SPD: Linke SPD-Mitglieder fordern Konsequenzen aus Wahlniederlage

In den schwierigen Haushaltsverhandlungen der Ampelkoalition macht die SPD-Linke Druck. Die linke Parteigruppe
Forum Demokratische Linke (DL21) will ein Mitgliederbegehren einleiten mit dem Ziel eines Bundeshaushalts mit „sozialdemokratischer Handschrift“, hieß es in einer Mitteilung der Gruppe. Dabei sollen sich die SPD-Mitglieder zur Frage äußern, „ob die SPD
einem Kürzungshaushalt zustimmen soll“, sagte Jan Dieren, Co-Vorsitzender der Gruppe, dem Spiegel. „In Zeiten, in denen die Demokratie unter
Druck steht, die Preise steigen und viele sich ihr Leben kaum noch
leisten können, ist es falsch zu sparen. Im Gegenteil: Der Staat muss
massiv investieren“, sagte er.

Das
Forum hatte über Konsequenzen aus dem Desaster bei der Europawahl beraten. Die Sozialdemokraten hatten dort nur 13,9
Prozent erreicht – ihr bislang schlechtestes Ergebnis bei einer bundesweiten
Abstimmung. Anschließend hatten mehrere SPD-Politiker
die Erwartung geäußert, dass Scholz in der Ampekoalition offensiver
für Kernanliegen der Sozialdemokraten eintritt. Am Sonntag kamen
führende SPD-Politiker zu einer Sondersitzung des Parteipräsidiums zusammen, um über die Konsequenzen zu beraten.

Das linke Forum forderte nun, die SPD
müsse wieder glaubwürdiger für soziale Gerechtigkeit einstehen und
einen Kurswechsel in der Ampelkoalition einleiten. Ziel müsse es
sein, in Zukunftsbereiche wie Bildung zu investieren und Kürzungen in
sozialdemokratischen Kernbereichen zu verhindern.

Der Haushaltsplan von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP)
soll am 3. Juli stehen. Im Bundestag wird der Etat üblicherweise im Herbst beraten.  

Niedersachsens Ministerpräsident stützt Scholz

Unterdessen stellte sich der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil hinter den Bundeskanzler. Er sehe Olaf Scholz „unangefochten als
die Nummer eins“ der Partei, sagte Weil im ARD-Bericht aus
Berlin
. „Olaf Scholz hat wirklich das Vertrauen der
SPD, und ich sehe auch überhaupt keine
Alternative“, sagte Weil. Nach seinem Empfinden seien sich „alle relevanten Teile in der SPD“
einig, „dass wir mit Olaf Scholz in den nächsten Wahlkampf gehen
werden“. Er fügte hinzu: „Aber dann auf einer hoffentlich deutlich
besseren Grundlage, als es diesmal der Fall gewesen ist.“

Zugleich räumte Weil ein, die Zusammenarbeit in der
Ampelkoalition müsse sich ändern. Es werde überschätzt, „was ein Bundeskanzler in einer
solchen Situation, wo Koalitionspartner (…) nicht immer das notwendige
Maß an Konstruktivität zeigen, eigentlich tatsächlich tun kann“, sagte er. Die
drei Koalitionspartner stünden jetzt vor einer ganz schwierigen Aufgabe.
„Und wenn sie klug beraten sind, dann verständigen sie sich auf einen
gemeinsamen Kurs.“ 

Scholz selbst hatte die Koalition am Wochenende
in Interviews ermahnt, sich nach den schlechten Ergebnissen der
Ampelparteien bei der Europawahl zusammenzuraufen. In der ARD
antwortete er auf die Frage, ob er vor dem Hintergrund von
Kritik sicher sei, der nächste Kanzlerkandidat der SPD zu sein, knapp mit „Ja“.

Ein Mitgliederbegehren in der SPD
müssen im ersten Schritt mindestens ein Prozent der
Parteimitglieder aus zehn Unterbezirken aus drei Bundesländern unterstützen. Das wären weniger als 4.000 Menschen. Im zweiten Schritt
müssen binnen drei Monaten 20 Prozent der Mitglieder ein Begehren
unterstützen, damit es zustande kommt. Ende 2023 hatte die SPD 365.190 Mitglieder.