Rücktritt des Grünen-Parteivorstands: Habeck lobt „Dienst an der Partei“ – Konservative sieht „Zerbröseln“ jener Ampel
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat den angekündigten Rücktritt des Grünen-Parteivorstands als „großen Dienst an der Partei“ bezeichnet. Der Vizekanzler
sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Dieser Schritt zeugt von großer
Stärke und Weitsicht. Ricarda Lang und Omid Nouripour beweisen, was für
sie der Parteivorsitz bedeutet: Verantwortung. Sie machen den Weg frei
für einen kraftvollen Neuanfang. Das ist nicht selbstverständlich, es
ist ein großer Dienst an der Partei.“
An diesem Vormittag hatte die Grünen-Spitze nach den Misserfolgen der Partei bei mehreren Wahlen
personelle Konsequenzen gezogen: Die Co-Vorsitzenden Lang und Nouripour gaben
in Berlin den Rücktritt des gesamten Parteivorstandes im November
bekannt.
Habeck
sagte dazu: „Hinter uns liegen harte Monate, die Grünen standen voll
im Gegenwind.“ Die Niederlagen bei den letzten Wahlen seien unstrittig
vom Bundestrend beeinflusst. „Wir tragen hier alle Verantwortung, auch
ich. Und auch ich will mich ihr stellen.“
So wollen die Grünen im
Herbst entscheiden, ob sie bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr
einen Kanzlerkandidaten ins Rennen schicken oder nur mit einem
Spitzenkandidaten antreten. Voraussichtlich fällt die Entscheidung vor
dem Bundesparteitag, der Mitte November in Wiesbaden stattfindet.
Nachdem Außenministerin Annalena Baerbock gesagt hatte, dass sie diesmal
nicht an der Spitze stehen will, läuft alles auf Habeck hinaus.
„Ich
möchte auf dem Parteitag eine offene Debatte zu einer möglichen
Kandidatur und ein ehrliches Votum in geheimer Wahl“, sagte Habeck.
Der Parteitag im November werde jetzt der Ort werden, „wo sich die
Grünen neu sortieren und neu aufstellen werden, um dann mit neuer Kraft
die Aufholjagd zur Bundestagswahl zu beginnen“.
„Problem sind die Grünen in der Bundesregierung“
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, spricht im Fall der Grünen-Rücktritte unterdessen von einem Anzeichen für einen Zerfall der Ampelkoalition. „Die Fliehkräfte in der Ampel nehmen weiter zu“, sagte Frei. „Mit dem Rücktritt des gesamten Parteivorstands der Grünen zerbröselt die Koalition vor laufenden Kameras.“
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt wertete den Rücktritt als
Menetekel für die gesamte Ampelkoalition. Problem seien „nicht die
Grünen an der Parteispitze, das Problem sind die Grünen in der
Bundesregierung“, sagte er. „Die Ampel implodiert. Die
rot-grün-gelben Dominosteine sind am Fallen.“
Auch AfD-Chefin Alice Weidel sah den Rücktritt als „Anfang vom
Ende der Ampel“. Kanzler Scholz müsse nun „die Vertrauensfrage
stellen“. Deutschland brauche Neuwahlen.
„Diese Partnerschaft war sehr angenehm“
Die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil wiederum dankten Lang und Nouripour für die Zusammenarbeit.
In einem gemeinsamen Statement erklärten sie, man habe stets verlässlich und vertrauensvoll kommuniziert. „Trotz mancher
inhaltlicher Unterschiede war diese Partnerschaft sehr angenehm,
weil sie auch menschlich belastbar war“, hieß es. Deshalb danke
man Omid Nouripour und Ricarda Lang „von Herzen“. Zu möglichen Auswirkungen auf
die Koalition äußerten sie sich nicht.
FDP-Chef Christian Lindner würdigte die Entscheidung der Grünen Parteispitze auf X. „Respekt an Ricarda Lang und Omid Nouripour“, schrieb er dort. Die Zusammenarbeit sei immer fair gewesen. „Wir sind gespannt, ob unter neuer Führung ein neuer Kurs entsteht und welche Auswirkungen er auf die Regierung hat“ schrieb Lindner weiter. Er betonte die Notwendigkeit, schnell zur Arbeit zurückzukehren, das Land habe keine Zeit zu verlieren.