Stromautobahnen: Wie sich mit Kabeln Hunderte Millionen Euro sparen lassen

Der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, hat am Dienstag das Vorhaben der künftigen Koalition von Union und SPD gelobt, neue Stromautobahnen möglichst als Freileitungen umzusetzen, statt sie unter der Erde zu verbuddeln. Seine Behörde habe bei diesem Thema „nie ein Hehl daraus gemacht, dass wir uns immer einer Kostensenkung, einer Kosteneffizienz verpflichtet gefühlt haben“, sagte Müller vor Journalisten. „Insofern habe ich mich über den Koalitionsvertrag gefreut.“

Die Bemerkung fiel während einer virtuellen Pressekonferenz, in der die Bundesnetzagentur bekanntgab, den letzten Abschnitt für die riesige Gleichstromleitung A-Nord von der Nordsee bis nach Nordrhein-Westfalen genehmigt zu haben. Wie die Bonner Behörde am Dienstag mitteilte, gab sie grünes Licht für den Abschnitt zwischen Wietmarschen und Nordhorn.

A-Nord ist ein Riesenprojekt – eine rund 300 Kilometer lange, geplante Erdkabeltrasse, die zukünftig zwei Gigawatt Windstrom befördern können soll. Nach Abschluss des Baus 2027 soll sie den Strom von Emden zu den industriellen Zentren Nordrhein-Westfalens transportieren. Rechnerisch wird A-Nord rund zwei Millionen Menschen versorgen können. Die Höchstspannungsleitung gehört zum Gebiet des Übertragungsnetzbetreibers Amprion . Vergangene Woche hatte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) den Bau des dortigen Abschnitts mit einem symbolischen Spatenstich gestartet.

Amprion: Bis zu 700 Millionen Euro im Jahr lassen sich einsparen

Die Leitung soll rund drei Milliarden Euro kosten. Wenn sie in Betrieb ist, soll sie den Erwartungen von Amprion-Chef Christoph Müller zufolge aber auch bis zu 700 Millionen Euro jährlich einsparen, weil weniger Kosten durch Netzeingriffe entstehen. Diese werden bislang recht häufig fällig, weil zum Beispiel Kraftwerksbetreiber entschädigt werden müssen, wenn die Netzbetreiber Anlagen an wind- und sonnenreichen Tagen abregeln müssen, um Netzengpässe zu vermeiden.

Am Ende von A-Nord, in Meerbusch bei Düsseldorf, bildet eine Konverterstation die Schnittstelle zu einer zweiten geplanten neuen Leitung namens Ultranet, die mit 340 Kilometern Länge A-Nord sogar noch übertreffen soll. Sie wird aber anders als A-Nord nicht im Boden verlegt, sondern überirdisch als Freileitung über schon existierende Masten geführt. Ultranet soll bis nach Baden-Württemberg reichen; neben Amprion ist auch der Übertragungsnetzbetreiber Transnet BW mit im Boot. Netzagenturchef Müller kündigte am Dienstag mit Blick auf Ultranet an, er gehe „von einer finalen Genehmigung in der zweiten Jahreshälfte 2025“ aus. Mit rund einer Milliarde Euro braucht es für Ultranet bloß ein Drittel der Investitionskosten, die für A-Nord anfallen.