Russischer Spion: Hintermann in der BND-Spionageaffäre festgenommen
Deutschen Sicherheitsbehörden ist offenbar ein Durchbruch in den Ermittlungen zu mutmaßlicher russischer Spionage gelungen. Wie der Generalbundesanwalt in Karlsruhe mitteilte, wurde in dem Zusammenhang ein weiterer Verdächtiger festgenommen. Der Mann wird verdächtigt, die von dem BND-Mitarbeiter Carsten L. ausspionierten geheimen Informationen nach Russland gebracht und dort einem Geheimdienst übergeben zu haben.
Arthur E., ein deutscher Staatsbürger mit russischen Wurzeln, wurde nach Informationen von ZEIT ONLINE und dem ARD-Magazin Kontraste bei seiner Einreise aus den USA am Flughafen München festgesetzt. Dem Vernehmen nach hat er umfassend ausgesagt.
Arthur E. hat möglicherweise Carsten L. im Sommer vergangenen Jahres davon überzeugt, hochsensible Informationen aus dem Innenleben des Bundesnachrichtendienstes (BND) zu liefern. Im Gegenzug sollen die Russen Carsten L. eine hohe Geldsumme versprochen haben. Offenbar flog der Verrat in einer frühen Phase auf, L. soll nur wenige Monate lang für die Russen gearbeitet haben. Der Fall gilt als die spektakulärste Spionageaffäre seit Jahrzehnten und hat im Kanzleramt große Unruhe ausgelöst.
Der Generalbundesanwalt hatte Carsten L., 52, am 21. Dezember wegen des Verdachts des Landesverrats festnehmen lassen. Er soll einem bislang nicht näher benannten russischen Nachrichtendienst Interna aus dem BND verraten haben. Auf die Spur des mutmaßlichen Spions waren die Ermittler durch einen Tipp eines ausländischen Nachrichtendienstes gestoßen. Dessen Mitarbeiter hatten den Deutschen Hinweise auf BND-Dokumente gegeben, die sich offenbar in den Händen der Russen befanden. Durch einen Abgleich, wer innerhalb des BND Zugang zu den fraglichen Dokumenten hatte, konnten die deutschen Ermittler schnell den Kreis der Verdächtigen auf Carsten L. und eine weitere BND-Mitarbeiterin verengen. Zunächst galt die Frau als Hauptverdächtige, sie gilt aber mittlerweile als entlastet. Carsten L. sitzt derzeit in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim. Sein Anwalt wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern. Auch die Bundesanwaltschaft lehnte eine Stellungnahme ab.
Nach Informationen von ZEIT und Kontraste hat L. zeitweilig die Alternative für Deutschland (AfD) unterstützt. So spendete er im Dezember 2015 auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise sowie ein Jahr später im Dezember 2016 der Partei jeweils 100 Euro. Die zweite Spende soll L. ausdrücklich für den anstehenden Bundestagswahlkampf angedacht haben. In privaten Gesprächen soll er nicht nur wiederholt abfällig über seinen Arbeitgeber, den BND, gesprochen, sondern auch fundamentale Kritik an der deutschen Regierung geäußert haben. Der Vater von zwei Kindern hatte jahrelang in der Abteilung Technische Aufklärung gearbeitet, die unter anderem für Abhöroperationen zuständig ist. Mitte vergangenen Jahres war er aus Bayern nach Berlin gewechselt und hatte ausgerechnet die Leitung des Referats Personelle Sicherheit übernommen, das für die interne Überprüfung von BND-Mitarbeitern zuständig ist. Zugleich hatte er interimsweise weiterhin in führender Funktion für die Technische Aufklärung gearbeitet. Dort soll er auch jene Dokumente entwendet und an die Russen weitergegeben haben, die im Dezember zu seiner Festnahme führten.
Seit Bekanntwerden des Spionagefalls steht der BND unter großem Druck. Der Verrat schürt nicht nur das Misstrauen bei befreundeten Nachrichtendiensten. Die Ermittlungen offenbarten auch interne Pannen. So hatte L. erst jüngst eine aufwendige, behördeninterne Sicherheitsüberprüfung durchlaufen, die sich mit rund vier Jahren nicht nur außergewöhnlich lange hinzog – sie förderte trotz der intensiven Durchleuchtung auch keine grundlegenden Bedenken an der Zuverlässigkeit des Agenten zutage.