Stahlstreit: Bundeswirtschaftsminister Habeck von Lage wohnhaft bei Thyssenkrupp beunruhigt

Nach der Eskalation bei Thyssenkrupp
im Streit um die Stahlsparte hat sich
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) besorgt gezeigt. „Die
Situation bei Thyssenkrupp hat sich auf allen
Seiten sehr unversöhnlich zugespitzt“, sagte Habeck Rheinischen Post. „Das ist kein guter Zustand.“

Konkret geht es um eine Aufsichtsratssitzung des Tochterunternehmens Thyssenkrupp
Steel, bei der die Spitzen des Aufsichtsrats ihren Rücktritt ankündigten. Auch
Stahl-Chef Bernhard Osburg und weitere Mitglieder des
Stahl-Vorstands legten ihre Posten nieder. Aufsichtsratschef Sigmar Gabriel verwies
auf
„Differenzen“ mit dem Chef des Gesamtkonzerns, Miguel López. Dieser
habe in den vergangenen Wochen eine „beispiellose Kampagne“ gegen
den Vorstand der Stahlsparte betrieben. Auch mit dem Konzern-Aufsichtsratschef,
Siegfried Russwurm, sei eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich, sagte Gabriel. 

Thyssenkrupp
treibt die Abspaltung der kriselnden Stahltochter voran. 20 Prozent
wurden bereits an die Firma EPCG des tschechischen Milliardärs Daniel
Kretinsky verkauft. Geplant ist, weitere 30 Prozent an EPCG abzutreten.
Streit gibt es vor allem über die weitere Finanzierung der Stahlsparte.
Arbeitnehmervertreter warnen außerdem seit Monaten vor einem möglichen
Stellenabbau.

IG Metall forderte Sondersitzung des Aufsichtsrats

Der
Konzernbetriebsrat von Thyssenkrupp fordert angesichts
der Krise beim größten deutschen Stahlkonzern ein Einschreiten
des Staates. „Die Politik auf Bundes- und Landesebene ist jetzt
gefordert und muss eingreifen“, sagte Betriebsratschef Tekin
Nasikkol. Keiner könne tatenlos zusehen, wie
die Transformation zu einer grünen Stahl-Produktion und
Fördergelder in Höhe von zwei Milliarden Euro gefährdet würden.
Die rund 27.000 Mitarbeiter von Thyssenkrupp Steel Europe
bangten um ihre Zukunft. Die IG Metall forderte eine Sondersitzung des
Konzernaufsichtsrats.

Habeck sagte
der Rheinischen Post weiter, alle Beteiligten „tragen große Verantwortung für die
Mitarbeitenden und die Standorte des Traditionsunternehmens und auch
für den Stahlstandort Deutschland insgesamt“. Voraussetzung sei ein
„vernünftiges und konstruktives Miteinander von Arbeitgeber- und
-nehmerseite“.

Staatshilfe für Umbau der Stahlsparte

Der Wirtschaftsminister forderte zudem, den mit rund zwei Milliarden Euro
subventionierten ökologischen Umbau der Stahlsparte fortzuführen. „Bund
und Land haben konkrete Unterstützung zur Sicherung des Stahlstandortes
Duisburg und Nordrhein-Westfalen geliefert“, sagte Habeck. „Die
Unternehmensseite muss aber eben auch ihren Teil beitragen, damit die
Transformation gelingt und eine zukunftsfähige Stahl-Produktion am
Wirtschaftsstandort Deutschland gesichert wird.“

Betriebsratschef Nasikkol warf Konzern-Chef Lopez vor, verantwortlich zu
sein „für die Risiken, die Ängste und für das angerichtete
Chaos.“ Er gefährde akut die Zukunft des größten deutschen
Stahlproduzenten. Dies geschehe mit ausdrücklicher Rückendeckung
aller Anteilseigner im Mutterkonzern, allen voran
Aufsichtsratschef Russwurm und der Chefin der
Krupp-Stiftung, Ursula Gather, der größten Einzelaktionärin. Russwurm wies diese Kritik zurück.