Tech-Branche: Platzt ohne Rest durch zwei teilbar welcher Traum vom Silicon Valley?

Wenn die Aussichten düster sind, kann man sich leicht von
kleinen Hoffnungsschimmern blenden lassen. Zum Beispiel von diesem hier: Rund
40 Prozent der Gründerinnen und Gründer im Land schätzen Deutschland als Start-up-Standort inzwischen attraktiver ein als die USA. Ein Anstieg um sechs
Prozentpunkte gegenüber 2024! Das zeigt die jährliche große Gründerumfrage des
Startup-Verbands. Dessen Vorsitzende Verena Pausder freut sich: Dass
Deutschland im Vergleich zu den USA so viel beliebter wird, sei vor wenigen
Jahren noch „undenkbar“ gewesen, Deutschland habe „Momentum“, das mache ihr
Mut. Und irgendwie möchte man sich von diesem Mut ja auch anstecken lassen:
Deutschland, endlich Gründerland – das wäre doch was.

Aber leider liefert der Deutsche Startup Monitor selbst genügend Anhaltspunkte dafür, dass es bis dahin noch ein weiter Weg ist.
Nur etwa acht von zehn befragten Gründern geben an, dass sie wieder gründen
würden – vor zwei Jahren waren es noch neun von zehn. Und, besonders
frappierend: Unter denjenigen, die das Wagnis einer Gründung noch einmal auf
sich nehmen würden, würde das knapp jeder Dritte lieber im Ausland tun. Vor
zwei Jahren sagte das nur jeder Sechste. Das klingt nicht mehr sehr ermutigend,
im Gegenteil.

Die Ursachen für die Skepsis sind so naheliegend, man
könnte damit bei jedem Wirtschaftskrisenbingo punkten. Was Gründerinnen und
Gründer im Ausland besser finden? Weniger Bürokratie, ein besserer Zugang zu
Kapital, niedrigere Steuern. Was sich die Befragten von der Bundesregierung mehrheitlich
wünschen? Weniger Bürokratie, einen besseren Zugang zu Kapital, niedrigere
Steuern.

Was Gründer von der Bundesregierung hingegen bekommen: ein Grußwort im Startup Monitor von Katherina Reiche. „Start-ups sind Funken in
einer manchmal trägen Welt – klein, unscheinbar, aber fähig, ein ganzes
Feuer zu entfachen“, schreibt die Bundeswirtschaftsministerin dort liebevoll
und gelobt, Bürokratie abzubauen und den Zugang zu Kapital zu verbessern (von
niedrigeren Steuern ist keine Rede).

Bundesregierung ist kein attraktiver Standortfaktor

Doch scheinen das der Bundesregierung bisher nicht viele
Gründer zuzutrauen: Unter den Befragten
des Startup Monitors geben nur etwa 22,9 Prozent an, CDU/CSU zu wählen – die
Grünen hingegen kommen als stärkste Kraft auf etwa 37,4 Prozent. Vor sieben
Jahren, als der Verband die Wahlpräferenzen erstmals abgefragt hat, war es noch
genau umgekehrt. Und auch die „wirtschaftspolitischen Initiativen“ bewerten die
Jungunternehmer etwas schlechter als vor einem Jahr, obwohl die Ampelkoalition damals
schon tief in der Krise steckte. Das alles klingt nicht danach, als wäre die aktuelle
Bundesregierung ein attraktiver Standortfaktor für Start-ups.

Und der Startup Monitor liest sich auch nicht so, als
schätze Katherina Reiche das richtig ein. So schreibt sie beispielsweise auch,
dass es ihr „besonders am Herzen“ liege, die Kooperation zwischen Start-ups und
etablierten Unternehmen „weiter zu intensivieren“. Das hört sich an, als sei
man da auf einem guten Weg. Die Umfrage deutet allerdings darauf hin, dass
beide Seiten sich immer weiter entfremden: Vor fünf Jahren gaben 72 Prozent der
befragten Jungunternehmer an, mit etablierten Firmen zusammenzuarbeiten –
aktuell sagen das nur noch 56 Prozent. Das hat Folgen: Wenn die gestandenen
Firmen nicht kooperieren, haben die jungen weniger Zugang zu Pilotprojekten,
Kunden und Partnern, warnt der Monitor. Dabei seien das genau jene Hebel, „die
sie für ihr Wachstum dringend brauchen“. Tja.

Unterm Strich deutet also eigentlich kaum etwas darauf hin,
dass sich die Bedingungen für Gründerinnen und Gründer in Deutschland
verbessert haben. Und dass das Land im Vergleich mit den USA aus ihrer Sicht attraktiver
geworden ist, spiegelt wohl vor allem die Risiken wider, für die Donald Trump mit
seiner aggressiven Handelspolitik, seinen Angriffen auf die Zentralbank und den
Rechtsstaat sowie seiner Abneigung gegenüber grünen Zukunftstechnologien gerade
sorgt. Und vielleicht auch die Tatsache, dass viele erfolgreiche amerikanische
Technologiegründer bei alldem mitspielen und nicht mehr so sehr als Vorbilder
taugen.

Womöglich platzt da also gerade wirklich der Traum vom
kalifornischen Silicon Valley, das für viele hiesige Gründer lange ein
Hoffnungsort war. Das alleine ist allerdings noch lange keine gute Nachricht
für den Start-up-Standort Deutschland.