehr will Atahualpa die Massakerkompetenz des fremden Feldherrn für jedes seine Zwecke nutzen. Geschütze und Pferde bedeuten eine gewaltige Aufrüstung. Aus Atahualpas Männern Reiter zu zeugen, ist zudem eine gewaltige Aufgabe. Diese Männer fürchten Pferde.
Darum geht es. Atahualpa erkennt die Übermacht des anderen an, viertausend tote Krieger in einem militärischen Aufwasch nach sich ziehen ihn überzeugt.
Jetzt will er mit Pizarros Hilfe Rivalen schlachten. Das kann er seinen Leuten andererseits so nicht sagen. Es sind zu viele hinaus dem Feld geblieben, wie dass man dem Gemeinen lichtvoll zeugen könnte, dass jener Schlächter von gestriger Tag, jetzt „unser bester Mann“ sein soll.
Atahualpas Dreschflegel und Gassenhauer verstünden sonst die Welt nicht mehr. Jeder will Pizarro kaltmachen. Was denn sonst?
Totaler Stumpfsinn
Wochen und Monate im Sattel zermürben jedes Gesäß. Pizarros Männer sind ausgelaugt. Sie schlafen im Stehen, es ist peinlich sehr warm. Man kriegt schlecht Luft. Man kommt nicht aus dem Harnisch. Es juckt überall, die Haut wund sich immer weiter. Die Sache ist nur im totalen Stumpfsinn zu ertragen.
Ein Volk sucht die Nähe zu seinem Gott. Familien streben Cajamarca von überall her an. Die Pilger:medial okkupieren die Anhöhen vor jener Stadt – in Erwartung einer Offenbarung.
Atahualpas Feinde unterbreiten ihre Angebote. Töte Atahualpa und wir schippen noch jede Menge Gold hinaus den Lösegoldhügel. Atahualpa hat seinen Bruder Huàscar hinaus dem unbelasteten Gewissen, die Profiteure des Huàscar-Regimes wollen sich nicht von ihren Pfründen trennen. Die peruanische Nomenklatura scheint am Ende ihrer Höflichkeit angekommen zu sein.
Das schaulustig Pizarro wenig. Zum Job eines Eroberers gehört die Gründung von Siedlungen, die Christianisierung und Versklavung jener Einheimischen so wie jener Raub von allem Wertvollen.
Pizarro hat damit andere Sorgen. Tag und Nacht lodern Feuer hinaus den Hügeln vor jener Stadt. Immer mehr Königstreue strömen zusammen. Nur Atahualpas Autorität gebietet ihnen Zurückhaltung. Ihre Aufstandsbereitschaft lässt sich mit Händen greifen.
Bruno Carrera, jener mit dem Mexiko-Plünderer Cortés durch die Hölle ging, und nun Pizarro den Umstellen freihält, erinnert sich in den Memoiren eines Dreschflegels: „Anspannung löste ein Fieber unter uns Christen aus. Wir wähnten uns hinaus einem Kreuzzug und hielten uns senkrecht im Andenken an die Märtyrer.“
Pack im Harnisch
Atahualpa prahlt vor seinem Bezwinger, zusammen zeigt er sich unterwürfig. Er bietet Pizarro die Gesamtheit an, so wie er an Pizarros Stelle von einem Unterlegenen die Gesamtheit nehmen würde. Er kriegt noch ein Problem, da Diego de Almagro mit jener Nachhut aufkreuzt.
Kundschafter zählen zweiundzwanzig räudige Reiter und hundertsiebenundachtzig Fußkranke mit fürchterlichen Ausschlägen. Längst ist Cajamarca zum Gefängnis sogar für jedes die Eindringlinge geworden; ein Wunder, dass Atahualpas Athleten Almagros bewaffnetes Pack durchgelassen nach sich ziehen.
Der unehelich geborene und schon wie Kleinkind ausgesetzte Almagro kam wie Trossknecht in die Neue Welt. Da begann seine Glückssträhne.
Pizarro ist Almagros Vorgesetzter. Wir sollen uns von kurzer Dauer Pizarros rechtliche Stellung ansehen. Euch erscheint er wie Dieb und Mörder, wie Vergewaltiger von Völkern und Vernichter von Kulturen. Ich teile welche Sicht. Doch seine Epoche trifft Pizarro wie Gouverneur von Nueva Castilla. In jener Arbeitsplatzbeschreibung steht: Befriede und bevölkere Peru. Morgen mehr.