Sternschnuppen: Was kosmische Strahlung via den Ursprung von Meteoriten verrät – WELT
Immer wieder stürzen mehr oder weniger große Meteoriten auf die Erde. Nun hat ein Forschungsteam herausgefunden, dass der Großteil dieser Brocken durch gigantische Zusammenstöße im All entstanden ist – und was das mit den heutigen Sternschnuppen zu tun hat.
Die meisten Meteoriten, die in der heutigen Zeit auf die Erde fallen, stammen von lediglich drei Kollisionen im Asteroidengürtel, die in – astronomisch gesehen – jüngster Vergangenheit stattgefunden haben. Zu diesem Schluss kommt ein internationales Forschungsteam nach Laboruntersuchungen und spektroskopischen Beobachtungen.
Die Wissenschaftler haben systematisch die Zusammensetzung von kleinen Himmelskörpern im Asteroidengürtel untersucht, der sich zwischen den Planetenbahnen von Mars und Jupiter befindet, und mit jener von Meteoriten verglichen. Dadurch konnten sie drei „Familien“ von Asteroiden als Ursprung identifizieren, wie sie im Fachblatt „Nature“ berichten.
Himmelskörper aus drei Familien
Generell sind Meteoriten nicht vollständig verglühte kosmische Brocken, die auf die Erde gelangen. Sie können etwa von Kometen, Asteroiden oder anderen Planeten abgesprengt worden sein. Leuchterscheinungen am Himmel werden dagegen Meteore oder Sternschnuppen genannt und können – abgesehen von den Meteoriten – auch von vollständig verglühenden Partikeln aus dem All stammen.
„Bislang konnte erst für sechs Prozent aller Meteoriten der Ursprung festgestellt werden“, schreiben Mira Broz von der Karls-Universität in Prag und Kollegen. Diese wenigen Meteoriten stammen vom Mond, vom Mars oder von dem Asteroiden Vesta. Die meisten Meteoriten haben ihren Ursprung im Asteroidengürtel, aber woher sie genau stammen, war bislang unklar.
Broz und Kollegen konzentrierten sich bei ihren Untersuchungen auf „gewöhnliche Chondriten“, weil diese über 90 Prozent der Meteoriten ausmachen. Ihren Namen haben Chondriten von kleinen Silikatkügelchen, den Chondren, die in ihr feinkörniges Gestein eingebettet sind. Die Forscher interessierten sich aber nicht für diese Einschlüsse, sondern dafür, wie lange die kleinen Gesteinsbrocken im Weltall unterwegs waren.
Denn während der Reise vom Ort ihrer Entstehung bis zur Erde waren die Gesteinsbrocken der kosmischen Strahlung ausgesetzt, einem ständigen Strom hochenergetischer Teilchen. Diese Teilchen können mit Atomkernen in den Meteoriten zusammenprallen und dort zu Veränderungen führen. Broz und seine Kollegen haben das im Gestein in geringen Mengen vorhandene Edelgas Argon untersucht, da es chemisch kaum reagiert und in mehreren Varianten, sogenannten Isotopen, vorkommt.
Aus der Häufigkeit der unterschiedlichen Isotope können die Forscher ermitteln, wie lange das Gestein der kosmischen Strahlung ausgesetzt war. Wie sich zeigte, gibt es bei gewöhnlichen Chondriten drei klar abgegrenzte Gruppen mit einem Alter von 5, 8, 7, 6 und 40 Millionen Jahren. Zu diesen Zeitpunkten müssen die Meteoriten, so folgern die Forscher, durch Zusammenstöße von Asteroiden entstanden sein. Das ist, astronomisch gesehen, sehr jung. Zum Vergleich: Das Sonnensystem ist rund 4,5 Milliarden Jahre alt.
Solche Zusammenstöße zertrümmern die ursprünglichen Himmelskörper und führen zur Bildung von Asteroiden-Familien mit ähnlicher chemischer Zusammensetzung. Um den Ursprung der gewöhnlichen Chondriten aufzuspüren, haben Broz und Kollegen daher systematisch die Zusammensetzung aller Asteroiden-Familien mithilfe spektroskopischer Beobachtungen untersucht.
Auf diese Weise konnte das Team die drei Familien identifizieren, aus denen die meisten heutigen Asteroiden stammen: Karin, Koronis und Massalia. „Etwa 70 Prozent aller heutigen Meteoriten stammen also von drei Zusammenstößen von Asteroiden, die größer als 30 Kilometer waren“, schließen die Wissenschaftler.
Die Massalia-Familie ist dabei noch aus einem anderen Grund interessant. Denn ihre Zusammensetzung stimmt auch mit Meteoriten überein, die mit 470 Millionen Jahren erheblich älter sind. Damals fielen, wie Untersuchungen zeigen, ungewöhnlich viele Meteoriten auf die Erde. Die Massalia-Familie sei also ursprünglich vor 470 Millionen Jahren durch eine Kollision entstanden, schreiben die Forscher. Vor 40 Millionen Jahren habe es dann in dieser Familie einen weiteren Zusammenstoß gegeben, der auch einen Teil der heutigen Sternschnuppen verursacht.
dpa/vem
Source: welt.de