Teillegalisierung: Bundestag bringt Änderungen von Cannabis-Gesetz aufwärts den Weg

Eineinhalb Monate nach der begrenzten Freigabe von Cannabis hat der Bundestag nachträgliche Änderungen an dem umstrittenen Gesetz auf den Weg gebracht. In erster Lesung wurde am späten Donnerstagabend über Nachbesserungen zugunsten der Verkehrssicherheit beraten sowie über Zugeständnisse an die Bundesländer, mit denen Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) deren Zustimmung im Bundesrat erreicht hatte. Bei den Änderungen geht es unter anderem um einen neuen Grenzwert für Autofahrer, ein Alkoholverbot am Steuer bei Cannabiskonsum sowie zusätzliche Bestimmungen für die neuen Anbauvereine, um das Entstehen von Großplantagen zu verhindern.

Erst im Februar hatte der Bundestag das Gesetz zur teilweisen Cannabis-Legalisierung verabschiedet. Im Bundesrat zeigten sich anschließend mehrere Bundesländer skeptisch und drohten damit, den Vermittlungsausschuss anzurufen, was das Vorhaben deutlich verzögert hätte. Deshalb soll den Ländern nun ein größerer Handlungsspielraum eingeräumt werden, etwa bei der Überprüfung der Anbauvereine, die die Droge ab dem 1. Juli gemeinschaftlich anbauen und an Mitglieder abgeben dürfen. Über mögliche Änderungen am Gesetzentwurf wird nun in den zuständigen Ausschüssen des Bundestags beraten, ehe die Abgeordneten darüber abstimmen.

Für Autofahrer soll ähnlich der 0,5-Promille-Marke beim Alkohol auch bei Cannabis ein Grenzwert kommen. Bisher reicht schon der bloße Nachweis des Wirkstoffes für Geldbußen oder Punkte in Flensburg, etabliert hatte sich in der Rechtsprechung ein niedriger Wert von 1 Nanogramm Tetrahydrocannabinol (THC) je Milliliter Blut. Künftig soll die Grenze bei 3,5 Nanogramm liegen. Wer dann noch Auto fährt, riskiert laut der im Entwurf vorgesehenen Änderung des Bußgeldkatalogs in der Regel 500 Euro und einen Monat Fahrverbot. Die Bußgelder können aber auch noch höher ausfallen. Der Entwurf nennt einen Rahmen bis 3.000 Euro.

Ab dem Wert von 3,5 Nanogramm „ist nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeuges nicht fernliegend, aber deutlich unterhalb der Schwelle, ab welcher ein allgemeines Unfallrisiko beginnt“, heißt es. Der Grenzwert soll nicht für Menschen gelten, die Cannabis wegen einer Krankheit verschrieben bekommen und konsumieren.

Alkoholverbot für Cannabiskonsumenten beim Autofahren

Wie viele Züge an einem Joint zu einer THC-Konzentration in dieser Höhe führen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Im Entwurf wird davon ausgegangen, dass die Verkehrsbeeinträchtigung bei 3,5 Nanogramm bei Gelegenheitskonsumenten ungefähr der entspricht, die jemand mit 0,2 Promille Alkohol im Blut hat. Kontrolliert werden soll – soweit verfügbar, wie es heißt – mit Speicheltests.

Eingeführt werden soll auch ein Alkoholverbot für Cannabiskonsumenten. Wer am Joint zieht und dazu Bier trinkt, sollte das Auto lieber stehen lassen. Wird die 3,5-Nanogramm-Grenze erreicht und zusätzlich Alkohol nachgewiesen, drohen laut Entwurf in der Regel 1.000 Euro und ein Monat Fahrverbot, der Bußgeldrahmen reicht dann sogar bis 5.000 Euro. Dadurch solle der „besonderen Gefährdung durch Mischkonsum von Cannabis und Alkohol“ Rechnung getragen werden.

Die Leiterin der Unfallforschung der Versicherer, Kirstin Zeidler, begrüßte das Verbot, warnte aber davor, es nicht konsequent umzusetzen. „Wir finden: Wer gleichzeitig kifft und trinkt, darf nicht mehr Auto fahren.“ Laut Entwurf könnten Verkehrsteilnehmer aber mit bis zu 3,5 Nanogramm THC im Blut – also unter dem Grenzwert – weiterhin bis zu 0,5 Promille Alkohol haben und sich dennoch ans Steuer setzen, erläuterte Zeidler.

Neue Regeln für Cannabis-Vereine

Für Fahranfänger in der Probezeit und Führerscheinbesitzer unter 21 Jahre soll es den Gesetzesplänen zufolge wie schon bei Alkohol ein Cannabis-Verbot geben. Es droht neben dem Punkt in Flensburg in der Regel ein Bußgeld von 250 Euro.

Neben den verkehrsrechtlichen Anpassungen sollen die Regeln für die ab Sommer möglichen Cannabis-Vereine und weitere Details geändert werden. Ab dem 1. Juli darf die Droge laut Cannabis-Gesetz in speziellen Vereinen gemeinschaftlich angebaut und an Vereinsmitglieder abgegeben werden. Um der Sorge entgegenzutreten, dass plantagenartige Anbauflächen entstehen, sieht der Gesetzentwurf vor, dass Behörden Vereinen die Genehmigung verweigern dürfen, wenn deren Anbauflächen oder Gewächshäuser „in einem baulichen Verbund“ stehen oder dicht beieinander sind. Zudem werden die Vorgaben für die Behörden vor Ort etwas gelockert: Statt, wie aktuell noch vorgegeben, die Anbauvereine einmal jährlich zu kontrollieren, heißt es nun, dies solle „regelmäßig“ geschehen.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung wird dem Entwurf zufolge künftig außerdem Weiterbildungen für Suchtpräventionsberater anbieten und die Evaluation des Cannabis-Gesetzes wird ausgeweitet. So soll das umstrittene Gesetz von „unabhängigen Dritten“ nicht nur daraufhin untersucht werden, wie es sich auf den Kinder- und Jugendschutz und das Konsumverhalten von Kindern und Jugendlichen auswirkt, sondern auch daraufhin, ob die festgelegten Mengen für den privaten Cannabis-Besitz und die Weitergabemengen der Anbauvereine die richtige Größenordnung haben.