Schuldenbremse: Wissenschaftler fordern schnelle Einigung uff Verteidigungsausgaben

Angesichts des drohenden Scheiterns der geplanten Aufweichung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben haben sich 18 Politikwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler in einem offenen Brief an die Parteien gewandt, von deren Bundestagsfraktionen die entsprechende Änderung des Grundgesetzes abhängt. Mit Verweis auf die außenpolitische Lage fordern die Expertinnen und Experten Union, SPD, FDP und Grüne zur Einigung auf. Zu den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern gehören unter anderem die Sicherheitsexperten Claudia Major und Carlo Masala und die Politikwissenschaftler Herfried Münkler und Sabine Fischer.

„Wir stehen vor einer Systemumwälzung“, heißt es in dem Schreiben. Die bisherige Sicherheitsordnung sei sowohl durch Russland, als auch durch die USA unter Präsident Donald Trump bedroht: „Europa und die Ukraine sind Verhandlungsmasse, über deren Köpfe hinweg entschieden wird. Washington wendet sich von der liberalen Ordnung ab hin zur Autokratie„, schreiben die Experten. „Von einem Verbündeten und Schutzmacht werden die USA zu einem Sicherheitsrisiko für Europa.“ Russland wolle den Kontinent seinerseits „dominieren und politisch unterminieren“ – ein Vorhaben, zu dessen Abwehr die USA nicht mehr als Partner bereitstünden.

Frage der Finanzierung dulde „keinen Aufschub und keine Taktik“

„Daraus erwächst eine historische Verantwortung für die neue Bundesregierung und den Bundestag, und auch für zukünftige Regierungen und Parlamente“, heißt es in dem Brief weiter. Deutschland und Europa müssten daher ihre eigene Wehrhaftigkeit erhöhen. Das dürfe nicht an Finanzierungsfragen scheitern: „In dieser kritischen Phase deutscher und europäischer Sicherheit darf die Frage der Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und Europas kein Preisschild haben.“

Zwar sei die Freigabe von finanziellen Mitteln nicht allein ausschlaggebend. Auch gebe es etwa unterschiedliche Vorstellungen davon, „was genau unter Verteidigung zu verstehen ist“. Doch unabhängig davon dulde die Frage der Finanzierung von Sicherheit „keinen Aufschub und keine Taktik“. An die Union, SPD, FDP und Grünen gerichtet schreiben die Experten am Ende des Briefs in Großbuchstaben: „Einigt Euch!“

Noch keine Einigung zwischen Schwarz-Rot und Grünen

Die Union und die SPD wollen Verteidigungsausgaben, die den Wert von einem Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung überschreiten, von der Schuldenbremse ausnehmen. Diesen Schritt wollen sie an eine Aufnahme von 500 Milliarden Euro Schulden für die Infrastruktur koppeln. Für beide Vorhaben benötigen sie eine Zweidrittelmehrheit, die im alten Bundestag mit Stimmen der Grünen und womöglich der FDP erreicht werden soll. 

Beide Parteien zeigten sich aber skeptisch. So lehnen die Grünen die Infrastruktur-Schulden bislang ab. Sie fordern etwa, Investitionen in den Klimaschutz festzuschreiben. Auch fordern sie eine Garantie dessen, dass die neuen Schulden tatsächlich in zusätzliche Investitionen fließen – und nicht etwa zu Verschiebungen im Haushalt führen, durch die bestimmte Subventionen erhöht werden, in der Summe aber nicht mehr investiert wird.

Da der alte Bundestag nur zusammentreten kann, bis das neue Parlament am 25. März erstmals zusammentrifft, müssten sich die beteiligten Parteien schnell auf das Paket einigen, um die Zweidrittelmehrheit nutzen zu können – die im neuen Bundestag nicht mehr gegeben ist. Am Mittag findet dazu eine Sondersitzung des Bundestages statt, am kommenden Dienstag soll es in einer weiteren Sondersitzung zur Abstimmung kommen.

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